Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.Erstes Buch. II. Abschnitt. "das Individuum auf sein unsichtbares Ich zurück- Ich in dieser Einsamkeit mit sich ist zwar das er- Kant fügt diesen beyden Erhabenheiten die Bemer- Als
Erſtes Buch. II. Abſchnitt. „das Individuum auf ſein unſichtbares Ich zuruͤck- Ich in dieſer Einſamkeit mit ſich iſt zwar das er- Kant fuͤgt dieſen beyden Erhabenheiten die Bemer- Als
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <pb facs="#f0238" n="190"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erſtes Buch</hi>. <hi rendition="#aq">II</hi>. <hi rendition="#g">Abſchnitt</hi>.</fw><lb/> <p>„das Individuum auf ſein unſichtbares Ich zuruͤck-<lb/> „geht, und die abſolute Freyheit ſeines Willens als ein<lb/> „reines Ich allen Schrecken des Schickſals und der Ty-<lb/> „ranney entgegenſtellt, von ſeinen naͤchſten Umgebungen<lb/> „anfangend, ſie fuͤr ſich verſchwinden, eben ſo das, was<lb/> „als dauernd erſcheint, Welten uͤber Welten in Truͤm-<lb/> „mer zuſammenſtuͤrzen laͤßt, und einſam <hi rendition="#g">ſich als ſich</hi><lb/> „<hi rendition="#g">ſelbſt gleich</hi> erkennt.“</p><lb/> <p>Ich in dieſer Einſamkeit mit ſich iſt zwar das er-<lb/> reichte Jenſeits; im reinen Selbſtbewußtſeyn iſt die ab-<lb/> ſolute Negativitaͤt zur Gegenwart gebracht und bey ſich<lb/> ſelbſt, welche in jenem Fortgehen uͤber das ſinnliche<lb/> Quantum, nur flieht. Aber indem diß reine Ich in ſei-<lb/> ner Abſtraction und Inhaltsloſigkeit ſich fixirt, hat es<lb/> das Daſeyn uͤberhaupt, die Fuͤlle des natuͤrlichen und<lb/> geiſtigen Univerſums als ein Jenſeits ſich gegenuͤber.<lb/> Es ſtellt ſich derſelbe Widerſpruch dar, der dem unendli-<lb/> chen Progreſſe zu Grunde liegt; nemlich ein Zuruͤckge-<lb/> kehrtſeyn in ſich, das unmittelbar zugleich Auſſerſichſeyn,<lb/> Beziehung auf ſein Anderes als auf ſein Nichtſeyn, iſt.<lb/> Welche Beziehung eine Sehnſucht bleibt, weil Ich ſich<lb/> ſeine Leere einerſeits, und die Fuͤlle als ſein Jenſeits<lb/> fixirt hat.</p><lb/> <p>Kant fuͤgt dieſen beyden Erhabenheiten die Bemer-<lb/> kung bey, „daß Bewunderung (fuͤr die erſtere, aͤuſſerli-<lb/> „che) und Achtung (fuͤr die zweyte, innerliche) Erhaben-<lb/> „heit, zwar zur <hi rendition="#g">Nachforſchung reitzen</hi>, aber den<lb/> „<hi rendition="#g">Mangel</hi> derſelben nicht erſetzen koͤnnen.“ — Er er-<lb/> klaͤrt damit jene Erhebungen als unbefriedigend fuͤr die<lb/> Vernunft, welche bey ihnen und den damit verbundenen<lb/> Empfindungen nicht ſtehen bleiben, und das Jenſeits und<lb/> das Leere nicht fuͤr das Letzte gelten laſſen kann.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Als</fw><lb/> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [190/0238]
Erſtes Buch. II. Abſchnitt.
„das Individuum auf ſein unſichtbares Ich zuruͤck-
„geht, und die abſolute Freyheit ſeines Willens als ein
„reines Ich allen Schrecken des Schickſals und der Ty-
„ranney entgegenſtellt, von ſeinen naͤchſten Umgebungen
„anfangend, ſie fuͤr ſich verſchwinden, eben ſo das, was
„als dauernd erſcheint, Welten uͤber Welten in Truͤm-
„mer zuſammenſtuͤrzen laͤßt, und einſam ſich als ſich
„ſelbſt gleich erkennt.“
Ich in dieſer Einſamkeit mit ſich iſt zwar das er-
reichte Jenſeits; im reinen Selbſtbewußtſeyn iſt die ab-
ſolute Negativitaͤt zur Gegenwart gebracht und bey ſich
ſelbſt, welche in jenem Fortgehen uͤber das ſinnliche
Quantum, nur flieht. Aber indem diß reine Ich in ſei-
ner Abſtraction und Inhaltsloſigkeit ſich fixirt, hat es
das Daſeyn uͤberhaupt, die Fuͤlle des natuͤrlichen und
geiſtigen Univerſums als ein Jenſeits ſich gegenuͤber.
Es ſtellt ſich derſelbe Widerſpruch dar, der dem unendli-
chen Progreſſe zu Grunde liegt; nemlich ein Zuruͤckge-
kehrtſeyn in ſich, das unmittelbar zugleich Auſſerſichſeyn,
Beziehung auf ſein Anderes als auf ſein Nichtſeyn, iſt.
Welche Beziehung eine Sehnſucht bleibt, weil Ich ſich
ſeine Leere einerſeits, und die Fuͤlle als ſein Jenſeits
fixirt hat.
Kant fuͤgt dieſen beyden Erhabenheiten die Bemer-
kung bey, „daß Bewunderung (fuͤr die erſtere, aͤuſſerli-
„che) und Achtung (fuͤr die zweyte, innerliche) Erhaben-
„heit, zwar zur Nachforſchung reitzen, aber den
„Mangel derſelben nicht erſetzen koͤnnen.“ — Er er-
klaͤrt damit jene Erhebungen als unbefriedigend fuͤr die
Vernunft, welche bey ihnen und den damit verbundenen
Empfindungen nicht ſtehen bleiben, und das Jenſeits und
das Leere nicht fuͤr das Letzte gelten laſſen kann.
Als
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |