Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Abschnitt. Idee.
ganze Form der Methode eine Triplicität ist, ist zwar
ganz nur die oberflächliche, äusserliche Seite der Weise
des Erkennens; aber auch nur diese, und zwar in be-
stimmterer Anwendung aufgezeigt zu haben, denn die
abstracte Zahlform selbst ist bekanntlich schon früh, aber
ohne Begriff, und daher ohne Folge aufgestellt wor-
den, -- gleichfalls als ein unendliches Verdienst der
Kantischen Philosophie anzusehen. Der Schluß, auch
das Dreifache, ist als die allgemeine Form der Vernunft
immer erkannt worden, theils aber galt er überhaupt
als eine ganz äusserliche, die Natur des Inhalts nicht
bestimmende Form, theils da er im formellen Sinne
bloß in der verständigen Bestimmung der Identität
sich verläuft, fehlt ihm das wesentliche, dialektische
Moment, die Negativität; dieses tritt aber in der
Triplicität der Bestimmungen ein, weil das Dritte die
Einheit der zwey ersten Bestimmungen ist, diese aber,
da sie verschiedene sind, in Einheit nur als aufge-
hobene
seyn können. -- Der Formalismus hat sich
zwar der Triplicität gleichfalls bemächtigt, und sich an
das leere Schema derselben gehalten; der seichte Un-
fug und das Kahle des modernen philosophischen soge-
nannten Construirens, das in nichts besteht, als
jenes formelle Schema, ohne Begriff und immanente
Bestimmung überall anzuhängen, und zu einem äusserli-
chen Ordnen zu gebrauchen, hat jene Form langweilig
und übel berüchtigt gemacht. Durch die Schaalheit die-
ses Gebrauchs aber kann sie an ihrem innern Werthe
nicht verlieren, und es ist immer hoch zu schätzen, daß
zunächst auch nur die unbegriffene Gestalt des Vernünf-
tigen aufgefunden worden.

Näher ist nun das Dritte das Unmittelbare aber
durch Aufhebung der Vermittlung, das Ein-
fache durch Aufheben des Unterschiedes, das

Po-

III. Abſchnitt. Idee.
ganze Form der Methode eine Triplicitaͤt iſt, iſt zwar
ganz nur die oberflaͤchliche, aͤuſſerliche Seite der Weiſe
des Erkennens; aber auch nur dieſe, und zwar in be-
ſtimmterer Anwendung aufgezeigt zu haben, denn die
abſtracte Zahlform ſelbſt iſt bekanntlich ſchon fruͤh, aber
ohne Begriff, und daher ohne Folge aufgeſtellt wor-
den, — gleichfalls als ein unendliches Verdienſt der
Kantiſchen Philoſophie anzuſehen. Der Schluß, auch
das Dreifache, iſt als die allgemeine Form der Vernunft
immer erkannt worden, theils aber galt er uͤberhaupt
als eine ganz aͤuſſerliche, die Natur des Inhalts nicht
beſtimmende Form, theils da er im formellen Sinne
bloß in der verſtaͤndigen Beſtimmung der Identitaͤt
ſich verlaͤuft, fehlt ihm das weſentliche, dialektiſche
Moment, die Negativitaͤt; dieſes tritt aber in der
Triplicitaͤt der Beſtimmungen ein, weil das Dritte die
Einheit der zwey erſten Beſtimmungen iſt, dieſe aber,
da ſie verſchiedene ſind, in Einheit nur als aufge-
hobene
ſeyn koͤnnen. — Der Formalismus hat ſich
zwar der Triplicitaͤt gleichfalls bemaͤchtigt, und ſich an
das leere Schema derſelben gehalten; der ſeichte Un-
fug und das Kahle des modernen philoſophiſchen ſoge-
nannten Conſtruirens, das in nichts beſteht, als
jenes formelle Schema, ohne Begriff und immanente
Beſtimmung uͤberall anzuhaͤngen, und zu einem aͤuſſerli-
chen Ordnen zu gebrauchen, hat jene Form langweilig
und uͤbel beruͤchtigt gemacht. Durch die Schaalheit die-
ſes Gebrauchs aber kann ſie an ihrem innern Werthe
nicht verlieren, und es iſt immer hoch zu ſchaͤtzen, daß
zunaͤchſt auch nur die unbegriffene Geſtalt des Vernuͤnf-
tigen aufgefunden worden.

Naͤher iſt nun das Dritte das Unmittelbare aber
durch Aufhebung der Vermittlung, das Ein-
fache durch Aufheben des Unterſchiedes, das

Po-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0408" n="390"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#g">Ab&#x017F;chnitt. Idee</hi>.</fw><lb/>
ganze Form der Methode eine <hi rendition="#g">Triplicita&#x0364;t</hi> i&#x017F;t, i&#x017F;t zwar<lb/>
ganz nur die oberfla&#x0364;chliche, a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erliche Seite der Wei&#x017F;e<lb/>
des Erkennens; aber auch nur die&#x017F;e, und zwar in be-<lb/>
&#x017F;timmterer Anwendung aufgezeigt zu haben, denn die<lb/>
ab&#x017F;tracte Zahlform &#x017F;elb&#x017F;t i&#x017F;t bekanntlich &#x017F;chon fru&#x0364;h, aber<lb/>
ohne Begriff, und daher ohne Folge aufge&#x017F;tellt wor-<lb/>
den, &#x2014; gleichfalls als ein unendliches Verdien&#x017F;t der<lb/>
Kanti&#x017F;chen Philo&#x017F;ophie anzu&#x017F;ehen. Der <hi rendition="#g">Schluß</hi>, auch<lb/>
das Dreifache, i&#x017F;t als die allgemeine Form der Vernunft<lb/>
immer erkannt worden, theils aber galt er u&#x0364;berhaupt<lb/>
als eine ganz a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erliche, die Natur des Inhalts nicht<lb/>
be&#x017F;timmende Form, theils da er im formellen Sinne<lb/>
bloß in der ver&#x017F;ta&#x0364;ndigen Be&#x017F;timmung der <hi rendition="#g">Identita&#x0364;t</hi><lb/>
&#x017F;ich verla&#x0364;uft, fehlt ihm das we&#x017F;entliche, <hi rendition="#g">dialekti&#x017F;che</hi><lb/>
Moment, die <hi rendition="#g">Negativita&#x0364;t</hi>; die&#x017F;es tritt aber in der<lb/>
Triplicita&#x0364;t der Be&#x017F;timmungen ein, weil das Dritte die<lb/>
Einheit der zwey er&#x017F;ten Be&#x017F;timmungen i&#x017F;t, die&#x017F;e aber,<lb/>
da &#x017F;ie ver&#x017F;chiedene &#x017F;ind, in Einheit nur <hi rendition="#g">als aufge-<lb/>
hobene</hi> &#x017F;eyn ko&#x0364;nnen. &#x2014; Der Formalismus hat &#x017F;ich<lb/>
zwar der Triplicita&#x0364;t gleichfalls bema&#x0364;chtigt, und &#x017F;ich an<lb/>
das leere <hi rendition="#g">Schema</hi> der&#x017F;elben gehalten; der &#x017F;eichte Un-<lb/>
fug und das Kahle des modernen philo&#x017F;ophi&#x017F;chen &#x017F;oge-<lb/>
nannten <hi rendition="#g">Con&#x017F;truirens</hi>, das in nichts be&#x017F;teht, als<lb/>
jenes formelle Schema, ohne Begriff und immanente<lb/>
Be&#x017F;timmung u&#x0364;berall anzuha&#x0364;ngen, und zu einem a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erli-<lb/>
chen Ordnen zu gebrauchen, hat jene Form langweilig<lb/>
und u&#x0364;bel beru&#x0364;chtigt gemacht. Durch die Schaalheit die-<lb/>
&#x017F;es Gebrauchs aber kann &#x017F;ie an ihrem innern Werthe<lb/>
nicht verlieren, und es i&#x017F;t immer hoch zu &#x017F;cha&#x0364;tzen, daß<lb/>
zuna&#x0364;ch&#x017F;t auch nur die unbegriffene Ge&#x017F;talt des Vernu&#x0364;nf-<lb/>
tigen aufgefunden worden.</p><lb/>
            <p>Na&#x0364;her i&#x017F;t nun das <hi rendition="#g">Dritte</hi> das Unmittelbare aber<lb/><hi rendition="#g">durch Aufhebung der Vermittlung</hi>, das Ein-<lb/>
fache durch <hi rendition="#g">Aufheben des Unter&#x017F;chiedes</hi>, das<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Po-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[390/0408] III. Abſchnitt. Idee. ganze Form der Methode eine Triplicitaͤt iſt, iſt zwar ganz nur die oberflaͤchliche, aͤuſſerliche Seite der Weiſe des Erkennens; aber auch nur dieſe, und zwar in be- ſtimmterer Anwendung aufgezeigt zu haben, denn die abſtracte Zahlform ſelbſt iſt bekanntlich ſchon fruͤh, aber ohne Begriff, und daher ohne Folge aufgeſtellt wor- den, — gleichfalls als ein unendliches Verdienſt der Kantiſchen Philoſophie anzuſehen. Der Schluß, auch das Dreifache, iſt als die allgemeine Form der Vernunft immer erkannt worden, theils aber galt er uͤberhaupt als eine ganz aͤuſſerliche, die Natur des Inhalts nicht beſtimmende Form, theils da er im formellen Sinne bloß in der verſtaͤndigen Beſtimmung der Identitaͤt ſich verlaͤuft, fehlt ihm das weſentliche, dialektiſche Moment, die Negativitaͤt; dieſes tritt aber in der Triplicitaͤt der Beſtimmungen ein, weil das Dritte die Einheit der zwey erſten Beſtimmungen iſt, dieſe aber, da ſie verſchiedene ſind, in Einheit nur als aufge- hobene ſeyn koͤnnen. — Der Formalismus hat ſich zwar der Triplicitaͤt gleichfalls bemaͤchtigt, und ſich an das leere Schema derſelben gehalten; der ſeichte Un- fug und das Kahle des modernen philoſophiſchen ſoge- nannten Conſtruirens, das in nichts beſteht, als jenes formelle Schema, ohne Begriff und immanente Beſtimmung uͤberall anzuhaͤngen, und zu einem aͤuſſerli- chen Ordnen zu gebrauchen, hat jene Form langweilig und uͤbel beruͤchtigt gemacht. Durch die Schaalheit die- ſes Gebrauchs aber kann ſie an ihrem innern Werthe nicht verlieren, und es iſt immer hoch zu ſchaͤtzen, daß zunaͤchſt auch nur die unbegriffene Geſtalt des Vernuͤnf- tigen aufgefunden worden. Naͤher iſt nun das Dritte das Unmittelbare aber durch Aufhebung der Vermittlung, das Ein- fache durch Aufheben des Unterſchiedes, das Po-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/408
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/408>, abgerufen am 02.05.2024.