Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Erscheinung.
welche ein Andres nimmt, bestimmte Beziehungen, die
sich dieses auf das Ding-an-sich gibt, und die nicht ei-
gene Bestimmungen desselben sind.

2. Diß Andere ist nun die Reflexion, welche be-
stimmt als äusserlich erstens sich selbst äusser-
lich,
und die bestimmte Mannichfaltigkeit ist. Als-
dann
ist sie dem wesentlich Existirenden äusserlich, und
bezieht sich darauf als auf seine absolute Voraus-
setzung.
Diese beyden Momente der äusserlichen Re-
flexion aber, ihre eigene Mannichfaltigkeit und ihre Be-
ziehung auf das ihr andre Ding-an-sich, sind ein
und dasselbe. Denn diese Existenz ist nur äusserlich, in-
sofern sie sich auf die wesentliche Identität als auf ein
anderes
bezieht. Die Mannichfaltigkeit hat daher
nicht jenseits des Dinges-an-sich ein eigenes selbstständi-
ges Bestehen, sondern ist erst als Schein gegen dieses,
in ihrer nothwendigen Beziehung darauf, als der sich an
ihm brechende Reflex. Die Verschiedenheit ist also vor-
handen, als die Beziehung eines Andern auf das Ding-
an-sich; aber dieses Andere ist nichts für sich bestehen-
des, sondern ist erst als Beziehung auf das Ding-an-
sich; zugleich aber ist es nur als das Abstossen von die-
sem; es ist so der haltlose Gegenstoß seiner in sich selbst.

Dem Ding-an-sich nun, da es die wesentliche
Identität der Existenz ist, kommt daher diese wesenlose
Reflexion nicht zu, sondern sie fällt ihm äusserlich in sich
selbst zusammen. Sie geht zu Grunde, und wird damit
selbst zur wesentlichen Identität oder zum Ding-an-sich.
-- Diß kann auch so betrachtet werden: Die wesenlose
Existenz hat am Ding-an-sich ihre Reflexion in sich; sie
bezieht sich darauf zunächst als auf ihr Anderes; aber
als das Andre gegen das, was an sich ist, ist sie nur
das Aufheben ihrer selbst, und das Werden zum An-

sich-
K

Die Erſcheinung.
welche ein Andres nimmt, beſtimmte Beziehungen, die
ſich dieſes auf das Ding-an-ſich gibt, und die nicht ei-
gene Beſtimmungen deſſelben ſind.

2. Diß Andere iſt nun die Reflexion, welche be-
ſtimmt als aͤuſſerlich erſtens ſich ſelbſt aͤuſſer-
lich,
und die beſtimmte Mannichfaltigkeit iſt. Als-
dann
iſt ſie dem weſentlich Exiſtirenden aͤuſſerlich, und
bezieht ſich darauf als auf ſeine abſolute Voraus-
ſetzung.
Dieſe beyden Momente der aͤuſſerlichen Re-
flexion aber, ihre eigene Mannichfaltigkeit und ihre Be-
ziehung auf das ihr andre Ding-an-ſich, ſind ein
und daſſelbe. Denn dieſe Exiſtenz iſt nur aͤuſſerlich, in-
ſofern ſie ſich auf die weſentliche Identitaͤt als auf ein
anderes
bezieht. Die Mannichfaltigkeit hat daher
nicht jenſeits des Dinges-an-ſich ein eigenes ſelbſtſtaͤndi-
ges Beſtehen, ſondern iſt erſt als Schein gegen dieſes,
in ihrer nothwendigen Beziehung darauf, als der ſich an
ihm brechende Reflex. Die Verſchiedenheit iſt alſo vor-
handen, als die Beziehung eines Andern auf das Ding-
an-ſich; aber dieſes Andere iſt nichts fuͤr ſich beſtehen-
des, ſondern iſt erſt als Beziehung auf das Ding-an-
ſich; zugleich aber iſt es nur als das Abſtoſſen von die-
ſem; es iſt ſo der haltloſe Gegenſtoß ſeiner in ſich ſelbſt.

Dem Ding-an-ſich nun, da es die weſentliche
Identitaͤt der Exiſtenz iſt, kommt daher dieſe weſenloſe
Reflexion nicht zu, ſondern ſie faͤllt ihm aͤuſſerlich in ſich
ſelbſt zuſammen. Sie geht zu Grunde, und wird damit
ſelbſt zur weſentlichen Identitaͤt oder zum Ding-an-ſich.
— Diß kann auch ſo betrachtet werden: Die weſenloſe
Exiſtenz hat am Ding-an-ſich ihre Reflexion in ſich; ſie
bezieht ſich darauf zunaͤchſt als auf ihr Anderes; aber
als das Andre gegen das, was an ſich iſt, iſt ſie nur
das Aufheben ihrer ſelbſt, und das Werden zum An-

ſich-
K
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0157" n="145"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Er&#x017F;cheinung.</hi></fw><lb/>
welche ein Andres nimmt, be&#x017F;timmte Beziehungen, die<lb/>
&#x017F;ich die&#x017F;es auf das Ding-an-&#x017F;ich gibt, und die nicht ei-<lb/>
gene Be&#x017F;timmungen de&#x017F;&#x017F;elben &#x017F;ind.</p><lb/>
                  <p>2. Diß Andere i&#x017F;t nun die Reflexion, welche be-<lb/>
&#x017F;timmt als a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich <hi rendition="#g">er&#x017F;tens &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
lich,</hi> und die be&#x017F;timmte Mannichfaltigkeit i&#x017F;t. <hi rendition="#g">Als-<lb/>
dann</hi> i&#x017F;t &#x017F;ie dem we&#x017F;entlich Exi&#x017F;tirenden a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich, und<lb/><hi rendition="#g">bezieht</hi> &#x017F;ich darauf als auf &#x017F;eine ab&#x017F;olute <hi rendition="#g">Voraus-<lb/>
&#x017F;etzung.</hi> Die&#x017F;e beyden Momente der a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Re-<lb/>
flexion aber, ihre eigene Mannichfaltigkeit und ihre Be-<lb/>
ziehung auf das ihr andre Ding-an-&#x017F;ich, &#x017F;ind ein<lb/>
und da&#x017F;&#x017F;elbe. Denn die&#x017F;e Exi&#x017F;tenz i&#x017F;t nur a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich, in-<lb/>
&#x017F;ofern &#x017F;ie &#x017F;ich auf die we&#x017F;entliche Identita&#x0364;t als <hi rendition="#g">auf ein<lb/>
anderes</hi> bezieht. Die Mannichfaltigkeit hat daher<lb/>
nicht jen&#x017F;eits des Dinges-an-&#x017F;ich ein eigenes &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndi-<lb/>
ges Be&#x017F;tehen, &#x017F;ondern i&#x017F;t er&#x017F;t als Schein gegen die&#x017F;es,<lb/>
in ihrer nothwendigen Beziehung darauf, als der &#x017F;ich an<lb/>
ihm brechende Reflex. Die Ver&#x017F;chiedenheit i&#x017F;t al&#x017F;o vor-<lb/>
handen, als die Beziehung eines Andern auf das Ding-<lb/>
an-&#x017F;ich; aber die&#x017F;es Andere i&#x017F;t nichts fu&#x0364;r &#x017F;ich be&#x017F;tehen-<lb/>
des, &#x017F;ondern i&#x017F;t er&#x017F;t als Beziehung auf das Ding-an-<lb/>
&#x017F;ich; zugleich aber i&#x017F;t es nur als das Ab&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en von die-<lb/>
&#x017F;em; es i&#x017F;t &#x017F;o der haltlo&#x017F;e Gegen&#x017F;toß &#x017F;einer in &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t.</p><lb/>
                  <p>Dem Ding-an-&#x017F;ich nun, da es die we&#x017F;entliche<lb/>
Identita&#x0364;t der Exi&#x017F;tenz i&#x017F;t, kommt daher die&#x017F;e we&#x017F;enlo&#x017F;e<lb/>
Reflexion nicht zu, &#x017F;ondern &#x017F;ie fa&#x0364;llt ihm a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich in &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t zu&#x017F;ammen. Sie geht zu Grunde, und wird damit<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t zur we&#x017F;entlichen Identita&#x0364;t oder zum Ding-an-&#x017F;ich.<lb/>
&#x2014; Diß kann auch &#x017F;o betrachtet werden: Die we&#x017F;enlo&#x017F;e<lb/>
Exi&#x017F;tenz hat am Ding-an-&#x017F;ich ihre Reflexion in &#x017F;ich; &#x017F;ie<lb/>
bezieht &#x017F;ich darauf zuna&#x0364;ch&#x017F;t als auf ihr <hi rendition="#g">Anderes;</hi> aber<lb/>
als das Andre gegen das, was an &#x017F;ich i&#x017F;t, i&#x017F;t &#x017F;ie nur<lb/>
das Aufheben ihrer &#x017F;elb&#x017F;t, und das Werden zum An-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ich-</fw><lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[145/0157] Die Erſcheinung. welche ein Andres nimmt, beſtimmte Beziehungen, die ſich dieſes auf das Ding-an-ſich gibt, und die nicht ei- gene Beſtimmungen deſſelben ſind. 2. Diß Andere iſt nun die Reflexion, welche be- ſtimmt als aͤuſſerlich erſtens ſich ſelbſt aͤuſſer- lich, und die beſtimmte Mannichfaltigkeit iſt. Als- dann iſt ſie dem weſentlich Exiſtirenden aͤuſſerlich, und bezieht ſich darauf als auf ſeine abſolute Voraus- ſetzung. Dieſe beyden Momente der aͤuſſerlichen Re- flexion aber, ihre eigene Mannichfaltigkeit und ihre Be- ziehung auf das ihr andre Ding-an-ſich, ſind ein und daſſelbe. Denn dieſe Exiſtenz iſt nur aͤuſſerlich, in- ſofern ſie ſich auf die weſentliche Identitaͤt als auf ein anderes bezieht. Die Mannichfaltigkeit hat daher nicht jenſeits des Dinges-an-ſich ein eigenes ſelbſtſtaͤndi- ges Beſtehen, ſondern iſt erſt als Schein gegen dieſes, in ihrer nothwendigen Beziehung darauf, als der ſich an ihm brechende Reflex. Die Verſchiedenheit iſt alſo vor- handen, als die Beziehung eines Andern auf das Ding- an-ſich; aber dieſes Andere iſt nichts fuͤr ſich beſtehen- des, ſondern iſt erſt als Beziehung auf das Ding-an- ſich; zugleich aber iſt es nur als das Abſtoſſen von die- ſem; es iſt ſo der haltloſe Gegenſtoß ſeiner in ſich ſelbſt. Dem Ding-an-ſich nun, da es die weſentliche Identitaͤt der Exiſtenz iſt, kommt daher dieſe weſenloſe Reflexion nicht zu, ſondern ſie faͤllt ihm aͤuſſerlich in ſich ſelbſt zuſammen. Sie geht zu Grunde, und wird damit ſelbſt zur weſentlichen Identitaͤt oder zum Ding-an-ſich. — Diß kann auch ſo betrachtet werden: Die weſenloſe Exiſtenz hat am Ding-an-ſich ihre Reflexion in ſich; ſie bezieht ſich darauf zunaͤchſt als auf ihr Anderes; aber als das Andre gegen das, was an ſich iſt, iſt ſie nur das Aufheben ihrer ſelbſt, und das Werden zum An- ſich- K

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/157
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/157>, abgerufen am 04.05.2024.