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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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§. 220. Die Formen des völkerrechtlichen Verkehres.
ten gleicher Classe jederzeit den Vorrang. Nur Gesandte er-
ster Classe enthalten sich dasselbe in Betreff der übrigen Clas-
sen zu thun.
Besondere Vorrechte der Gesandten erster Classe.

220. Specielle Ehrenrechte hat man in der neueren europäi-
schen Staatspraxis allezeit den Gesandten erster Classe zugestan-
den, indem man ihnen vorzugsweise eine Repräsentation der Person
ihrer Souveräne zuschrieb. Kraft derselben haben sie an dem frem-
den Hofe wohl gar den unmittelbaren Rang nach den Prinzen von
kaiserlichem oder königlichem Geblüt verlangt, desgleichen vor den
regierenden Häuptern selbst, falls ihr eigener Souverän denselben
vorgehen würde. Dieser Anspruch ist ohne zureichenden Grund,
da, wie schon bemerkt ward, die s. g. rein persönliche Repräsentation
der Gesandten erster Classe eine bloße Fiction ohne innere Wahr-
heit ist. Der Vertreter einer Person ist niemals die physische Person
selbst; ebenso wenig kann ein Souverän sich vervielfältigen und
das was an seiner Person ausschließlich haftet, selbst noch anderen
mittheilen. 1 Auch der Gesandte erster Classe ist daher im frem-
den Staate nichts als ein fremder Unterthan ersten Ranges, anderen
Unterthanen selbst nur als Organ seines Staates voranstehend, da-
durch aber nicht berechtigt, den eigenen höchsten Organen der frem-
den Staatsgewalt vorzugehen.

Anerkannte Vorrechte der Gesandten erster Classe sind indeß:

a. der Titel: "Excellenz", dessen sich nur der auswärtige Sou-
verän selbst nicht zu bedienen braucht;
b. das Recht eines Thronhimmels in ihrem Empfangsaal;
c. das Recht sich in Gegenwart des fremden Souveräns zu
bedecken, nachdem dieser selbst damit vorangegangen ist; 2
d. das Recht mit sechs Pferden und mit Staatsquasten zu fah-
ren; sonst auch gewöhnlich
e. ein besonders feierlicher Empfang. 3

Daß man den päpstlichen Legaten und Nuntien, wenigstens an ka-
tholischen Höfen, den Vorrang vor weltlichen Gesandten erster Classe

1 Vgl. Heinrich Cocceji de repraesentatione legator, und Commentar. zu
Groot II, 18, 4.
2 S. Wicquefort I, c. 19. p. 229. u. Ward Enquiry II, 563. 602. Note.
3 Selbst Kanonengruß. Moser Beitr. III, 187.
§. 220. Die Formen des voͤlkerrechtlichen Verkehres.
ten gleicher Claſſe jederzeit den Vorrang. Nur Geſandte er-
ſter Claſſe enthalten ſich daſſelbe in Betreff der übrigen Claſ-
ſen zu thun.
Beſondere Vorrechte der Geſandten erſter Claſſe.

220. Specielle Ehrenrechte hat man in der neueren europäi-
ſchen Staatspraxis allezeit den Geſandten erſter Claſſe zugeſtan-
den, indem man ihnen vorzugsweiſe eine Repräſentation der Perſon
ihrer Souveräne zuſchrieb. Kraft derſelben haben ſie an dem frem-
den Hofe wohl gar den unmittelbaren Rang nach den Prinzen von
kaiſerlichem oder königlichem Geblüt verlangt, desgleichen vor den
regierenden Häuptern ſelbſt, falls ihr eigener Souverän denſelben
vorgehen würde. Dieſer Anſpruch iſt ohne zureichenden Grund,
da, wie ſchon bemerkt ward, die ſ. g. rein perſönliche Repräſentation
der Geſandten erſter Claſſe eine bloße Fiction ohne innere Wahr-
heit iſt. Der Vertreter einer Perſon iſt niemals die phyſiſche Perſon
ſelbſt; ebenſo wenig kann ein Souverän ſich vervielfältigen und
das was an ſeiner Perſon ausſchließlich haftet, ſelbſt noch anderen
mittheilen. 1 Auch der Geſandte erſter Claſſe iſt daher im frem-
den Staate nichts als ein fremder Unterthan erſten Ranges, anderen
Unterthanen ſelbſt nur als Organ ſeines Staates voranſtehend, da-
durch aber nicht berechtigt, den eigenen höchſten Organen der frem-
den Staatsgewalt vorzugehen.

Anerkannte Vorrechte der Geſandten erſter Claſſe ſind indeß:

a. der Titel: „Excellenz“, deſſen ſich nur der auswärtige Sou-
verän ſelbſt nicht zu bedienen braucht;
b. das Recht eines Thronhimmels in ihrem Empfangſaal;
c. das Recht ſich in Gegenwart des fremden Souveräns zu
bedecken, nachdem dieſer ſelbſt damit vorangegangen iſt; 2
d. das Recht mit ſechs Pferden und mit Staatsquaſten zu fah-
ren; ſonſt auch gewöhnlich
e. ein beſonders feierlicher Empfang. 3

Daß man den päpſtlichen Legaten und Nuntien, wenigſtens an ka-
tholiſchen Höfen, den Vorrang vor weltlichen Geſandten erſter Claſſe

1 Vgl. Heinrich Cocceji de repraesentatione legator, und Commentar. zu
Groot II, 18, 4.
2 S. Wicquefort I, c. 19. p. 229. u. Ward Enquiry II, 563. 602. Note.
3 Selbſt Kanonengruß. Moſer Beitr. III, 187.
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[359/0383] §. 220. Die Formen des voͤlkerrechtlichen Verkehres. ten gleicher Claſſe jederzeit den Vorrang. Nur Geſandte er- ſter Claſſe enthalten ſich daſſelbe in Betreff der übrigen Claſ- ſen zu thun. Beſondere Vorrechte der Geſandten erſter Claſſe. 220. Specielle Ehrenrechte hat man in der neueren europäi- ſchen Staatspraxis allezeit den Geſandten erſter Claſſe zugeſtan- den, indem man ihnen vorzugsweiſe eine Repräſentation der Perſon ihrer Souveräne zuſchrieb. Kraft derſelben haben ſie an dem frem- den Hofe wohl gar den unmittelbaren Rang nach den Prinzen von kaiſerlichem oder königlichem Geblüt verlangt, desgleichen vor den regierenden Häuptern ſelbſt, falls ihr eigener Souverän denſelben vorgehen würde. Dieſer Anſpruch iſt ohne zureichenden Grund, da, wie ſchon bemerkt ward, die ſ. g. rein perſönliche Repräſentation der Geſandten erſter Claſſe eine bloße Fiction ohne innere Wahr- heit iſt. Der Vertreter einer Perſon iſt niemals die phyſiſche Perſon ſelbſt; ebenſo wenig kann ein Souverän ſich vervielfältigen und das was an ſeiner Perſon ausſchließlich haftet, ſelbſt noch anderen mittheilen. 1 Auch der Geſandte erſter Claſſe iſt daher im frem- den Staate nichts als ein fremder Unterthan erſten Ranges, anderen Unterthanen ſelbſt nur als Organ ſeines Staates voranſtehend, da- durch aber nicht berechtigt, den eigenen höchſten Organen der frem- den Staatsgewalt vorzugehen. Anerkannte Vorrechte der Geſandten erſter Claſſe ſind indeß: a. der Titel: „Excellenz“, deſſen ſich nur der auswärtige Sou- verän ſelbſt nicht zu bedienen braucht; b. das Recht eines Thronhimmels in ihrem Empfangſaal; c. das Recht ſich in Gegenwart des fremden Souveräns zu bedecken, nachdem dieſer ſelbſt damit vorangegangen iſt; 2 d. das Recht mit ſechs Pferden und mit Staatsquaſten zu fah- ren; ſonſt auch gewöhnlich e. ein beſonders feierlicher Empfang. 3 Daß man den päpſtlichen Legaten und Nuntien, wenigſtens an ka- tholiſchen Höfen, den Vorrang vor weltlichen Geſandten erſter Claſſe 1 Vgl. Heinrich Cocceji de repraesentatione legator, und Commentar. zu Groot II, 18, 4. 2 S. Wicquefort I, c. 19. p. 229. u. Ward Enquiry II, 563. 602. Note. 3 Selbſt Kanonengruß. Moſer Beitr. III, 187.

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/383>, abgerufen am 23.11.2024.