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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

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individuelle Dinge, deren jedes seines absolutgleichen
nicht mehr hat, bestimmt werden können; diss Da-
seyn habe absolute Gewissheit und Wahrheit. Sie
meynen dieses Stück Papier, worauf ich diss schrei-
be, oder vielmehr geschrieben habe; aber was sie
meynen, sagen sie nicht. Wenn sie wirklich die-
ses Stück Papier, das sie meynen, sagen wollten,
und sie wollten sagen, so ist diss unmöglich, weil
das sinnliche Diese, das gemeynt wird, der Sprache,
die dem Bewusstseyn, dem an sich allgemeinen, an-
gehört, unerreichbar ist. Unter dem wirklichen Ver-
suche, es zu sagen, würde es daher vermodern; die
seine Beschreibung angefangen, könnten sie nicht
vollenden, sondern müssten sie andern überlassen,
welche von einem Dinge zu sprechen, das nicht ist,
zuletzt selbst eingestehen würden. Sie meynen also
wohl dieses Stück Papier, das hier ein ganz anderes
als das obige ist; aber sie sprechen wirkliche Dinge,
äussere
oder sinnliche Gegenstande, absolut einzelne We-
sen, und so fort, das heisst, sie sagen von ihnen nur
das allgemeine; daher, was das Unaussprechliche ge-
nannt wird, nichts anderes ist, als das Unwahre,
Unvernünftige, bloss Gemeynte. -- Wird von et-
was weiter nichts gesagt, als dass es ein wirkliches
Ding
, ein äusserer Gegenstand ist, so ist es nur als
das allerallgemeinste, und damit vielmehr seine
Gleichheit mit allem, als die Unterschiedenheit ausge-
sprochen. Sage ich ein einzelnes Ding, so sage ich
es vielmehr ebenso als ganz allgemeines, denn Alle

individuelle Dinge, deren jedes seines absolutgleichen
nicht mehr hat, bestimmt werden können; diſs Da-
seyn habe absolute Gewiſsheit und Wahrheit. Sie
meynen dieses Stück Papier, worauf ich diſs schrei-
be, oder vielmehr geschrieben habe; aber was sie
meynen, sagen sie nicht. Wenn sie wirklich die-
ses Stück Papier, das sie meynen, sagen wollten,
und sie wollten sagen, so ist diſs unmöglich, weil
das sinnliche Diese, das gemeynt wird, der Sprache,
die dem Bewuſstseyn, dem an sich allgemeinen, an-
gehört, unerreichbar ist. Unter dem wirklichen Ver-
suche, es zu sagen, würde es daher vermodern; die
seine Beschreibung angefangen, könnten sie nicht
vollenden, sondern müſsten sie andern überlassen,
welche von einem Dinge zu sprechen, das nicht ist,
zuletzt selbst eingestehen würden. Sie meynen also
wohl dieses Stück Papier, das hier ein ganz anderes
als das obige ist; aber sie sprechen wirkliche Dinge,
äuſsere
oder sinnliche Gegenstande, absolut einzelne We-
sen, und so fort, das heiſst, sie sagen von ihnen nur
das allgemeine; daher, was das Unaussprechliche ge-
nannt wird, nichts anderes ist, als das Unwahre,
Unvernünftige, bloſs Gemeynte. — Wird von et-
was weiter nichts geſagt, als daſs es ein wirkliches
Ding
, ein äuſserer Gegenstand ist, so ist es nur als
das allerallgemeinste, und damit vielmehr seine
Gleichheit mit allem, als die Unterschiedenheit ausge-
sprochen. Sage ich ein einzelnes Ding, so sage ich
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[36/0145] individuelle Dinge, deren jedes seines absolutgleichen nicht mehr hat, bestimmt werden können; diſs Da- seyn habe absolute Gewiſsheit und Wahrheit. Sie meynen dieses Stück Papier, worauf ich diſs schrei- be, oder vielmehr geschrieben habe; aber was sie meynen, sagen sie nicht. Wenn sie wirklich die- ses Stück Papier, das sie meynen, sagen wollten, und sie wollten sagen, so ist diſs unmöglich, weil das sinnliche Diese, das gemeynt wird, der Sprache, die dem Bewuſstseyn, dem an sich allgemeinen, an- gehört, unerreichbar ist. Unter dem wirklichen Ver- suche, es zu sagen, würde es daher vermodern; die seine Beschreibung angefangen, könnten sie nicht vollenden, sondern müſsten sie andern überlassen, welche von einem Dinge zu sprechen, das nicht ist, zuletzt selbst eingestehen würden. Sie meynen also wohl dieses Stück Papier, das hier ein ganz anderes als das obige ist; aber sie sprechen wirkliche Dinge, äuſsere oder sinnliche Gegenstande, absolut einzelne We- sen, und so fort, das heiſst, sie sagen von ihnen nur das allgemeine; daher, was das Unaussprechliche ge- nannt wird, nichts anderes ist, als das Unwahre, Unvernünftige, bloſs Gemeynte. — Wird von et- was weiter nichts geſagt, als daſs es ein wirkliches Ding, ein äuſserer Gegenstand ist, so ist es nur als das allerallgemeinste, und damit vielmehr seine Gleichheit mit allem, als die Unterschiedenheit ausge- sprochen. Sage ich ein einzelnes Ding, so sage ich es vielmehr ebenso als ganz allgemeines, denn Alle

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/145>, abgerufen am 28.04.2024.