Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Kapitel. Das Erkennen.
nommenen Material, und sind unmittelbare Voraussetzun-
gen; erst die Verknüpfung und Verwicklung jener sub-
jectiven Bestimmungen mit dieser eigenthümlichen Natur
ihres Bodens, in welchen sie eingetragen worden, bringt
synthetische Verhältnisse und Gesetze hervor. -- Bey den
Zahlbestimmungen, da ihnen das einfache Princip des
Eins zu Grunde liegt, ist die Verknüpfung und weitere
Bestimmung ganz nur ein Gesetztes, die Bestimmungen
hingegen im Raume, der für sich ein continuirliches
Aussereinander ist, verlauffen sich noch weiter, und
haben eine von ihrem Begriffe verschiedene Realität, die
aber nicht mehr zur unmittelbaren Definition gehört.

Drittens aber sieht es mit den Definitionen
concreter Objecte der Natur sowohl als auch des
Geistes ganz anders aus. Solche Gegenstände sind
überhaupt für die Vorstellung Dinge von vielen Ei-
genschaften
. Es kommt hier zunächst darauf an
aufzufassen, was ihre nächste Gattung, und dann was
ihre specifische Differenz ist. Es ist daher zu bestim-
men, welche der vielen Eigenschaften, dem Gegenstande
als Gattung, und welche ihm als Art zukomme, ferner
welche unter diesen Eigenschaften die wesentliche sey;
und zu dem letztern gehört, zu erkennen, in welchem Zu-
sammenhange sie mit einander stehen, ob die eine schon
mit der andern gesetzt sey. Dafür aber ist kein ande-
res Kriterium noch vorhanden, als das Daseyn
selbst. -- Die Wesentlichkeit der Eigenschaft ist für die
Definition, worin sie als einfache, unentwickelte Be-
stimmtheit gesetzt seyn soll, ihre Allgemeinheit. Diese
aber ist im Daseyn die bloß empirische; -- Allgemein-
heit in der Zeit, ob die Eigenschaft dauernd ist, wäh-
rend die andern sich als vergänglich in dem Bestehen
des Ganzen zeigen; -- oder eine Allgemeinheit, die aus
Vergleichung mit andern concreten Ganzen hervorgeht,

und

II. Kapitel. Das Erkennen.
nommenen Material, und ſind unmittelbare Vorausſetzun-
gen; erſt die Verknuͤpfung und Verwicklung jener ſub-
jectiven Beſtimmungen mit dieſer eigenthuͤmlichen Natur
ihres Bodens, in welchen ſie eingetragen worden, bringt
ſynthetiſche Verhaͤltniſſe und Geſetze hervor. — Bey den
Zahlbeſtimmungen, da ihnen das einfache Princip des
Eins zu Grunde liegt, iſt die Verknuͤpfung und weitere
Beſtimmung ganz nur ein Geſetztes, die Beſtimmungen
hingegen im Raume, der fuͤr ſich ein continuirliches
Auſſereinander iſt, verlauffen ſich noch weiter, und
haben eine von ihrem Begriffe verſchiedene Realitaͤt, die
aber nicht mehr zur unmittelbaren Definition gehoͤrt.

Drittens aber ſieht es mit den Definitionen
concreter Objecte der Natur ſowohl als auch des
Geiſtes ganz anders aus. Solche Gegenſtaͤnde ſind
uͤberhaupt fuͤr die Vorſtellung Dinge von vielen Ei-
genſchaften
. Es kommt hier zunaͤchſt darauf an
aufzufaſſen, was ihre naͤchſte Gattung, und dann was
ihre ſpecifiſche Differenz iſt. Es iſt daher zu beſtim-
men, welche der vielen Eigenſchaften, dem Gegenſtande
als Gattung, und welche ihm als Art zukomme, ferner
welche unter dieſen Eigenſchaften die weſentliche ſey;
und zu dem letztern gehoͤrt, zu erkennen, in welchem Zu-
ſammenhange ſie mit einander ſtehen, ob die eine ſchon
mit der andern geſetzt ſey. Dafuͤr aber iſt kein ande-
res Kriterium noch vorhanden, als das Daſeyn
ſelbſt. — Die Weſentlichkeit der Eigenſchaft iſt fuͤr die
Definition, worin ſie als einfache, unentwickelte Be-
ſtimmtheit geſetzt ſeyn ſoll, ihre Allgemeinheit. Dieſe
aber iſt im Daſeyn die bloß empiriſche; — Allgemein-
heit in der Zeit, ob die Eigenſchaft dauernd iſt, waͤh-
rend die andern ſich als vergaͤnglich in dem Beſtehen
des Ganzen zeigen; — oder eine Allgemeinheit, die aus
Vergleichung mit andern concreten Ganzen hervorgeht,

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0349" n="331"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Kapitel. Das Erkennen</hi>.</fw><lb/>
nommenen Material, und &#x017F;ind unmittelbare Voraus&#x017F;etzun-<lb/>
gen; er&#x017F;t die Verknu&#x0364;pfung und Verwicklung jener &#x017F;ub-<lb/>
jectiven Be&#x017F;timmungen mit die&#x017F;er eigenthu&#x0364;mlichen Natur<lb/>
ihres Bodens, in welchen &#x017F;ie eingetragen worden, bringt<lb/>
&#x017F;yntheti&#x017F;che Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e und Ge&#x017F;etze hervor. &#x2014; Bey den<lb/>
Zahlbe&#x017F;timmungen, da ihnen das einfache Princip des<lb/><hi rendition="#g">Eins</hi> zu Grunde liegt, i&#x017F;t die Verknu&#x0364;pfung und weitere<lb/>
Be&#x017F;timmung ganz nur ein Ge&#x017F;etztes, die Be&#x017F;timmungen<lb/>
hingegen im Raume, der fu&#x0364;r &#x017F;ich ein continuirliches<lb/><hi rendition="#g">Au&#x017F;&#x017F;ereinander</hi> i&#x017F;t, verlauffen &#x017F;ich noch weiter, und<lb/>
haben eine von ihrem Begriffe ver&#x017F;chiedene Realita&#x0364;t, die<lb/>
aber nicht mehr zur unmittelbaren Definition geho&#x0364;rt.</p><lb/>
                  <p><hi rendition="#g">Drittens</hi> aber &#x017F;ieht es mit den Definitionen<lb/><hi rendition="#g">concreter</hi> Objecte der Natur &#x017F;owohl als auch des<lb/>
Gei&#x017F;tes ganz anders aus. Solche Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde &#x017F;ind<lb/>
u&#x0364;berhaupt fu&#x0364;r die Vor&#x017F;tellung <hi rendition="#g">Dinge von vielen Ei-<lb/>
gen&#x017F;chaften</hi>. Es kommt hier zuna&#x0364;ch&#x017F;t darauf an<lb/>
aufzufa&#x017F;&#x017F;en, was ihre na&#x0364;ch&#x017F;te Gattung, und dann was<lb/>
ihre &#x017F;pecifi&#x017F;che Differenz i&#x017F;t. Es i&#x017F;t daher zu be&#x017F;tim-<lb/>
men, welche der vielen Eigen&#x017F;chaften, dem Gegen&#x017F;tande<lb/>
als Gattung, und welche ihm als Art zukomme, ferner<lb/>
welche unter die&#x017F;en Eigen&#x017F;chaften die we&#x017F;entliche &#x017F;ey;<lb/>
und zu dem letztern geho&#x0364;rt, zu erkennen, in welchem Zu-<lb/>
&#x017F;ammenhange &#x017F;ie mit einander &#x017F;tehen, ob die eine &#x017F;chon<lb/>
mit der andern ge&#x017F;etzt &#x017F;ey. Dafu&#x0364;r aber i&#x017F;t kein ande-<lb/>
res Kriterium noch vorhanden, als das <hi rendition="#g">Da&#x017F;eyn</hi><lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t. &#x2014; Die We&#x017F;entlichkeit der Eigen&#x017F;chaft i&#x017F;t fu&#x0364;r die<lb/>
Definition, worin &#x017F;ie als einfache, unentwickelte Be-<lb/>
&#x017F;timmtheit ge&#x017F;etzt &#x017F;eyn &#x017F;oll, ihre Allgemeinheit. Die&#x017F;e<lb/>
aber i&#x017F;t im Da&#x017F;eyn die bloß empiri&#x017F;che; &#x2014; Allgemein-<lb/>
heit in der Zeit, ob die Eigen&#x017F;chaft dauernd i&#x017F;t, wa&#x0364;h-<lb/>
rend die andern &#x017F;ich als verga&#x0364;nglich in dem Be&#x017F;tehen<lb/>
des Ganzen zeigen; &#x2014; oder eine Allgemeinheit, die aus<lb/>
Vergleichung mit andern concreten Ganzen hervorgeht,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[331/0349] II. Kapitel. Das Erkennen. nommenen Material, und ſind unmittelbare Vorausſetzun- gen; erſt die Verknuͤpfung und Verwicklung jener ſub- jectiven Beſtimmungen mit dieſer eigenthuͤmlichen Natur ihres Bodens, in welchen ſie eingetragen worden, bringt ſynthetiſche Verhaͤltniſſe und Geſetze hervor. — Bey den Zahlbeſtimmungen, da ihnen das einfache Princip des Eins zu Grunde liegt, iſt die Verknuͤpfung und weitere Beſtimmung ganz nur ein Geſetztes, die Beſtimmungen hingegen im Raume, der fuͤr ſich ein continuirliches Auſſereinander iſt, verlauffen ſich noch weiter, und haben eine von ihrem Begriffe verſchiedene Realitaͤt, die aber nicht mehr zur unmittelbaren Definition gehoͤrt. Drittens aber ſieht es mit den Definitionen concreter Objecte der Natur ſowohl als auch des Geiſtes ganz anders aus. Solche Gegenſtaͤnde ſind uͤberhaupt fuͤr die Vorſtellung Dinge von vielen Ei- genſchaften. Es kommt hier zunaͤchſt darauf an aufzufaſſen, was ihre naͤchſte Gattung, und dann was ihre ſpecifiſche Differenz iſt. Es iſt daher zu beſtim- men, welche der vielen Eigenſchaften, dem Gegenſtande als Gattung, und welche ihm als Art zukomme, ferner welche unter dieſen Eigenſchaften die weſentliche ſey; und zu dem letztern gehoͤrt, zu erkennen, in welchem Zu- ſammenhange ſie mit einander ſtehen, ob die eine ſchon mit der andern geſetzt ſey. Dafuͤr aber iſt kein ande- res Kriterium noch vorhanden, als das Daſeyn ſelbſt. — Die Weſentlichkeit der Eigenſchaft iſt fuͤr die Definition, worin ſie als einfache, unentwickelte Be- ſtimmtheit geſetzt ſeyn ſoll, ihre Allgemeinheit. Dieſe aber iſt im Daſeyn die bloß empiriſche; — Allgemein- heit in der Zeit, ob die Eigenſchaft dauernd iſt, waͤh- rend die andern ſich als vergaͤnglich in dem Beſtehen des Ganzen zeigen; — oder eine Allgemeinheit, die aus Vergleichung mit andern concreten Ganzen hervorgeht, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/349
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/349>, abgerufen am 17.05.2024.