Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.Erstes Buch. chem eben der Unterschied des Subjectiven und Objecti-ven verschwunden ist. Aber wie diese Erhebung so un- mittelbar gefordert ist, ist es ein subjectives Postulat; um als wahrhafte Forderung sich zu erweisen, müßte die Fortbewegung des concreten Ichs oder des unmittelba- ren Bewußtseyns zum reinem Wissen an ihm selbst, durch seine eigene Nothwendigkeit, aufgezeigt und darge- stellt worden seyn. Ohne diese objective Bewegung er- scheint das reine Wissen, die intellectuelle An- schauung, als ein willkührlicher Standpunkt, oder selbst als einer der empirischen Zustände des Bewußt- seyns, in Rücksicht dessen es darauf ankommt, ob ihn der eine in sich vorfinde oder hervorbringen könne, ein anderer aber nicht. Insofern aber diß reine Ich das wesentliche reine Wissen seyn muß, das reine Wissen aber nur durch den absoluten Akt der Selbsterhebung, im individuellen Bewußtseyn gesetzt wird, und nicht unmit- telbar in ihm vorhanden ist, so geht gerade der Vortheil verlohren, der aus diesem Anfange der Philosophie ent- springen soll; daß er nemlich etwas schlechthin Beckann- tes sey, was jeder unmittelbar in sich finde, und daran die weitere Reflexion anknüpfen könne; jenes reine Ich ist vielmehr in seiner absoluten Wesenheit, etwas dem ge- wöhnlichen Bewußtseyn Unbekanntes, etwas, das es nicht darin vorfindet. Es tritt daher vielmehr die Täu- schung ein, daß von etwas Bekanntem, von dem Ich des empirischen Selbstbewußtseyns die Rede seyn soll, in der That aber von etwas diesem Bewußtseyn Fernem die Rede ist. Die Bestimmung des reinen Wissens als Ich, führt die fortdauernde Zurückerinnerung an das subjective Ich mit sich, dessen Schranken vergessen wer- den sollen, und erhält die Vorstellung gegenwärtig, als ob die Sätze und Verhältnisse, die sich in der weitern Entwicklung vom Ich ergeben, in gewöhnlichen Bewußt- seyn als etwas darin vorhandenes, da es ja das sey, von
Erſtes Buch. chem eben der Unterſchied des Subjectiven und Objecti-ven verſchwunden iſt. Aber wie dieſe Erhebung ſo un- mittelbar gefordert iſt, iſt es ein ſubjectives Poſtulat; um als wahrhafte Forderung ſich zu erweiſen, muͤßte die Fortbewegung des concreten Ichs oder des unmittelba- ren Bewußtſeyns zum reinem Wiſſen an ihm ſelbſt, durch ſeine eigene Nothwendigkeit, aufgezeigt und darge- ſtellt worden ſeyn. Ohne dieſe objective Bewegung er- ſcheint das reine Wiſſen, die intellectuelle An- ſchauung, als ein willkuͤhrlicher Standpunkt, oder ſelbſt als einer der empiriſchen Zuſtaͤnde des Bewußt- ſeyns, in Ruͤckſicht deſſen es darauf ankommt, ob ihn der eine in ſich vorfinde oder hervorbringen koͤnne, ein anderer aber nicht. Inſofern aber diß reine Ich das weſentliche reine Wiſſen ſeyn muß, das reine Wiſſen aber nur durch den abſoluten Akt der Selbſterhebung, im individuellen Bewußtſeyn geſetzt wird, und nicht unmit- telbar in ihm vorhanden iſt, ſo geht gerade der Vortheil verlohren, der aus dieſem Anfange der Philoſophie ent- ſpringen ſoll; daß er nemlich etwas ſchlechthin Beckann- tes ſey, was jeder unmittelbar in ſich finde, und daran die weitere Reflexion anknuͤpfen koͤnne; jenes reine Ich iſt vielmehr in ſeiner abſoluten Weſenheit, etwas dem ge- woͤhnlichen Bewußtſeyn Unbekanntes, etwas, das es nicht darin vorfindet. Es tritt daher vielmehr die Taͤu- ſchung ein, daß von etwas Bekanntem, von dem Ich des empiriſchen Selbſtbewußtſeyns die Rede ſeyn ſoll, in der That aber von etwas dieſem Bewußtſeyn Fernem die Rede iſt. Die Beſtimmung des reinen Wiſſens als Ich, fuͤhrt die fortdauernde Zuruͤckerinnerung an das ſubjective Ich mit ſich, deſſen Schranken vergeſſen wer- den ſollen, und erhaͤlt die Vorſtellung gegenwaͤrtig, als ob die Saͤtze und Verhaͤltniſſe, die ſich in der weitern Entwicklung vom Ich ergeben, in gewoͤhnlichen Bewußt- ſeyn als etwas darin vorhandenes, da es ja das ſey, von
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Erſtes Buch.
chem eben der Unterſchied des Subjectiven und Objecti-
ven verſchwunden iſt. Aber wie dieſe Erhebung ſo un-
mittelbar gefordert iſt, iſt es ein ſubjectives Poſtulat;
um als wahrhafte Forderung ſich zu erweiſen, muͤßte die
Fortbewegung des concreten Ichs oder des unmittelba-
ren Bewußtſeyns zum reinem Wiſſen an ihm ſelbſt,
durch ſeine eigene Nothwendigkeit, aufgezeigt und darge-
ſtellt worden ſeyn. Ohne dieſe objective Bewegung er-
ſcheint das reine Wiſſen, die intellectuelle An-
ſchauung, als ein willkuͤhrlicher Standpunkt, oder
ſelbſt als einer der empiriſchen Zuſtaͤnde des Bewußt-
ſeyns, in Ruͤckſicht deſſen es darauf ankommt, ob ihn der
eine in ſich vorfinde oder hervorbringen koͤnne, ein
anderer aber nicht. Inſofern aber diß reine Ich das
weſentliche reine Wiſſen ſeyn muß, das reine Wiſſen
aber nur durch den abſoluten Akt der Selbſterhebung, im
individuellen Bewußtſeyn geſetzt wird, und nicht unmit-
telbar in ihm vorhanden iſt, ſo geht gerade der Vortheil
verlohren, der aus dieſem Anfange der Philoſophie ent-
ſpringen ſoll; daß er nemlich etwas ſchlechthin Beckann-
tes ſey, was jeder unmittelbar in ſich finde, und daran
die weitere Reflexion anknuͤpfen koͤnne; jenes reine Ich
iſt vielmehr in ſeiner abſoluten Weſenheit, etwas dem ge-
woͤhnlichen Bewußtſeyn Unbekanntes, etwas, das es
nicht darin vorfindet. Es tritt daher vielmehr die Taͤu-
ſchung ein, daß von etwas Bekanntem, von dem Ich
des empiriſchen Selbſtbewußtſeyns die Rede ſeyn ſoll,
in der That aber von etwas dieſem Bewußtſeyn Fernem
die Rede iſt. Die Beſtimmung des reinen Wiſſens als
Ich, fuͤhrt die fortdauernde Zuruͤckerinnerung an das
ſubjective Ich mit ſich, deſſen Schranken vergeſſen wer-
den ſollen, und erhaͤlt die Vorſtellung gegenwaͤrtig, als
ob die Saͤtze und Verhaͤltniſſe, die ſich in der weitern
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