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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.

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Erstes Buch. III. Abschnitt.
somit durch einen Sprung ein specifisches Verhältniß
ein.

In chemischen Verbindungen kommen al-
lenthalben bey der progressiven Aenderung der Mischungs-
verhältnisse, solche qualitative Knoten und Sprünge vor,
daß zwey Stoffe auf besondern Punkten der Mischungs-
scale, Producte von besondern Qualitäten bilden. Die-
se Producte unterscheiden sich nicht bloß durch ein Mehr
und Weniger von einander, noch sind sie mit den Ver-
hältnissen, die jenen Knotenverhältnissen nahe liegen,
schon vorhanden, etwa nur in einem schwächern Grade,
sondern sie sind an solche Punkte selbst gebunden. Z. B.
die Verbindungen von Sauerstoff und Stikstoff geben die
verschiedenen Stikstoffoxide und Salpetersäuren, die nur
an bestimmten Quantitäts-Verhältnissen der Mischung
hervortreten und wesentlich verschiedene Qualitäten ha-
ben, so daß in dazwischen liegende Mischungsverhältnisse
keine Verbindungen und specifische Existenzen erfolgen. --
Die Metalloxide, z. B. die Bleyoxide bilden sich auf
gewissen quantitativen Punkten der Oxidation, und un-
terscheiden sich durch Farben und andere Qualitäten.
Sie gehen nicht allmählig in einander über, sondern die
zwischen jenen Knoten liegende Verhältnisse kommen nicht
als ein specifisches Daseyn vor, sie vermögen kein Pro-
dukt zu bilden. Ohne durch Zwischenverhältnisse durch-
gegangen zu seyn, tritt eine specifische Verbindung auf,
die auf einem Maaßverhältnisse beruht, und eigene Qua-
litäten hat. -- Oder das Wasser, indem es seine
Temperatur ändert, wird damit nicht blos mehr oder
weniger warm, sondern geht durch die Zustände der Här-
te, der tropfbaren Flüssigkeit und der elastischen Flüssig-
keit hindurch; diese verschiedenen Zustände treten nicht
allmählig ein, sondern eben das bloß allmählige Fort-
gehen der Temperatur-Aenderung wird durch diese

Punkte

Erſtes Buch. III. Abſchnitt.
ſomit durch einen Sprung ein ſpecifiſches Verhaͤltniß
ein.

In chemiſchen Verbindungen kommen al-
lenthalben bey der progreſſiven Aenderung der Miſchungs-
verhaͤltniſſe, ſolche qualitative Knoten und Spruͤnge vor,
daß zwey Stoffe auf beſondern Punkten der Miſchungs-
ſcale, Producte von beſondern Qualitaͤten bilden. Die-
ſe Producte unterſcheiden ſich nicht bloß durch ein Mehr
und Weniger von einander, noch ſind ſie mit den Ver-
haͤltniſſen, die jenen Knotenverhaͤltniſſen nahe liegen,
ſchon vorhanden, etwa nur in einem ſchwaͤchern Grade,
ſondern ſie ſind an ſolche Punkte ſelbſt gebunden. Z. B.
die Verbindungen von Sauerſtoff und Stikſtoff geben die
verſchiedenen Stikſtoffoxide und Salpeterſaͤuren, die nur
an beſtimmten Quantitaͤts-Verhaͤltniſſen der Miſchung
hervortreten und weſentlich verſchiedene Qualitaͤten ha-
ben, ſo daß in dazwiſchen liegende Miſchungsverhaͤltniſſe
keine Verbindungen und ſpecifiſche Exiſtenzen erfolgen. —
Die Metalloxide, z. B. die Bleyoxide bilden ſich auf
gewiſſen quantitativen Punkten der Oxidation, und un-
terſcheiden ſich durch Farben und andere Qualitaͤten.
Sie gehen nicht allmaͤhlig in einander uͤber, ſondern die
zwiſchen jenen Knoten liegende Verhaͤltniſſe kommen nicht
als ein ſpecifiſches Daſeyn vor, ſie vermoͤgen kein Pro-
dukt zu bilden. Ohne durch Zwiſchenverhaͤltniſſe durch-
gegangen zu ſeyn, tritt eine ſpecifiſche Verbindung auf,
die auf einem Maaßverhaͤltniſſe beruht, und eigene Qua-
litaͤten hat. — Oder das Waſſer, indem es ſeine
Temperatur aͤndert, wird damit nicht blos mehr oder
weniger warm, ſondern geht durch die Zuſtaͤnde der Haͤr-
te, der tropfbaren Fluͤſſigkeit und der elaſtiſchen Fluͤſſig-
keit hindurch; dieſe verſchiedenen Zuſtaͤnde treten nicht
allmaͤhlig ein, ſondern eben das bloß allmaͤhlige Fort-
gehen der Temperatur-Aenderung wird durch dieſe

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[312/0360] Erſtes Buch. III. Abſchnitt. ſomit durch einen Sprung ein ſpecifiſches Verhaͤltniß ein. In chemiſchen Verbindungen kommen al- lenthalben bey der progreſſiven Aenderung der Miſchungs- verhaͤltniſſe, ſolche qualitative Knoten und Spruͤnge vor, daß zwey Stoffe auf beſondern Punkten der Miſchungs- ſcale, Producte von beſondern Qualitaͤten bilden. Die- ſe Producte unterſcheiden ſich nicht bloß durch ein Mehr und Weniger von einander, noch ſind ſie mit den Ver- haͤltniſſen, die jenen Knotenverhaͤltniſſen nahe liegen, ſchon vorhanden, etwa nur in einem ſchwaͤchern Grade, ſondern ſie ſind an ſolche Punkte ſelbſt gebunden. Z. B. die Verbindungen von Sauerſtoff und Stikſtoff geben die verſchiedenen Stikſtoffoxide und Salpeterſaͤuren, die nur an beſtimmten Quantitaͤts-Verhaͤltniſſen der Miſchung hervortreten und weſentlich verſchiedene Qualitaͤten ha- ben, ſo daß in dazwiſchen liegende Miſchungsverhaͤltniſſe keine Verbindungen und ſpecifiſche Exiſtenzen erfolgen. — Die Metalloxide, z. B. die Bleyoxide bilden ſich auf gewiſſen quantitativen Punkten der Oxidation, und un- terſcheiden ſich durch Farben und andere Qualitaͤten. Sie gehen nicht allmaͤhlig in einander uͤber, ſondern die zwiſchen jenen Knoten liegende Verhaͤltniſſe kommen nicht als ein ſpecifiſches Daſeyn vor, ſie vermoͤgen kein Pro- dukt zu bilden. Ohne durch Zwiſchenverhaͤltniſſe durch- gegangen zu ſeyn, tritt eine ſpecifiſche Verbindung auf, die auf einem Maaßverhaͤltniſſe beruht, und eigene Qua- litaͤten hat. — Oder das Waſſer, indem es ſeine Temperatur aͤndert, wird damit nicht blos mehr oder weniger warm, ſondern geht durch die Zuſtaͤnde der Haͤr- te, der tropfbaren Fluͤſſigkeit und der elaſtiſchen Fluͤſſig- keit hindurch; dieſe verſchiedenen Zuſtaͤnde treten nicht allmaͤhlig ein, ſondern eben das bloß allmaͤhlige Fort- gehen der Temperatur-Aenderung wird durch dieſe Punkte

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/360>, abgerufen am 24.11.2024.