Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.Einleitung. für das, was sie seyn sollen, ihre eigenthümliche Me-thode, des Definirens und des Klassificirens ihres Stof- fes, so gut es geht, gefunden. Auch die reine Mathe- matik hat ihre Methode, die für ihre abstracten Gegen- stände und für die quantitative Bestimmung, in der sie sie allein betrachtet, passend ist. Ich habe über diese Methode und überhaupt das untergeordnete der Wis- senschaftlichkeit, die in der Mathematik Statt finden kann, in der Vorrede zur Phänomenologie des Geistes, das Wesentliche gesagt; aber sie wird auch innerhalb der Logik selbst näher betrachtet werden. Spinoza, Wolf und andre haben sich verführen lassen, sie auch auf die Philo- sophie anzuwenden, und den äusserlichen Gang der be- grifflosen Quantität zum Gange des Begriffes zu ma- chen, was an und für sich widersprechend ist. Bisher hat die Philosophie ihre Methode noch nicht gefunden; sie betrachtete mit Neid das systematische Gebäude der Mathematik und borgte sie, wie gesagt, von ihr, oder behalf sich mit der Methode von Wissenschaften, die nur Vermischungen von gegebenem Stoffe, Erfahrungssätzen und Gedanken sind, -- oder half sich mit dem rohen Wegwerfen aller Methode. Das Nähere desjenigen, was allein die wahrhafte Methode der philosophischen Wissenschaft seyn kann, fällt in die Abhandlung der Lo- gik selbst; denn die Methode ist das Bewußtseyn über die Form ihrer innern Selbstbewegung. Ich habe in der Phänomenologie des Geistes ein Beyspiel von dieser Me- thode, an einem concretern Gegenstande, an dem Be- wußtseyn, aufgestellt. Es sind hier Gestalten des Be- wußt- B 2
Einleitung. fuͤr das, was ſie ſeyn ſollen, ihre eigenthuͤmliche Me-thode, des Definirens und des Klaſſificirens ihres Stof- fes, ſo gut es geht, gefunden. Auch die reine Mathe- matik hat ihre Methode, die fuͤr ihre abſtracten Gegen- ſtaͤnde und fuͤr die quantitative Beſtimmung, in der ſie ſie allein betrachtet, paſſend iſt. Ich habe uͤber dieſe Methode und uͤberhaupt das untergeordnete der Wiſ- ſenſchaftlichkeit, die in der Mathematik Statt finden kann, in der Vorrede zur Phaͤnomenologie des Geiſtes, das Weſentliche geſagt; aber ſie wird auch innerhalb der Logik ſelbſt naͤher betrachtet werden. Spinoza, Wolf und andre haben ſich verfuͤhren laſſen, ſie auch auf die Philo- ſophie anzuwenden, und den aͤuſſerlichen Gang der be- griffloſen Quantitaͤt zum Gange des Begriffes zu ma- chen, was an und fuͤr ſich widerſprechend iſt. Bisher hat die Philoſophie ihre Methode noch nicht gefunden; ſie betrachtete mit Neid das ſyſtematiſche Gebaͤude der Mathematik und borgte ſie, wie geſagt, von ihr, oder behalf ſich mit der Methode von Wiſſenſchaften, die nur Vermiſchungen von gegebenem Stoffe, Erfahrungsſaͤtzen und Gedanken ſind, — oder half ſich mit dem rohen Wegwerfen aller Methode. Das Naͤhere desjenigen, was allein die wahrhafte Methode der philoſophiſchen Wiſſenſchaft ſeyn kann, faͤllt in die Abhandlung der Lo- gik ſelbſt; denn die Methode iſt das Bewußtſeyn uͤber die Form ihrer innern Selbſtbewegung. Ich habe in der Phaͤnomenologie des Geiſtes ein Beyſpiel von dieſer Me- thode, an einem concretern Gegenſtande, an dem Be- wußtſeyn, aufgeſtellt. Es ſind hier Geſtalten des Be- wußt- B 2
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Einleitung.
fuͤr das, was ſie ſeyn ſollen, ihre eigenthuͤmliche Me-
thode, des Definirens und des Klaſſificirens ihres Stof-
fes, ſo gut es geht, gefunden. Auch die reine Mathe-
matik hat ihre Methode, die fuͤr ihre abſtracten Gegen-
ſtaͤnde und fuͤr die quantitative Beſtimmung, in der ſie
ſie allein betrachtet, paſſend iſt. Ich habe uͤber dieſe
Methode und uͤberhaupt das untergeordnete der Wiſ-
ſenſchaftlichkeit, die in der Mathematik Statt finden
kann, in der Vorrede zur Phaͤnomenologie des Geiſtes,
das Weſentliche geſagt; aber ſie wird auch innerhalb der
Logik ſelbſt naͤher betrachtet werden. Spinoza, Wolf und
andre haben ſich verfuͤhren laſſen, ſie auch auf die Philo-
ſophie anzuwenden, und den aͤuſſerlichen Gang der be-
griffloſen Quantitaͤt zum Gange des Begriffes zu ma-
chen, was an und fuͤr ſich widerſprechend iſt. Bisher
hat die Philoſophie ihre Methode noch nicht gefunden;
ſie betrachtete mit Neid das ſyſtematiſche Gebaͤude der
Mathematik und borgte ſie, wie geſagt, von ihr, oder
behalf ſich mit der Methode von Wiſſenſchaften, die nur
Vermiſchungen von gegebenem Stoffe, Erfahrungsſaͤtzen
und Gedanken ſind, — oder half ſich mit dem rohen
Wegwerfen aller Methode. Das Naͤhere desjenigen,
was allein die wahrhafte Methode der philoſophiſchen
Wiſſenſchaft ſeyn kann, faͤllt in die Abhandlung der Lo-
gik ſelbſt; denn die Methode iſt das Bewußtſeyn uͤber die
Form ihrer innern Selbſtbewegung. Ich habe in der
Phaͤnomenologie des Geiſtes ein Beyſpiel von dieſer Me-
thode, an einem concretern Gegenſtande, an dem Be-
wußtſeyn, aufgeſtellt. Es ſind hier Geſtalten des Be-
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