Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.III. Abschnitt. Idee. merkung von synthetischen Grundsätzen a prioriaufgestellt und als deren Wurzel die Einheit des Selbst- bewußtseyns, also die Identität des Begriffes mit sich, erkennt hat, nimmt er doch den bestimmten Zusam- menhang, die Verhältnißbegriffe und synthetischen Grund- sätze selbst, von der formalen Logik als gegeben auf; die Deduction derselben hätte die Darstellung des Uebergangs jener einfachen Einheit des Selbstbewußt- seyns in diese ihre Bestimmungen und Unterschiede seyn müssen; aber die Aufzeigung dieses wahrhaft syntheti- schen Fortgehens, des sich selbst producirenden Begriffs, hat Kant sich erspart, zu leisten. Bekanntlich wird die Arithmetik und die all- Setzen
III. Abſchnitt. Idee. merkung von ſynthetiſchen Grundſaͤtzen à prioriaufgeſtellt und als deren Wurzel die Einheit des Selbſt- bewußtſeyns, alſo die Identitaͤt des Begriffes mit ſich, erkennt hat, nimmt er doch den beſtimmten Zuſam- menhang, die Verhaͤltnißbegriffe und ſynthetiſchen Grund- ſaͤtze ſelbſt, von der formalen Logik als gegeben auf; die Deduction derſelben haͤtte die Darſtellung des Uebergangs jener einfachen Einheit des Selbſtbewußt- ſeyns in dieſe ihre Beſtimmungen und Unterſchiede ſeyn muͤſſen; aber die Aufzeigung dieſes wahrhaft ſyntheti- ſchen Fortgehens, des ſich ſelbſt producirenden Begriffs, hat Kant ſich erſpart, zu leiſten. Bekanntlich wird die Arithmetik und die all- Setzen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0338" n="320"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#g">Abſchnitt. Idee</hi>.</fw><lb/> merkung von <hi rendition="#g">ſynthetiſchen</hi> Grundſaͤtzen <hi rendition="#aq">à priori</hi><lb/> aufgeſtellt und als deren Wurzel die Einheit des Selbſt-<lb/> bewußtſeyns, alſo die Identitaͤt des Begriffes mit ſich,<lb/> erkennt hat, nimmt er doch den <hi rendition="#g">beſtimmten</hi> Zuſam-<lb/> menhang, die Verhaͤltnißbegriffe und ſynthetiſchen Grund-<lb/> ſaͤtze ſelbſt, <hi rendition="#g">von der formalen Logik</hi> als <hi rendition="#g">gegeben</hi><lb/> auf; die Deduction derſelben haͤtte die Darſtellung des<lb/> Uebergangs jener einfachen Einheit des Selbſtbewußt-<lb/> ſeyns in dieſe ihre Beſtimmungen und Unterſchiede ſeyn<lb/> muͤſſen; aber die Aufzeigung dieſes wahrhaft ſyntheti-<lb/> ſchen Fortgehens, des ſich ſelbſt producirenden Begriffs,<lb/> hat Kant ſich erſpart, zu leiſten.</p><lb/> <p>Bekanntlich wird die <hi rendition="#g">Arithmetik</hi> und die all-<lb/> gemeinern <hi rendition="#g">Wiſſenſchaften der diſcreten Groͤſ-<lb/> ſe</hi>, Vorzugsweiſe <hi rendition="#g">analytiſche Wiſſenſchaft</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Analyſis</hi> genannt. Die Erkenntnißweiſe derſelben iſt<lb/> in der That am immanenteſten analytiſch und es iſt<lb/> kuͤrzlich zu betrachten, worauf ſich diß gruͤndet. — Das<lb/> ſonſtige analytiſche Erkennen faͤngt von einem concreten<lb/> Stoffe an, der eine zufaͤllige Mannichfaltigkeit an ſich<lb/> hat; aller Unterſchied des Inhalts und das Fortgehen<lb/> zu weiterem Inhalt haͤngt von demſelben ab. Der<lb/> arithmetiſche und algebraiſche Stoff dagegen iſt ein<lb/> ſchon ganz abſtract und unbeſtimmt gemachtes, an dem<lb/> alle Eigenthuͤmlichkeit des Verhaͤltniſſes getilgt, dem<lb/> ſomit nun jede Beſtimmung und Verknuͤpfung ein Aeuſ-<lb/> ſerliches iſt. Ein ſolches iſt das Princip der diſcreten<lb/> Groͤſſe, das <hi rendition="#g">Eins</hi>. Diß verhaͤltnißloſe Atome, kann<lb/> zu einer <hi rendition="#g">Vielheit</hi> vermehrt und aͤuſſerlich zu einer<lb/> Anzahl beſtimmt und vereinigt werden, dieſes Vermeh-<lb/> ren und Begraͤnzen iſt ein leeres Fortgehen und Be-<lb/> ſtimmen, welches bey demſelben Princip des abſtracten<lb/> Eins ſtehen bleibt. Wie die <hi rendition="#g">Zahlen</hi> ferner zuſam-<lb/> mengefaßt und getrennt werden, haͤngt allein von dem<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Setzen</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [320/0338]
III. Abſchnitt. Idee.
merkung von ſynthetiſchen Grundſaͤtzen à priori
aufgeſtellt und als deren Wurzel die Einheit des Selbſt-
bewußtſeyns, alſo die Identitaͤt des Begriffes mit ſich,
erkennt hat, nimmt er doch den beſtimmten Zuſam-
menhang, die Verhaͤltnißbegriffe und ſynthetiſchen Grund-
ſaͤtze ſelbſt, von der formalen Logik als gegeben
auf; die Deduction derſelben haͤtte die Darſtellung des
Uebergangs jener einfachen Einheit des Selbſtbewußt-
ſeyns in dieſe ihre Beſtimmungen und Unterſchiede ſeyn
muͤſſen; aber die Aufzeigung dieſes wahrhaft ſyntheti-
ſchen Fortgehens, des ſich ſelbſt producirenden Begriffs,
hat Kant ſich erſpart, zu leiſten.
Bekanntlich wird die Arithmetik und die all-
gemeinern Wiſſenſchaften der diſcreten Groͤſ-
ſe, Vorzugsweiſe analytiſche Wiſſenſchaft und
Analyſis genannt. Die Erkenntnißweiſe derſelben iſt
in der That am immanenteſten analytiſch und es iſt
kuͤrzlich zu betrachten, worauf ſich diß gruͤndet. — Das
ſonſtige analytiſche Erkennen faͤngt von einem concreten
Stoffe an, der eine zufaͤllige Mannichfaltigkeit an ſich
hat; aller Unterſchied des Inhalts und das Fortgehen
zu weiterem Inhalt haͤngt von demſelben ab. Der
arithmetiſche und algebraiſche Stoff dagegen iſt ein
ſchon ganz abſtract und unbeſtimmt gemachtes, an dem
alle Eigenthuͤmlichkeit des Verhaͤltniſſes getilgt, dem
ſomit nun jede Beſtimmung und Verknuͤpfung ein Aeuſ-
ſerliches iſt. Ein ſolches iſt das Princip der diſcreten
Groͤſſe, das Eins. Diß verhaͤltnißloſe Atome, kann
zu einer Vielheit vermehrt und aͤuſſerlich zu einer
Anzahl beſtimmt und vereinigt werden, dieſes Vermeh-
ren und Begraͤnzen iſt ein leeres Fortgehen und Be-
ſtimmen, welches bey demſelben Princip des abſtracten
Eins ſtehen bleibt. Wie die Zahlen ferner zuſam-
mengefaßt und getrennt werden, haͤngt allein von dem
Setzen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |