Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.Erstes Buch. §. 102. Sollte ein auswärtiger Souverän in einem fremden Staate wi- Dasselbe gilt von untergeordneten Repräsentanten einer aus- Besteht unter den betheiligten Staaten ein Lehnsverhältniß, so Aus denselben Schriften lassen sich noch andere Beispiele von Verletzungen auswärtiger Gesandten und dafür gegebenen Genugthuungen nachweisen. Vgl. auch Wicquefort, l'Ambassadeur. I, sect. XXVII. In der neue- sten Zeit haben besonders Verletzungen des Völker-Seerechts im gegenseiti- gen Verkehr Anlaß zu Reclamationen und zu Gewährung von Entschädi- gungen gegeben. 1 Die Haupterörterung dieser Frage s. in Bynkershoek de jud. comp. leg. cap. III. Huber, de jure civitatis I, 3, 3, 1. Thomasius, juris- prud. divina. III, 9, 76. Ward, Enquiry II, p. 485. 2 Hierzu bietet die Geschichte der vergangenen Jahrhunderte Beispiele in ziemli- cher Anzahl. S. Wicquefort, l'Ambassadeur I, sect. 27-29. u. Ward. Be- sonders lehrreich sind die Fälle, welche Merlin, Repertoire m. Ministre public, V, §. 4. n. XII. XIII. anführt. Vgl. auch wegen der Angele- genheit des Grafen Ghillenborg und Görtz, und des Grafen Cellamare (1717. 1718.) Ch. de Martens, Causes celebres. I, 75 u. 179. We- gen der Grundsätze im Einzelnen vgl. Bynkershoek l. c. cap. XVII--XX. 3 Thomasius l. c. "illud autem absurdum, quod quidam arbitrantur im-
pune licere legato exequi quidquid sibi a principe est mandatum." etc. Erſtes Buch. §. 102. Sollte ein auswärtiger Souverän in einem fremden Staate wi- Daſſelbe gilt von untergeordneten Repräſentanten einer aus- Beſteht unter den betheiligten Staaten ein Lehnsverhältniß, ſo Aus denſelben Schriften laſſen ſich noch andere Beiſpiele von Verletzungen auswärtiger Geſandten und dafür gegebenen Genugthuungen nachweiſen. Vgl. auch Wicquefort, l’Ambassadeur. I, sect. XXVII. In der neue- ſten Zeit haben beſonders Verletzungen des Völker-Seerechts im gegenſeiti- gen Verkehr Anlaß zu Reclamationen und zu Gewährung von Entſchädi- gungen gegeben. 1 Die Haupterörterung dieſer Frage ſ. in Bynkershoek de jud. comp. leg. cap. III. Huber, de jure civitatis I, 3, 3, 1. Thomasius, juris- prud. divina. III, 9, 76. Ward, Enquiry II, p. 485. 2 Hierzu bietet die Geſchichte der vergangenen Jahrhunderte Beiſpiele in ziemli- cher Anzahl. S. Wicquefort, l’Ambassadeur I, sect. 27-29. u. Ward. Be- ſonders lehrreich ſind die Fälle, welche Merlin, Répertoire m. Ministre public, V, §. 4. n. XII. XIII. anführt. Vgl. auch wegen der Angele- genheit des Grafen Ghillenborg und Görtz, und des Grafen Cellamare (1717. 1718.) Ch. de Martens, Causes célèbres. I, 75 u. 179. We- gen der Grundſätze im Einzelnen vgl. Bynkershoek l. c. cap. XVII—XX. 3 Thomasius l. c. „illud autem absurdum, quod quidam arbitrantur im-
pune licere legato exequi quidquid sibi a principe est mandatum.“ etc. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0204" n="180"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erſtes Buch</hi>. §. 102.</fw><lb/> <p>Sollte ein auswärtiger Souverän in einem fremden Staate wi-<lb/> der dieſen ſelbſt oder die darin geheiligte Rechtsordnung eine Ver-<lb/> letzung unternehmen oder begehen, ſo fällt zwar nach dem Grund-<lb/> ſatz der Exterritorialität (§. 42. 53.) die Ausübung einer förm-<lb/> lichen Strafgerichtsbarkeit weg; wohl aber iſt der angegriffene<lb/> Staat berechtigt, nicht nur der erſt unternommenen aber noch nicht<lb/> ausgeführten Rechtsverletzung mit Gewalt entgegenzutreten, ſondern<lb/> auch, wenn ſie bereits vollendet iſt, ſich der Perſon des Verletzenden<lb/> zu bemächtigen und ſie bis zu erlangter Genugthuung zurückzubehal-<lb/> ten, ja bei einem ſchlechthin feindſeligen Attentat wider die Exiſtenz<lb/> und Integrität des angegriffenen Staates ſogar das Recht des<lb/> Krieges auszuüben! <note place="foot" n="1">Die Haupterörterung dieſer Frage ſ. in <hi rendition="#aq">Bynkershoek de jud. comp.<lb/> leg. cap. III. Huber, de jure civitatis I, 3, 3, 1. Thomasius, juris-<lb/> prud. divina. III, 9, 76. Ward, Enquiry II, p.</hi> 485.</note></p><lb/> <p>Daſſelbe gilt von untergeordneten Repräſentanten einer aus-<lb/> wärtigen Staatsgewalt, ungehindert durch ihren exterritorialen Cha-<lb/> racter, wenn ſie im Gebiet des fremden Staates, wo ſie beglau-<lb/> bigt ſind, ein Verbrechen verüben, <note place="foot" n="2">Hierzu bietet die Geſchichte der vergangenen Jahrhunderte Beiſpiele in ziemli-<lb/> cher Anzahl. S. <hi rendition="#aq">Wicquefort, l’Ambassadeur I, sect.</hi> 27-29. u. <hi rendition="#aq">Ward.</hi> Be-<lb/> ſonders lehrreich ſind die Fälle, welche <hi rendition="#aq">Merlin, Répertoire m. Ministre<lb/> public, V, §. 4. n. XII. XIII.</hi> anführt. Vgl. auch wegen der Angele-<lb/> genheit des Grafen Ghillenborg und Görtz, und des Grafen Cellamare<lb/> (1717. 1718.) <hi rendition="#aq">Ch. de Martens, Causes célèbres. I,</hi> 75 u. 179. We-<lb/> gen der Grundſätze im Einzelnen vgl. <hi rendition="#aq">Bynkershoek l. c. cap. XVII—XX.</hi></note> ſie mögen dieſes nun für ſich<lb/> allein aus eigenem Antrieb oder auf Befehl ihrer Regierung un-<lb/> ternommen haben. <note place="foot" n="3"><hi rendition="#aq">Thomasius l. c. „illud autem absurdum, quod quidam arbitrantur im-<lb/> pune licere legato exequi quidquid sibi a principe est mandatum.“ etc.</hi></note></p><lb/> <p>Beſteht unter den betheiligten Staaten ein Lehnsverhältniß, ſo<lb/> kann überdies die <hi rendition="#g">Feloniefrage</hi> eintreten; im Allgemeinen aber<lb/> hat die Verfeinerung der Sitte und der Einfluß der öffentlichen<lb/><note xml:id="note-0204" prev="#note-0203" place="foot" n="2">Aus denſelben Schriften laſſen ſich noch andere Beiſpiele von Verletzungen<lb/> auswärtiger Geſandten und dafür gegebenen Genugthuungen nachweiſen.<lb/> Vgl. auch <hi rendition="#aq">Wicquefort, l’Ambassadeur. I, sect. XXVII.</hi> In der neue-<lb/> ſten Zeit haben beſonders Verletzungen des Völker-Seerechts im gegenſeiti-<lb/> gen Verkehr Anlaß zu Reclamationen und zu Gewährung von Entſchädi-<lb/> gungen gegeben.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [180/0204]
Erſtes Buch. §. 102.
Sollte ein auswärtiger Souverän in einem fremden Staate wi-
der dieſen ſelbſt oder die darin geheiligte Rechtsordnung eine Ver-
letzung unternehmen oder begehen, ſo fällt zwar nach dem Grund-
ſatz der Exterritorialität (§. 42. 53.) die Ausübung einer förm-
lichen Strafgerichtsbarkeit weg; wohl aber iſt der angegriffene
Staat berechtigt, nicht nur der erſt unternommenen aber noch nicht
ausgeführten Rechtsverletzung mit Gewalt entgegenzutreten, ſondern
auch, wenn ſie bereits vollendet iſt, ſich der Perſon des Verletzenden
zu bemächtigen und ſie bis zu erlangter Genugthuung zurückzubehal-
ten, ja bei einem ſchlechthin feindſeligen Attentat wider die Exiſtenz
und Integrität des angegriffenen Staates ſogar das Recht des
Krieges auszuüben! 1
Daſſelbe gilt von untergeordneten Repräſentanten einer aus-
wärtigen Staatsgewalt, ungehindert durch ihren exterritorialen Cha-
racter, wenn ſie im Gebiet des fremden Staates, wo ſie beglau-
bigt ſind, ein Verbrechen verüben, 2 ſie mögen dieſes nun für ſich
allein aus eigenem Antrieb oder auf Befehl ihrer Regierung un-
ternommen haben. 3
Beſteht unter den betheiligten Staaten ein Lehnsverhältniß, ſo
kann überdies die Feloniefrage eintreten; im Allgemeinen aber
hat die Verfeinerung der Sitte und der Einfluß der öffentlichen
2
1 Die Haupterörterung dieſer Frage ſ. in Bynkershoek de jud. comp.
leg. cap. III. Huber, de jure civitatis I, 3, 3, 1. Thomasius, juris-
prud. divina. III, 9, 76. Ward, Enquiry II, p. 485.
2 Hierzu bietet die Geſchichte der vergangenen Jahrhunderte Beiſpiele in ziemli-
cher Anzahl. S. Wicquefort, l’Ambassadeur I, sect. 27-29. u. Ward. Be-
ſonders lehrreich ſind die Fälle, welche Merlin, Répertoire m. Ministre
public, V, §. 4. n. XII. XIII. anführt. Vgl. auch wegen der Angele-
genheit des Grafen Ghillenborg und Görtz, und des Grafen Cellamare
(1717. 1718.) Ch. de Martens, Causes célèbres. I, 75 u. 179. We-
gen der Grundſätze im Einzelnen vgl. Bynkershoek l. c. cap. XVII—XX.
3 Thomasius l. c. „illud autem absurdum, quod quidam arbitrantur im-
pune licere legato exequi quidquid sibi a principe est mandatum.“ etc.
2 Aus denſelben Schriften laſſen ſich noch andere Beiſpiele von Verletzungen
auswärtiger Geſandten und dafür gegebenen Genugthuungen nachweiſen.
Vgl. auch Wicquefort, l’Ambassadeur. I, sect. XXVII. In der neue-
ſten Zeit haben beſonders Verletzungen des Völker-Seerechts im gegenſeiti-
gen Verkehr Anlaß zu Reclamationen und zu Gewährung von Entſchädi-
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