gang von dem, was den Anfang macht, ist ferner nur eine weitere Bestimmung desselben, so daß diß allem Folgenden zu Grunde liegen bleibt, und nicht dar- aus verschwindet. Das Fortgehen besteht nicht darin, daß ein Anderes abgeleitet, oder daß in ein wahrhaft Anderes übergegangen würde; -- und insofern diß Ue- bergehen vorkommt, so hebt es sich eben so sehr wieder auf. So ist der Anfang der Philosophie, die in allen folgenden Entwicklungen gegenwärtige und sich erhaltende Grundlage, der seinen weitern Bestimmungen durchaus immanente Begriff.
Durch diesen Fortgang, worin der Anfang sich weiter bestimmt, verliert er, was er in dieser Bestimmt- heit, ein Unmittelbares zu seyn, einseitiges hat, wird ein Vermitteltes, und macht eben dadurch die Linie der wissenschaftlichen Fortbewegung zu einem Kreise. -- Zu- gleich wird das, was den Anfang macht, indem es darin das noch Unentwickelte, Inhaltslose ist, noch nicht wahrhaft erkannt, denn so ist es im Anfange, das heißt noch vor der Wissenschaft; erst diese und zwar in ihrer ganzen Entwicklung ist seine vollendete, inhaltsvolle und erst wahrhaft begründete Erkenntniß.
Darum aber, weil das Resultat auch den absoluten Grund ausmacht, ist das Fortschreiten dieses Erkennens nicht etwas provisorisches, noch ein problematisches und hypothetisches, sondern es ist durch die Natur der Sache und des Inhaltes selbst bestimmt. Noch ist jener Anfang etwas willkührliches und nur einstweilen angenomme- nes, noch ein als willkührlich erscheinendes und bittwei- se vorausgesetztes, von dem sich aber doch in der Folge zeigte, daß man Recht daran gethan habe, es zum An- fange zu machen; -- wie von den geometrischen Con- structionen sich freylich erst hinterher in den Beweisen er-
gibt,
Erſtes Buch.
gang von dem, was den Anfang macht, iſt ferner nur eine weitere Beſtimmung deſſelben, ſo daß diß allem Folgenden zu Grunde liegen bleibt, und nicht dar- aus verſchwindet. Das Fortgehen beſteht nicht darin, daß ein Anderes abgeleitet, oder daß in ein wahrhaft Anderes uͤbergegangen wuͤrde; — und inſofern diß Ue- bergehen vorkommt, ſo hebt es ſich eben ſo ſehr wieder auf. So iſt der Anfang der Philoſophie, die in allen folgenden Entwicklungen gegenwaͤrtige und ſich erhaltende Grundlage, der ſeinen weitern Beſtimmungen durchaus immanente Begriff.
Durch dieſen Fortgang, worin der Anfang ſich weiter beſtimmt, verliert er, was er in dieſer Beſtimmt- heit, ein Unmittelbares zu ſeyn, einſeitiges hat, wird ein Vermitteltes, und macht eben dadurch die Linie der wiſſenſchaftlichen Fortbewegung zu einem Kreiſe. — Zu- gleich wird das, was den Anfang macht, indem es darin das noch Unentwickelte, Inhaltsloſe iſt, noch nicht wahrhaft erkannt, denn ſo iſt es im Anfange, das heißt noch vor der Wiſſenſchaft; erſt dieſe und zwar in ihrer ganzen Entwicklung iſt ſeine vollendete, inhaltsvolle und erſt wahrhaft begruͤndete Erkenntniß.
Darum aber, weil das Reſultat auch den abſoluten Grund ausmacht, iſt das Fortſchreiten dieſes Erkennens nicht etwas proviſoriſches, noch ein problematiſches und hypothetiſches, ſondern es iſt durch die Natur der Sache und des Inhaltes ſelbſt beſtimmt. Noch iſt jener Anfang etwas willkuͤhrliches und nur einſtweilen angenomme- nes, noch ein als willkuͤhrlich erſcheinendes und bittwei- ſe vorausgeſetztes, von dem ſich aber doch in der Folge zeigte, daß man Recht daran gethan habe, es zum An- fange zu machen; — wie von den geometriſchen Con- ſtructionen ſich freylich erſt hinterher in den Beweiſen er-
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Erſtes Buch.
gang von dem, was den Anfang macht, iſt ferner nur
eine weitere Beſtimmung deſſelben, ſo daß diß
allem Folgenden zu Grunde liegen bleibt, und nicht dar-
aus verſchwindet. Das Fortgehen beſteht nicht darin,
daß ein Anderes abgeleitet, oder daß in ein wahrhaft
Anderes uͤbergegangen wuͤrde; — und inſofern diß Ue-
bergehen vorkommt, ſo hebt es ſich eben ſo ſehr wieder
auf. So iſt der Anfang der Philoſophie, die in allen
folgenden Entwicklungen gegenwaͤrtige und ſich erhaltende
Grundlage, der ſeinen weitern Beſtimmungen durchaus
immanente Begriff.
Durch dieſen Fortgang, worin der Anfang ſich
weiter beſtimmt, verliert er, was er in dieſer Beſtimmt-
heit, ein Unmittelbares zu ſeyn, einſeitiges hat, wird
ein Vermitteltes, und macht eben dadurch die Linie der
wiſſenſchaftlichen Fortbewegung zu einem Kreiſe. — Zu-
gleich wird das, was den Anfang macht, indem es
darin das noch Unentwickelte, Inhaltsloſe iſt, noch nicht
wahrhaft erkannt, denn ſo iſt es im Anfange, das heißt
noch vor der Wiſſenſchaft; erſt dieſe und zwar in ihrer
ganzen Entwicklung iſt ſeine vollendete, inhaltsvolle und
erſt wahrhaft begruͤndete Erkenntniß.
Darum aber, weil das Reſultat auch den abſoluten
Grund ausmacht, iſt das Fortſchreiten dieſes Erkennens
nicht etwas proviſoriſches, noch ein problematiſches und
hypothetiſches, ſondern es iſt durch die Natur der Sache
und des Inhaltes ſelbſt beſtimmt. Noch iſt jener Anfang
etwas willkuͤhrliches und nur einſtweilen angenomme-
nes, noch ein als willkuͤhrlich erſcheinendes und bittwei-
ſe vorausgeſetztes, von dem ſich aber doch in der Folge
zeigte, daß man Recht daran gethan habe, es zum An-
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/58>, abgerufen am 25.07.2024.
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