Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

liches, und der Gegenstand und Ich sind allgemeine,
in welchen dasjenige Itzt und Hier und Ich, das ich
meyne, nicht bestehen bleibt, oder ist. Wir kom-
men hiedurch dahin, das Ganze der sinnlichen Ge-
wissheit selbst als ihr Wesen zu setzen, nicht mehr
nur ein Moment derselben, wie in den beyden Fäl-
len geschehen ist, worin zuerst der dem Ich entge-
gengesetzte Gegenstand, dann Ich ihre Realität seyn
sollte. Es ist also nur die ganze sinnliche Gewiss-
heit selbst, welche an ihr als Unmittelbarkeit festhält,
und hiedurch alle Entgegensetzung, die im vorheri-
gen statt fand, aus sich ausschliesst.

Diese reine Unmittelbarkeit geht also das An-
dersseyn des Hier, als Baums, welches in ein Hier,
das Nichtbaum ist, das Andersseyn des Itzt, als Ta-
ges, das in ein Itzt, das Nacht ist, übergeht, oder
ein anderes Ich, dem etwas anderes Gegenstand ist,
nichts mehr an. Ihre Wahrheit erhält sich als sich
selbst gleichbleibende Beziehung, die zwischen dem
Ich, und dem Gegenstande keinen Unterschied der
Wesentlichkeit und Unwesentlichkeit macht, und
in die daher auch überhaupt kein Unterschied ein-
dringen kann. Ich dieses behaupte also, das Hier
als Baum, und wende mich nicht um, so dass mir
das Hier zu einem Nichtbaume würde; ich neh-
me auch keine Notiz davon, dass ein anderer Ich
das Hier, als Nichtbaum sieht, oder dass Ich selbst,
ein anderesmal, das Hier als Nichtbaum, das Itzt
als Nicht-Tag nehme, sondern Ich bin reines An-

liches, und der Gegenstand und Ich sind allgemeine,
in welchen dasjenige Itzt und Hier und Ich, das ich
meyne, nicht bestehen bleibt, oder ist. Wir kom-
men hiedurch dahin, das Ganze der sinnlichen Ge-
wiſsheit selbst als ihr Wesen zu setzen, nicht mehr
nur ein Moment derselben, wie in den beyden Fäl-
len geschehen ist, worin zuerst der dem Ich entge-
gengesetzte Gegenstand, dann Ich ihre Realität seyn
sollte. Es ist also nur die ganze sinnliche Gewiſs-
heit selbst, welche an ihr als Unmittelbarkeit festhält,
und hiedurch alle Entgegensetzung, die im vorheri-
gen statt fand, aus sich ausschlieſst.

Diese reine Unmittelbarkeit geht also das An-
dersseyn des Hier, als Baums, welches in ein Hier,
das Nichtbaum ist, das Andersseyn des Itzt, als Ta-
ges, das in ein Itzt, das Nacht ist, übergeht, oder
ein anderes Ich, dem etwas anderes Gegenstand ist,
nichts mehr an. Ihre Wahrheit erhält sich als sich
selbst gleichbleibende Beziehung, die zwischen dem
Ich, und dem Gegenstande keinen Unterschied der
Wesentlichkeit und Unwesentlichkeit macht, und
in die daher auch überhaupt kein Unterschied ein-
dringen kann. Ich dieses behaupte also, das Hier
als Baum, und wende mich nicht um, so daſs mir
das Hier zu einem Nichtbaume würde; ich neh-
me auch keine Notiz davon, daſs ein anderer Ich
das Hier, als Nichtbaum sieht, oder daſs Ich selbst,
ein anderesmal, das Hier als Nichtbaum, das Itzt
als Nicht-Tag nehme, sondern Ich bin reines An-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0139" n="30"/>
liches, und der Gegenstand und Ich sind allgemeine,<lb/>
in welchen dasjenige Itzt und Hier und Ich, das ich<lb/>
meyne, nicht bestehen bleibt, oder <hi rendition="#i">ist</hi>. Wir kom-<lb/>
men hiedurch dahin, das <hi rendition="#i">Ganze</hi> der sinnlichen Ge-<lb/>
wi&#x017F;sheit selbst als ihr <hi rendition="#i">Wesen</hi> zu setzen, nicht mehr<lb/>
nur ein Moment derselben, wie in den beyden Fäl-<lb/>
len geschehen ist, worin zuerst der dem Ich entge-<lb/>
gengesetzte Gegenstand, dann Ich ihre Realität seyn<lb/>
sollte. Es ist also nur die <hi rendition="#i">ganze</hi> sinnliche Gewi&#x017F;s-<lb/>
heit selbst, welche an ihr als <hi rendition="#i">Unmittelbarkeit</hi> festhält,<lb/>
und hiedurch alle Entgegensetzung, die im vorheri-<lb/>
gen statt fand, aus sich ausschlie&#x017F;st.</p><lb/>
          <p>Diese reine Unmittelbarkeit geht also das An-<lb/>
dersseyn des Hier, als Baums, welches in ein Hier,<lb/>
das Nichtbaum ist, das Andersseyn des Itzt, als Ta-<lb/>
ges, das in ein Itzt, das Nacht ist, übergeht, oder<lb/>
ein anderes Ich, dem etwas anderes Gegenstand ist,<lb/>
nichts mehr an. Ihre Wahrheit erhält sich als sich<lb/>
selbst gleichbleibende Beziehung, die zwischen dem<lb/>
Ich, und dem Gegenstande keinen Unterschied der<lb/>
Wesentlichkeit und Unwesentlichkeit macht, und<lb/>
in die daher auch überhaupt kein Unterschied ein-<lb/>
dringen kann. Ich dieses behaupte also, das Hier<lb/>
als Baum, und wende mich nicht um, so da&#x017F;s mir<lb/>
das Hier zu einem Nichtbaume würde; ich neh-<lb/>
me auch keine Notiz davon, da&#x017F;s ein anderer Ich<lb/>
das Hier, als Nichtbaum sieht, oder da&#x017F;s Ich selbst,<lb/>
ein anderesmal, das Hier als Nichtbaum, das Itzt<lb/>
als Nicht-Tag nehme, sondern Ich bin reines An-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0139] liches, und der Gegenstand und Ich sind allgemeine, in welchen dasjenige Itzt und Hier und Ich, das ich meyne, nicht bestehen bleibt, oder ist. Wir kom- men hiedurch dahin, das Ganze der sinnlichen Ge- wiſsheit selbst als ihr Wesen zu setzen, nicht mehr nur ein Moment derselben, wie in den beyden Fäl- len geschehen ist, worin zuerst der dem Ich entge- gengesetzte Gegenstand, dann Ich ihre Realität seyn sollte. Es ist also nur die ganze sinnliche Gewiſs- heit selbst, welche an ihr als Unmittelbarkeit festhält, und hiedurch alle Entgegensetzung, die im vorheri- gen statt fand, aus sich ausschlieſst. Diese reine Unmittelbarkeit geht also das An- dersseyn des Hier, als Baums, welches in ein Hier, das Nichtbaum ist, das Andersseyn des Itzt, als Ta- ges, das in ein Itzt, das Nacht ist, übergeht, oder ein anderes Ich, dem etwas anderes Gegenstand ist, nichts mehr an. Ihre Wahrheit erhält sich als sich selbst gleichbleibende Beziehung, die zwischen dem Ich, und dem Gegenstande keinen Unterschied der Wesentlichkeit und Unwesentlichkeit macht, und in die daher auch überhaupt kein Unterschied ein- dringen kann. Ich dieses behaupte also, das Hier als Baum, und wende mich nicht um, so daſs mir das Hier zu einem Nichtbaume würde; ich neh- me auch keine Notiz davon, daſs ein anderer Ich das Hier, als Nichtbaum sieht, oder daſs Ich selbst, ein anderesmal, das Hier als Nichtbaum, das Itzt als Nicht-Tag nehme, sondern Ich bin reines An-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/139
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/139>, abgerufen am 28.04.2024.