tischen Geschichte der Reformation ankommt, sind daher folgende: a. wie und warum thaten dieß die Fürsten, und welche? b. Wie und in wie fern ver- banden sich diese zu einer Parthey, die Gegenparthey des Kaysers ward? c. Welches waren die Absichten des Kaysers, indem er ihnen entgegenarbeitete, und welches seine Schritte? Endlich d. wie kam es zu- letzt zum förmlichen Bruche zwischen beyden, und wie ward die endliche Entwickelung herheygeführt? -- Es liegt am Tage, daß diese Fragen sich nicht ohne eine anschauliche Kenntniß des damaligen politischen Zustandes von Deutschland beantworten lassen.
Die größte innere Verschiedenheit des damaligen von dem spätern lag in dem so ganz andern Verhältniß der Macht der Städte gegen die Macht der Für- sten; indem a. die Zahl sowohl der ganz als halb freyen Städte in Süd- und Nord-Deutschland um so viel grö- ßer; b. ihr innerer Reichthum und durch diesen ihr politischer Einfluß um so viel beträchtlicher war. c. Dieser letztere aber noch mehr durch ihre Bündnisse, nicht nur der Han- se im Norden, sondern auch besonders des Schwäbischen Bundes im Süden gewachsen war. Und d. ihre Bürger- miliz und Söldner von hoher Bedeutung seyn konnten, so lange es noch fast gar keine stehende Truppen gab. Dagegen war nicht nur eben deßhalb die Macht der Fürsten geringer, sondern drohte auch durch die, noch immer Sitte bleibenden, Theilun- gen, weiter abzunehmen. Die wichtigsten Churfürstli- chen und Fürstlichen Häuser beym Anfange der Re- formation waren:
a.Das Sächsische. Getheilt in die ältere Chur- fürstliche oder Ernestinische, und die jüngere herzogliche oder Albertinische Linie. Die erste, unter Churfürst Frie-
derich
I. Per. I Th. Geſch. d. ſuͤdl. Eur. Staatenſyſt.
tiſchen Geſchichte der Reformation ankommt, ſind daher folgende: a. wie und warum thaten dieß die Fuͤrſten, und welche? b. Wie und in wie fern ver- banden ſich dieſe zu einer Parthey, die Gegenparthey des Kayſers ward? c. Welches waren die Abſichten des Kayſers, indem er ihnen entgegenarbeitete, und welches ſeine Schritte? Endlich d. wie kam es zu- letzt zum foͤrmlichen Bruche zwiſchen beyden, und wie ward die endliche Entwickelung herheygefuͤhrt? — Es liegt am Tage, daß dieſe Fragen ſich nicht ohne eine anſchauliche Kenntniß des damaligen politiſchen Zuſtandes von Deutſchland beantworten laſſen.
Die groͤßte innere Verſchiedenheit des damaligen von dem ſpaͤtern lag in dem ſo ganz andern Verhaͤltniß der Macht der Staͤdte gegen die Macht der Fuͤr- ſten; indem a. die Zahl ſowohl der ganz als halb freyen Staͤdte in Suͤd- und Nord-Deutſchland um ſo viel groͤ- ßer; b. ihr innerer Reichthum und durch dieſen ihr politiſcher Einfluß um ſo viel betraͤchtlicher war. c. Dieſer letztere aber noch mehr durch ihre Buͤndniſſe, nicht nur der Han- ſe im Norden, ſondern auch beſonders des Schwaͤbiſchen Bundes im Suͤden gewachſen war. Und d. ihre Buͤrger- miliz und Soͤldner von hoher Bedeutung ſeyn konnten, ſo lange es noch faſt gar keine ſtehende Truppen gab. Dagegen war nicht nur eben deßhalb die Macht der Fuͤrſten geringer, ſondern drohte auch durch die, noch immer Sitte bleibenden, Theilun- gen, weiter abzunehmen. Die wichtigſten Churfuͤrſtli- chen und Fuͤrſtlichen Haͤuſer beym Anfange der Re- formation waren:
a.Das Saͤchſiſche. Getheilt in die aͤltere Chur- fuͤrſtliche oder Erneſtiniſche, und die juͤngere herzogliche oder Albertiniſche Linie. Die erſte, unter Churfuͤrſt Frie-
derich
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I. Per. I Th. Geſch. d. ſuͤdl. Eur. Staatenſyſt.
tiſchen Geſchichte der Reformation ankommt, ſind
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Fuͤrſten, und welche? b. Wie und in wie fern ver-
banden ſich dieſe zu einer Parthey, die Gegenparthey
des Kayſers ward? c. Welches waren die Abſichten
des Kayſers, indem er ihnen entgegenarbeitete, und
welches ſeine Schritte? Endlich d. wie kam es zu-
letzt zum foͤrmlichen Bruche zwiſchen beyden, und wie
ward die endliche Entwickelung herheygefuͤhrt? — Es
liegt am Tage, daß dieſe Fragen ſich nicht ohne eine
anſchauliche Kenntniß des damaligen politiſchen
Zuſtandes von Deutſchland beantworten laſſen.
Die groͤßte innere Verſchiedenheit des damaligen
von dem ſpaͤtern lag in dem ſo ganz andern Verhaͤltniß
der Macht der Staͤdte gegen die Macht der Fuͤr-
ſten; indem a. die Zahl ſowohl der ganz als halb freyen
Staͤdte in Suͤd- und Nord-Deutſchland um ſo viel groͤ-
ßer; b. ihr innerer Reichthum und durch dieſen ihr politiſcher
Einfluß um ſo viel betraͤchtlicher war. c. Dieſer letztere
aber noch mehr durch ihre Buͤndniſſe, nicht nur der Han-
ſe im Norden, ſondern auch beſonders des Schwaͤbiſchen
Bundes im Suͤden gewachſen war. Und d. ihre Buͤrger-
miliz und Soͤldner von hoher Bedeutung ſeyn konnten, ſo lange
es noch faſt gar keine ſtehende Truppen gab. Dagegen war nicht
nur eben deßhalb die Macht der Fuͤrſten geringer, ſondern
drohte auch durch die, noch immer Sitte bleibenden, Theilun-
gen, weiter abzunehmen. Die wichtigſten Churfuͤrſtli-
chen und Fuͤrſtlichen Haͤuſer beym Anfange der Re-
formation waren:
a. Das Saͤchſiſche. Getheilt in die aͤltere Chur-
fuͤrſtliche oder Erneſtiniſche, und die juͤngere herzogliche
oder Albertiniſche Linie. Die erſte, unter Churfuͤrſt Frie-
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Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/94>, abgerufen am 23.11.2024.
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