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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

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Knechtschafft der Herr das Wesen; also das selbst-
standige für sich seyende Bewusstseyn
ist ihr die Wahr-
heit
, die jedoch für sie noch nicht an ihr ist. Al-
lein sie hat diese Wahrheit der reinen Negativität
und des Fürsichseyns in der That an ihr selbst; denn
sie hat dieses Wesen an ihr erfahren. Diss Bewusst-
seyn hat nemlich nicht um dieses oder jenes, noch
für diesen oder jenen Augenblick Angst gehabt, son-
dern um sein ganzes Wesen; denn es hat die Furcht
des Todes, des absoluten Herrn, empfunden. Es ist
darin innerlich aufgelöst worden, hat durchaus in
sich selbst erzittert, und alles fixe hat in ihm ge-
bebt. Diese reine allgemeine Bewegung, das abso-
lute flüssigwerden alles Bestehens ist aber das ein-
fache Wesen des Selbstbewusstseyns, die absolute
Negativität, das reine Fürsichseyn, das hiemit an die-
sem Bewusstseyn ist. Diss Moment des reinen Für-
sichseyn ist auch für es, denn im Herrn ist es ihm
sein Gegenstand. Es ist ferner nicht nur diese all-
gemeine Auflösung überhaupt, sondern im Dienen
vollbringt es sie wirklich; es hebt darin in allen ein-
zelnen
Momenten seine Anhänglichkeit an natürliches
Daseyn auf, und arbeitet dasselbe hinweg.

Das Gefuhl der absoluten Macht aber überhaupt,
und im einzelnen des Dienstes ist nur die Auflösung
an sich, und ob zwar die Furcht des Herrn der An-
fang der Wei heit ist, so ist das Bewusstseyn darin
für es selbst, nicht das fürsichseyn. Durch die Ar-
beit kömmt es aber zu sich selbst. In dem Momente,

Knechtschafft der Herr das Wesen; also das selbst-
standige für sich seyende Bewuſstseyn
ist ihr die Wahr-
heit
, die jedoch für sie noch nicht an ihr ist. Al-
lein sie hat diese Wahrheit der reinen Negativität
und des Fürsichseyns in der That an ihr selbst; denn
sie hat dieses Wesen an ihr erfahren. Diſs Bewuſst-
seyn hat nemlich nicht um dieses oder jenes, noch
für diesen oder jenen Augenblick Angst gehabt, son-
dern um sein ganzes Wesen; denn es hat die Furcht
des Todes, des absoluten Herrn, empfunden. Es ist
darin innerlich aufgelöst worden, hat durchaus in
sich selbst erzittert, und alles fixe hat in ihm ge-
bebt. Diese reine allgemeine Bewegung, das abso-
lute flüssigwerden alles Bestehens ist aber das ein-
fache Wesen des Selbstbewuſstseyns, die absolute
Negativität, das reine Fürsichseyn, das hiemit an die-
sem Bewuſstseyn ist. Diſs Moment des reinen Für-
sichseyn ist auch für es, denn im Herrn ist es ihm
sein Gegenstand. Es ist ferner nicht nur diese all-
gemeine Auflösung überhaupt, sondern im Dienen
vollbringt es sie wirklich; es hebt darin in allen ein-
zelnen
Momenten seine Anhänglichkeit an natürliches
Daseyn auf, und arbeitet dasselbe hinweg.

Das Gefuhl der absoluten Macht aber überhaupt,
und im einzelnen des Dienstes ist nur die Auflösung
an sich, und ob zwar die Furcht des Herrn der An-
fang der Wei heit ist, so ist das Bewuſstseyn darin
für es selbst, nicht das fürsichseyn. Durch die Ar-
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[125/0234] Knechtschafft der Herr das Wesen; also das selbst- standige für sich seyende Bewuſstseyn ist ihr die Wahr- heit, die jedoch für sie noch nicht an ihr ist. Al- lein sie hat diese Wahrheit der reinen Negativität und des Fürsichseyns in der That an ihr selbst; denn sie hat dieses Wesen an ihr erfahren. Diſs Bewuſst- seyn hat nemlich nicht um dieses oder jenes, noch für diesen oder jenen Augenblick Angst gehabt, son- dern um sein ganzes Wesen; denn es hat die Furcht des Todes, des absoluten Herrn, empfunden. Es ist darin innerlich aufgelöst worden, hat durchaus in sich selbst erzittert, und alles fixe hat in ihm ge- bebt. Diese reine allgemeine Bewegung, das abso- lute flüssigwerden alles Bestehens ist aber das ein- fache Wesen des Selbstbewuſstseyns, die absolute Negativität, das reine Fürsichseyn, das hiemit an die- sem Bewuſstseyn ist. Diſs Moment des reinen Für- sichseyn ist auch für es, denn im Herrn ist es ihm sein Gegenstand. Es ist ferner nicht nur diese all- gemeine Auflösung überhaupt, sondern im Dienen vollbringt es sie wirklich; es hebt darin in allen ein- zelnen Momenten seine Anhänglichkeit an natürliches Daseyn auf, und arbeitet dasselbe hinweg. Das Gefuhl der absoluten Macht aber überhaupt, und im einzelnen des Dienstes ist nur die Auflösung an sich, und ob zwar die Furcht des Herrn der An- fang der Wei heit ist, so ist das Bewuſstseyn darin für es selbst, nicht das fürsichseyn. Durch die Ar- beit kömmt es aber zu sich selbst. In dem Momente,

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/234>, abgerufen am 05.05.2024.