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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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Erstes Buch. §. 25.
Succession in die Rechte und Pflichten des erloschenen Staates Platz
greife. Man hat dabei gestritten ob die Succession eine universale
oder eine pärticuläre sei 1 und so Begriffe des Privatrechts in das
öffentliche Recht übergetragen, deren Anwendung die einfache Er-
kenntniß des Princips nur stören kann.

Als Regel für den Fall einer gänzlichen Extinction muß ohne
Zweifel gelten:
daß alle öffentlichen Rechtsverhältnisse der vormaligen Staats-
genossenschaft, da sie eben nur für diesen begründet waren, als
erloschen anzusehen sind, so weit nicht ihre Fortdauer auch in
dem neuen Zustande der Dinge möglich und vorbedungen ist;
daß dagegen alle aus dem vormaligen Staatsverhältniß her-
rührenden Privatrechte der Einzelnen (iura et obligationes
singulorum privatae
) mit Einschluß der subsidiarischen Ver-
pflichtungen der Einzelnen für den Staat, 2 sie ruhen auf Per-
sonen oder Sachen, als noch fortbestehend geachtet werden müs-
sen, wenn sie nur irgendwo einen Gegenstand oder Raum zur
Realisirung haben.

Denn einmal entstandene, auf keine Zeit beschränkte Rechte sind als
zeitlose immer dauernd, so lange die Subjecte und Sachen existi-
ren, unter denen oder hinsichtlich derer sie Statt finden.

Ganz dasselbe ist in Hinsicht auf Privatrechte bei theilweiser Ver-
nichtung eines bisherigen Staatsverbandes zu behaupten; was aber
die öffentlichen Rechtsverhältnisse der Staatsglieder betrifft, so müs-
sen sich dieselben denjenigen Veränderungen unterwerfen, welche durch
den nunmehrigen Zustand der Dinge nöthig werden, 3 oder welche,
wenn die Veränderung im Wege des Krieges ohne sichernde Stipula-
tionen eingetreten ist, der Sieger damit vorzunehmen für gut findet.

Vermögensrechte und Verpflichtungen eines ganzen aufgelöseten
Staates werden ihm auch noch in seinem neuen Zustande verblei-
ben, nur die Verwaltung wird geändert; 4 bei Theilungen werden

1 M. s. z. B. Klock, Consil. Vol. III, 152, n. 28. v. Cramer Wtzl.
Nbst. 110, S. 233.
2 Z. B. also auch der Staatsschulden, welche den Einzelnen zur Last fallen.
3 Daher z. B. die Bestimmung des Reichs-Deputations-Hauptschlusses von
1803 §. 3. g. E. wegen der landständischen Verfassungen im vormaligen
Fürstenthum Münster.
4 In so fern sagt man, der Fiscus des neuen Staates succedire universell

Erſtes Buch. §. 25.
Succeſſion in die Rechte und Pflichten des erloſchenen Staates Platz
greife. Man hat dabei geſtritten ob die Succeſſion eine univerſale
oder eine pärticuläre ſei 1 und ſo Begriffe des Privatrechts in das
öffentliche Recht übergetragen, deren Anwendung die einfache Er-
kenntniß des Princips nur ſtören kann.

Als Regel für den Fall einer gänzlichen Extinction muß ohne
Zweifel gelten:
daß alle öffentlichen Rechtsverhältniſſe der vormaligen Staats-
genoſſenſchaft, da ſie eben nur für dieſen begründet waren, als
erloſchen anzuſehen ſind, ſo weit nicht ihre Fortdauer auch in
dem neuen Zuſtande der Dinge möglich und vorbedungen iſt;
daß dagegen alle aus dem vormaligen Staatsverhältniß her-
rührenden Privatrechte der Einzelnen (iura et obligationes
singulorum privatae
) mit Einſchluß der ſubſidiariſchen Ver-
pflichtungen der Einzelnen für den Staat, 2 ſie ruhen auf Per-
ſonen oder Sachen, als noch fortbeſtehend geachtet werden müſ-
ſen, wenn ſie nur irgendwo einen Gegenſtand oder Raum zur
Realiſirung haben.

Denn einmal entſtandene, auf keine Zeit beſchränkte Rechte ſind als
zeitloſe immer dauernd, ſo lange die Subjecte und Sachen exiſti-
ren, unter denen oder hinſichtlich derer ſie Statt finden.

Ganz daſſelbe iſt in Hinſicht auf Privatrechte bei theilweiſer Ver-
nichtung eines bisherigen Staatsverbandes zu behaupten; was aber
die öffentlichen Rechtsverhältniſſe der Staatsglieder betrifft, ſo müſ-
ſen ſich dieſelben denjenigen Veränderungen unterwerfen, welche durch
den nunmehrigen Zuſtand der Dinge nöthig werden, 3 oder welche,
wenn die Veränderung im Wege des Krieges ohne ſichernde Stipula-
tionen eingetreten iſt, der Sieger damit vorzunehmen für gut findet.

Vermögensrechte und Verpflichtungen eines ganzen aufgelöſeten
Staates werden ihm auch noch in ſeinem neuen Zuſtande verblei-
ben, nur die Verwaltung wird geändert; 4 bei Theilungen werden

1 M. ſ. z. B. Klock, Consil. Vol. III, 152, n. 28. v. Cramer Wtzl.
Nbſt. 110, S. 233.
2 Z. B. alſo auch der Staatsſchulden, welche den Einzelnen zur Laſt fallen.
3 Daher z. B. die Beſtimmung des Reichs-Deputations-Hauptſchluſſes von
1803 §. 3. g. E. wegen der landſtändiſchen Verfaſſungen im vormaligen
Fürſtenthum Münſter.
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[42/0066] Erſtes Buch. §. 25. Succeſſion in die Rechte und Pflichten des erloſchenen Staates Platz greife. Man hat dabei geſtritten ob die Succeſſion eine univerſale oder eine pärticuläre ſei 1 und ſo Begriffe des Privatrechts in das öffentliche Recht übergetragen, deren Anwendung die einfache Er- kenntniß des Princips nur ſtören kann. Als Regel für den Fall einer gänzlichen Extinction muß ohne Zweifel gelten: daß alle öffentlichen Rechtsverhältniſſe der vormaligen Staats- genoſſenſchaft, da ſie eben nur für dieſen begründet waren, als erloſchen anzuſehen ſind, ſo weit nicht ihre Fortdauer auch in dem neuen Zuſtande der Dinge möglich und vorbedungen iſt; daß dagegen alle aus dem vormaligen Staatsverhältniß her- rührenden Privatrechte der Einzelnen (iura et obligationes singulorum privatae) mit Einſchluß der ſubſidiariſchen Ver- pflichtungen der Einzelnen für den Staat, 2 ſie ruhen auf Per- ſonen oder Sachen, als noch fortbeſtehend geachtet werden müſ- ſen, wenn ſie nur irgendwo einen Gegenſtand oder Raum zur Realiſirung haben. Denn einmal entſtandene, auf keine Zeit beſchränkte Rechte ſind als zeitloſe immer dauernd, ſo lange die Subjecte und Sachen exiſti- ren, unter denen oder hinſichtlich derer ſie Statt finden. Ganz daſſelbe iſt in Hinſicht auf Privatrechte bei theilweiſer Ver- nichtung eines bisherigen Staatsverbandes zu behaupten; was aber die öffentlichen Rechtsverhältniſſe der Staatsglieder betrifft, ſo müſ- ſen ſich dieſelben denjenigen Veränderungen unterwerfen, welche durch den nunmehrigen Zuſtand der Dinge nöthig werden, 3 oder welche, wenn die Veränderung im Wege des Krieges ohne ſichernde Stipula- tionen eingetreten iſt, der Sieger damit vorzunehmen für gut findet. Vermögensrechte und Verpflichtungen eines ganzen aufgelöſeten Staates werden ihm auch noch in ſeinem neuen Zuſtande verblei- ben, nur die Verwaltung wird geändert; 4 bei Theilungen werden 1 M. ſ. z. B. Klock, Consil. Vol. III, 152, n. 28. v. Cramer Wtzl. Nbſt. 110, S. 233. 2 Z. B. alſo auch der Staatsſchulden, welche den Einzelnen zur Laſt fallen. 3 Daher z. B. die Beſtimmung des Reichs-Deputations-Hauptſchluſſes von 1803 §. 3. g. E. wegen der landſtändiſchen Verfaſſungen im vormaligen Fürſtenthum Münſter. 4 In ſo fern ſagt man, der Fiscus des neuen Staates ſuccedire univerſell

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/66>, abgerufen am 23.11.2024.