Punkte mit einemmahle unterbrochen und gehemmt, und der Eintritt eines andern Zustandes ist ein Sprung. -- Alle Geburt und Tod, sind statt eine fortgesetzte All- mähligkeit zu seyn, vielmehr ein absolutes Abbrechen derselben, und der Sprung aus dem Quantitativen in das Qualitative.
Es gibt keinen Sprung in der Natur; und die gewöhnliche Vorstellung, wenn sie ein Ent- stehen oder Vergehen begreifen soll, meynt, wie bereits erinnert, es damit begriffen zu haben, daß sie es als ein allmähliges Hervorgehen oder Verschwin- den vorstellt. Es hat sich aber gezeigt, daß die Verän- derungen des Seyns überhaupt nicht nur das Uebergehen eines Quantums in ein anderes Quantum, sondern Ue- bergang vom Qualitativen in das Quantitative, und umgekehrt sind, ein Andreswerden, das ein Abbrechen des Allmähligen und ein Qualitativ-Anderes gegen das vorhergehende Daseyn ist. -- So wird das Wasser durch die Erkältung nicht nach und nach hart, so daß es breyartig würde und allmählig bis zur Consistenz des Eises sich verhärtete, sondern es ist auf einmal hart; schon wenn es die ganze Temperatur des Eispunktes hat, aber ruhig steht, hat es noch seine ganze Flüssigkeit, und eine geringe Erschütterung bringt es in den Zustand der Härte. -- Bey der Allmähligkeit des Entstehens liegt die Vorstellung zu Grunde, daß das Entstehende schon sinnlich oder überhaupt wirklich vorhanden, nur wegen seiner Kleinheit noch nicht wahrnehmbar, so wie bey der Allmähligkeit des Verschwindens, daß das Nichtseyn oder das Andre an seine Stelle tretende gleichfalls vor- handen, nur noch nicht bemerkbar sey; -- und zwar vorhanden nicht in dem Sinne, daß das Andre in dem vorhandenen Andern an sich enthalten, sondern daß es als Daseyn, nur unbemerkbar vorhanden sey. Es wird
damit
Das Maaß.
Punkte mit einemmahle unterbrochen und gehemmt, und der Eintritt eines andern Zuſtandes iſt ein Sprung. — Alle Geburt und Tod, ſind ſtatt eine fortgeſetzte All- maͤhligkeit zu ſeyn, vielmehr ein abſolutes Abbrechen derſelben, und der Sprung aus dem Quantitativen in das Qualitative.
Es gibt keinen Sprung in der Natur; und die gewoͤhnliche Vorſtellung, wenn ſie ein Ent- ſtehen oder Vergehen begreifen ſoll, meynt, wie bereits erinnert, es damit begriffen zu haben, daß ſie es als ein allmaͤhliges Hervorgehen oder Verſchwin- den vorſtellt. Es hat ſich aber gezeigt, daß die Veraͤn- derungen des Seyns uͤberhaupt nicht nur das Uebergehen eines Quantums in ein anderes Quantum, ſondern Ue- bergang vom Qualitativen in das Quantitative, und umgekehrt ſind, ein Andreswerden, das ein Abbrechen des Allmaͤhligen und ein Qualitativ-Anderes gegen das vorhergehende Daſeyn iſt. — So wird das Waſſer durch die Erkaͤltung nicht nach und nach hart, ſo daß es breyartig wuͤrde und allmaͤhlig bis zur Conſiſtenz des Eiſes ſich verhaͤrtete, ſondern es iſt auf einmal hart; ſchon wenn es die ganze Temperatur des Eispunktes hat, aber ruhig ſteht, hat es noch ſeine ganze Fluͤſſigkeit, und eine geringe Erſchuͤtterung bringt es in den Zuſtand der Haͤrte. — Bey der Allmaͤhligkeit des Entſtehens liegt die Vorſtellung zu Grunde, daß das Entſtehende ſchon ſinnlich oder uͤberhaupt wirklich vorhanden, nur wegen ſeiner Kleinheit noch nicht wahrnehmbar, ſo wie bey der Allmaͤhligkeit des Verſchwindens, daß das Nichtſeyn oder das Andre an ſeine Stelle tretende gleichfalls vor- handen, nur noch nicht bemerkbar ſey; — und zwar vorhanden nicht in dem Sinne, daß das Andre in dem vorhandenen Andern an ſich enthalten, ſondern daß es als Daſeyn, nur unbemerkbar vorhanden ſey. Es wird
damit
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Das Maaß.
Punkte mit einemmahle unterbrochen und gehemmt, und
der Eintritt eines andern Zuſtandes iſt ein Sprung. —
Alle Geburt und Tod, ſind ſtatt eine fortgeſetzte All-
maͤhligkeit zu ſeyn, vielmehr ein abſolutes Abbrechen
derſelben, und der Sprung aus dem Quantitativen in
das Qualitative.
Es gibt keinen Sprung in der Natur;
und die gewoͤhnliche Vorſtellung, wenn ſie ein Ent-
ſtehen oder Vergehen begreifen ſoll, meynt, wie
bereits erinnert, es damit begriffen zu haben, daß ſie
es als ein allmaͤhliges Hervorgehen oder Verſchwin-
den vorſtellt. Es hat ſich aber gezeigt, daß die Veraͤn-
derungen des Seyns uͤberhaupt nicht nur das Uebergehen
eines Quantums in ein anderes Quantum, ſondern Ue-
bergang vom Qualitativen in das Quantitative, und
umgekehrt ſind, ein Andreswerden, das ein Abbrechen
des Allmaͤhligen und ein Qualitativ-Anderes gegen das
vorhergehende Daſeyn iſt. — So wird das Waſſer
durch die Erkaͤltung nicht nach und nach hart, ſo daß es
breyartig wuͤrde und allmaͤhlig bis zur Conſiſtenz des
Eiſes ſich verhaͤrtete, ſondern es iſt auf einmal hart;
ſchon wenn es die ganze Temperatur des Eispunktes hat,
aber ruhig ſteht, hat es noch ſeine ganze Fluͤſſigkeit, und
eine geringe Erſchuͤtterung bringt es in den Zuſtand der
Haͤrte. — Bey der Allmaͤhligkeit des Entſtehens liegt
die Vorſtellung zu Grunde, daß das Entſtehende ſchon
ſinnlich oder uͤberhaupt wirklich vorhanden, nur wegen
ſeiner Kleinheit noch nicht wahrnehmbar, ſo wie bey
der Allmaͤhligkeit des Verſchwindens, daß das Nichtſeyn
oder das Andre an ſeine Stelle tretende gleichfalls vor-
handen, nur noch nicht bemerkbar ſey; — und zwar
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/361>, abgerufen am 16.02.2025.
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