Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweytes Buch. II. Abschnitt.
der Grundbeziehung ist jedoch hier nicht so zu nehmen,
daß das Ding überhaupt als Grund seiner Eigenschaften
bestimmt sey; die Dingheit selbst ist als solche die Grund-
bestimmung, die Eigenschaft ist nicht von ihrem Grunde
unterschieden, noch macht sie bloß das Gesetztseyn aus,
sondern ist der in seine Aeusserlichkeit übergegangene, und
damit wahrhaft in sich reflectirte Grund; die Eigenschaft
selbst als solche ist der Grund, an sich seyendes Gesetzt-
seyn, oder er macht die Form ihrer Identität mit
sich aus; ihre Bestimmtheit ist die sich äusserliche
Reflexion des Grundes; und das Ganze der in seinem
Abstossen und Bestimmen, in seiner äusserlichen Unmit-
telbarkeit sich auf sich beziehende Grund. -- Das
Ding-an-sich existirt also wesentlich, und daß es
existirt, heißt umgekehrt, die Existenz ist als äusserliche
Unmittelbarkeit zugleich Ansichseyn.

Anmerkung.

Es ist schon oben (I. Abth. S. 55.) bey dem Mo-
mente des Daseyns, dem Ansichseyn, des Dings-an-
sich
erwähnt, und dabey bemerkt worden, daß das
Ding-an-sich als solches, nichts anderes, als die leere
Abstraction von aller Bestimmtheit ist, von dem man al-
lerdings nichts wissen kann, eben darum weil es
die Abstraction von aller Bestimmung seyn soll. -- Nach-
dem so das Ding-an-sich als das Unbestimmte vorausge-
setzt wird, so fällt alle Bestimmung ausserhalb desselben,
in eine ihm fremde Reflexion, gegen welche es gleichgül-
tig ist. Dem transcendentalen Idealismus ist
diese äusserliche Reflexion das Bewußtseyn. Indem
dieses philosophische System alle Bestimmtheit der
Dinge sowohl der Form als dem Inhalte nach in das
Bewußtseyn verlegt, so fällt es nach diesem Standpunkt
in mich, in das Subject, daß ich die Baumblätter nicht

als

Zweytes Buch. II. Abſchnitt.
der Grundbeziehung iſt jedoch hier nicht ſo zu nehmen,
daß das Ding uͤberhaupt als Grund ſeiner Eigenſchaften
beſtimmt ſey; die Dingheit ſelbſt iſt als ſolche die Grund-
beſtimmung, die Eigenſchaft iſt nicht von ihrem Grunde
unterſchieden, noch macht ſie bloß das Geſetztſeyn aus,
ſondern iſt der in ſeine Aeuſſerlichkeit uͤbergegangene, und
damit wahrhaft in ſich reflectirte Grund; die Eigenſchaft
ſelbſt als ſolche iſt der Grund, an ſich ſeyendes Geſetzt-
ſeyn, oder er macht die Form ihrer Identitaͤt mit
ſich aus; ihre Beſtimmtheit iſt die ſich aͤuſſerliche
Reflexion des Grundes; und das Ganze der in ſeinem
Abſtoſſen und Beſtimmen, in ſeiner aͤuſſerlichen Unmit-
telbarkeit ſich auf ſich beziehende Grund. — Das
Ding-an-ſich exiſtirt alſo weſentlich, und daß es
exiſtirt, heißt umgekehrt, die Exiſtenz iſt als aͤuſſerliche
Unmittelbarkeit zugleich Anſichſeyn.

Anmerkung.

Es iſt ſchon oben (I. Abth. S. 55.) bey dem Mo-
mente des Daſeyns, dem Anſichſeyn, des Dings-an-
ſich
erwaͤhnt, und dabey bemerkt worden, daß das
Ding-an-ſich als ſolches, nichts anderes, als die leere
Abſtraction von aller Beſtimmtheit iſt, von dem man al-
lerdings nichts wiſſen kann, eben darum weil es
die Abſtraction von aller Beſtimmung ſeyn ſoll. — Nach-
dem ſo das Ding-an-ſich als das Unbeſtimmte vorausge-
ſetzt wird, ſo faͤllt alle Beſtimmung auſſerhalb deſſelben,
in eine ihm fremde Reflexion, gegen welche es gleichguͤl-
tig iſt. Dem tranſcendentalen Idealismus iſt
dieſe aͤuſſerliche Reflexion das Bewußtſeyn. Indem
dieſes philoſophiſche Syſtem alle Beſtimmtheit der
Dinge ſowohl der Form als dem Inhalte nach in das
Bewußtſeyn verlegt, ſo faͤllt es nach dieſem Standpunkt
in mich, in das Subject, daß ich die Baumblaͤtter nicht

als
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0162" n="150"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweytes Buch.</hi><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
der Grundbeziehung i&#x017F;t jedoch hier nicht &#x017F;o zu nehmen,<lb/>
daß das Ding u&#x0364;berhaupt als Grund &#x017F;einer Eigen&#x017F;chaften<lb/>
be&#x017F;timmt &#x017F;ey; die Dingheit &#x017F;elb&#x017F;t i&#x017F;t als &#x017F;olche die Grund-<lb/>
be&#x017F;timmung, die Eigen&#x017F;chaft i&#x017F;t nicht von ihrem Grunde<lb/>
unter&#x017F;chieden, noch macht &#x017F;ie bloß das Ge&#x017F;etzt&#x017F;eyn aus,<lb/>
&#x017F;ondern i&#x017F;t der in &#x017F;eine Aeu&#x017F;&#x017F;erlichkeit u&#x0364;bergegangene, und<lb/>
damit wahrhaft in &#x017F;ich reflectirte Grund; die Eigen&#x017F;chaft<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t als &#x017F;olche i&#x017F;t der Grund, an &#x017F;ich &#x017F;eyendes Ge&#x017F;etzt-<lb/>
&#x017F;eyn, oder er macht die <hi rendition="#g">Form</hi> ihrer <hi rendition="#g">Identita&#x0364;t</hi> mit<lb/>
&#x017F;ich aus; ihre <hi rendition="#g">Be&#x017F;timmtheit</hi> i&#x017F;t die &#x017F;ich a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erliche<lb/>
Reflexion des Grundes; und das Ganze der in &#x017F;einem<lb/>
Ab&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en und Be&#x017F;timmen, in &#x017F;einer a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Unmit-<lb/>
telbarkeit &#x017F;ich auf &#x017F;ich beziehende Grund. &#x2014; Das<lb/><hi rendition="#g">Ding-an-&#x017F;ich exi&#x017F;tirt</hi> al&#x017F;o we&#x017F;entlich, und daß es<lb/>
exi&#x017F;tirt, heißt umgekehrt, die Exi&#x017F;tenz i&#x017F;t als a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erliche<lb/>
Unmittelbarkeit zugleich <hi rendition="#g">An&#x017F;ich&#x017F;eyn.</hi></p><lb/>
                  <div n="7">
                    <head> <hi rendition="#g">Anmerkung.</hi> </head><lb/>
                    <p>Es i&#x017F;t &#x017F;chon oben (<hi rendition="#aq">I.</hi> Abth. S. 55.) bey dem Mo-<lb/>
mente des Da&#x017F;eyns, dem An&#x017F;ich&#x017F;eyn, des <hi rendition="#g">Dings-an-<lb/>
&#x017F;ich</hi> erwa&#x0364;hnt, und dabey bemerkt worden, daß das<lb/>
Ding-an-&#x017F;ich als &#x017F;olches, nichts anderes, als die leere<lb/>
Ab&#x017F;traction von aller Be&#x017F;timmtheit i&#x017F;t, von dem man al-<lb/>
lerdings <hi rendition="#g">nichts wi&#x017F;&#x017F;en</hi> kann, eben darum weil es<lb/>
die Ab&#x017F;traction von aller Be&#x017F;timmung &#x017F;eyn &#x017F;oll. &#x2014; Nach-<lb/>
dem &#x017F;o das Ding-an-&#x017F;ich als das Unbe&#x017F;timmte vorausge-<lb/>
&#x017F;etzt wird, &#x017F;o fa&#x0364;llt alle Be&#x017F;timmung au&#x017F;&#x017F;erhalb de&#x017F;&#x017F;elben,<lb/>
in eine ihm fremde Reflexion, gegen welche es gleichgu&#x0364;l-<lb/>
tig i&#x017F;t. Dem <hi rendition="#g">tran&#x017F;cendentalen Idealismus</hi> i&#x017F;t<lb/>
die&#x017F;e a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erliche Reflexion das <hi rendition="#g">Bewußt&#x017F;eyn.</hi> Indem<lb/>
die&#x017F;es philo&#x017F;ophi&#x017F;che Sy&#x017F;tem alle Be&#x017F;timmtheit der<lb/>
Dinge &#x017F;owohl der Form als dem Inhalte nach in das<lb/>
Bewußt&#x017F;eyn verlegt, &#x017F;o fa&#x0364;llt es nach die&#x017F;em Standpunkt<lb/>
in <hi rendition="#g">mich,</hi> in das Subject, daß ich die Baumbla&#x0364;tter nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">als</fw><lb/></p>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[150/0162] Zweytes Buch. II. Abſchnitt. der Grundbeziehung iſt jedoch hier nicht ſo zu nehmen, daß das Ding uͤberhaupt als Grund ſeiner Eigenſchaften beſtimmt ſey; die Dingheit ſelbſt iſt als ſolche die Grund- beſtimmung, die Eigenſchaft iſt nicht von ihrem Grunde unterſchieden, noch macht ſie bloß das Geſetztſeyn aus, ſondern iſt der in ſeine Aeuſſerlichkeit uͤbergegangene, und damit wahrhaft in ſich reflectirte Grund; die Eigenſchaft ſelbſt als ſolche iſt der Grund, an ſich ſeyendes Geſetzt- ſeyn, oder er macht die Form ihrer Identitaͤt mit ſich aus; ihre Beſtimmtheit iſt die ſich aͤuſſerliche Reflexion des Grundes; und das Ganze der in ſeinem Abſtoſſen und Beſtimmen, in ſeiner aͤuſſerlichen Unmit- telbarkeit ſich auf ſich beziehende Grund. — Das Ding-an-ſich exiſtirt alſo weſentlich, und daß es exiſtirt, heißt umgekehrt, die Exiſtenz iſt als aͤuſſerliche Unmittelbarkeit zugleich Anſichſeyn. Anmerkung. Es iſt ſchon oben (I. Abth. S. 55.) bey dem Mo- mente des Daſeyns, dem Anſichſeyn, des Dings-an- ſich erwaͤhnt, und dabey bemerkt worden, daß das Ding-an-ſich als ſolches, nichts anderes, als die leere Abſtraction von aller Beſtimmtheit iſt, von dem man al- lerdings nichts wiſſen kann, eben darum weil es die Abſtraction von aller Beſtimmung ſeyn ſoll. — Nach- dem ſo das Ding-an-ſich als das Unbeſtimmte vorausge- ſetzt wird, ſo faͤllt alle Beſtimmung auſſerhalb deſſelben, in eine ihm fremde Reflexion, gegen welche es gleichguͤl- tig iſt. Dem tranſcendentalen Idealismus iſt dieſe aͤuſſerliche Reflexion das Bewußtſeyn. Indem dieſes philoſophiſche Syſtem alle Beſtimmtheit der Dinge ſowohl der Form als dem Inhalte nach in das Bewußtſeyn verlegt, ſo faͤllt es nach dieſem Standpunkt in mich, in das Subject, daß ich die Baumblaͤtter nicht als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/162
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/162>, abgerufen am 04.05.2024.