Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

1. Staatshändel in Europa -- 1797.
ographische Lage, noch mehr sein besonderes Inter-
esse, machten es aber dazu wenig geschickt. Sei-
ne Zwecke blieben nicht die der Verbündeten; seine
Vortheile nicht die ihrigen; ihre Verluste nicht die
seinigen. Stets durch den Landkrieg die Gefahr
von sich abwälzend, tröstete es sich leicht über
jene, wenn nur Krieg blieb. War dieß das
Interesse der Verbündeten?

Was sind Subsidien an sich als eine Beysteuer für
den Alliirten, dessen Erhaltung auch unser Vortheil ist?
So zogen Maria Theresia und Friedrich Subsidien, und
vertheidigten doch ihre Sache. Welche Umkehrung der
Verhältnisse dagegen, wenn Subsidien die Hauptquelle
werden!

30. Allein ein noch gefährlicherer Keim der
Auflösung lag in dem allgemeinen, aus der Arron-
dirungspolitik hervorgegangenen, Egoismus. Kei-
ne Verbindung mag bestehen, ohne wechselseitige
Aufopferungen. Wie aber, wenn über der Hoff-
nung zur Vergrößerung der ursprüngliche Zweck
der Erhaltung des Bestehenden vergessen wurde?
Wenn jede eröffnete Aussicht zu Acquisitionen, sey's
auf Kosten des Nachbarn, des eignen Verbünde-
ten -- (und wer hatte bald mehr zu geben oder
zu leihen als das siegende Frankreich?) -- auch
eine Lockung zum Abfall ward? Dadurch eben
rächte sich jetzt so furchtbar die aus der Politik

ver-
M m 3

1. Staatshaͤndel in Europa -- 1797.
ographiſche Lage, noch mehr ſein beſonderes Inter-
eſſe, machten es aber dazu wenig geſchickt. Sei-
ne Zwecke blieben nicht die der Verbuͤndeten; ſeine
Vortheile nicht die ihrigen; ihre Verluſte nicht die
ſeinigen. Stets durch den Landkrieg die Gefahr
von ſich abwaͤlzend, troͤſtete es ſich leicht uͤber
jene, wenn nur Krieg blieb. War dieß das
Intereſſe der Verbuͤndeten?

Was ſind Subſidien an ſich als eine Beyſteuer fuͤr
den Alliirten, deſſen Erhaltung auch unſer Vortheil iſt?
So zogen Maria Thereſia und Friedrich Subſidien, und
vertheidigten doch ihre Sache. Welche Umkehrung der
Verhaͤltniſſe dagegen, wenn Subſidien die Hauptquelle
werden!

30. Allein ein noch gefaͤhrlicherer Keim der
Aufloͤſung lag in dem allgemeinen, aus der Arron-
dirungspolitik hervorgegangenen, Egoismus. Kei-
ne Verbindung mag beſtehen, ohne wechſelſeitige
Aufopferungen. Wie aber, wenn uͤber der Hoff-
nung zur Vergroͤßerung der urſpruͤngliche Zweck
der Erhaltung des Beſtehenden vergeſſen wurde?
Wenn jede eroͤffnete Ausſicht zu Acquiſitionen, ſey's
auf Koſten des Nachbarn, des eignen Verbuͤnde-
ten — (und wer hatte bald mehr zu geben oder
zu leihen als das ſiegende Frankreich?) — auch
eine Lockung zum Abfall ward? Dadurch eben
raͤchte ſich jetzt ſo furchtbar die aus der Politik

ver-
M m 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0587" n="549"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">1. Staatsha&#x0364;ndel in Europa -- 1797.</hi></fw><lb/>
ographi&#x017F;che Lage, noch mehr &#x017F;ein be&#x017F;onderes Inter-<lb/>
e&#x017F;&#x017F;e, machten es aber dazu wenig ge&#x017F;chickt. <hi rendition="#g">Sei-<lb/>
ne</hi> Zwecke blieben nicht die der Verbu&#x0364;ndeten; &#x017F;eine<lb/>
Vortheile nicht die ihrigen; ihre Verlu&#x017F;te nicht die<lb/>
&#x017F;einigen. Stets durch den Landkrieg die Gefahr<lb/>
von <hi rendition="#g">&#x017F;ich</hi> abwa&#x0364;lzend, tro&#x0364;&#x017F;tete es &#x017F;ich leicht u&#x0364;ber<lb/>
jene, <hi rendition="#g">wenn nur Krieg blieb</hi>. War dieß das<lb/>
Intere&#x017F;&#x017F;e der Verbu&#x0364;ndeten?</p><lb/>
                <p> <hi rendition="#et">Was &#x017F;ind Sub&#x017F;idien an &#x017F;ich als eine <hi rendition="#g">Bey&#x017F;teuer</hi> fu&#x0364;r<lb/>
den Alliirten, de&#x017F;&#x017F;en Erhaltung auch un&#x017F;er Vortheil i&#x017F;t?<lb/>
So zogen Maria There&#x017F;ia und Friedrich Sub&#x017F;idien, und<lb/>
vertheidigten doch <hi rendition="#g">ihre</hi> Sache. Welche Umkehrung der<lb/>
Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e dagegen, wenn Sub&#x017F;idien die Hauptquelle<lb/>
werden!</hi> </p><lb/>
                <p>30. Allein ein noch gefa&#x0364;hrlicherer Keim der<lb/>
Auflo&#x0364;&#x017F;ung lag in dem allgemeinen, aus der Arron-<lb/>
dirungspolitik hervorgegangenen, Egoismus. Kei-<lb/>
ne Verbindung mag be&#x017F;tehen, ohne wech&#x017F;el&#x017F;eitige<lb/>
Aufopferungen. Wie aber, wenn u&#x0364;ber der Hoff-<lb/>
nung zur Vergro&#x0364;ßerung der ur&#x017F;pru&#x0364;ngliche Zweck<lb/>
der Erhaltung des Be&#x017F;tehenden verge&#x017F;&#x017F;en wurde?<lb/>
Wenn jede ero&#x0364;ffnete Aus&#x017F;icht zu Acqui&#x017F;itionen, &#x017F;ey's<lb/>
auf Ko&#x017F;ten des Nachbarn, des eignen Verbu&#x0364;nde-<lb/>
ten &#x2014; (und wer hatte bald mehr zu geben oder<lb/>
zu leihen als das &#x017F;iegende Frankreich?) &#x2014; auch<lb/>
eine Lockung zum Abfall ward? Dadurch eben<lb/>
ra&#x0364;chte &#x017F;ich jetzt &#x017F;o furchtbar die aus der Politik<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M m 3</fw><fw place="bottom" type="catch">ver-</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[549/0587] 1. Staatshaͤndel in Europa -- 1797. ographiſche Lage, noch mehr ſein beſonderes Inter- eſſe, machten es aber dazu wenig geſchickt. Sei- ne Zwecke blieben nicht die der Verbuͤndeten; ſeine Vortheile nicht die ihrigen; ihre Verluſte nicht die ſeinigen. Stets durch den Landkrieg die Gefahr von ſich abwaͤlzend, troͤſtete es ſich leicht uͤber jene, wenn nur Krieg blieb. War dieß das Intereſſe der Verbuͤndeten? Was ſind Subſidien an ſich als eine Beyſteuer fuͤr den Alliirten, deſſen Erhaltung auch unſer Vortheil iſt? So zogen Maria Thereſia und Friedrich Subſidien, und vertheidigten doch ihre Sache. Welche Umkehrung der Verhaͤltniſſe dagegen, wenn Subſidien die Hauptquelle werden! 30. Allein ein noch gefaͤhrlicherer Keim der Aufloͤſung lag in dem allgemeinen, aus der Arron- dirungspolitik hervorgegangenen, Egoismus. Kei- ne Verbindung mag beſtehen, ohne wechſelſeitige Aufopferungen. Wie aber, wenn uͤber der Hoff- nung zur Vergroͤßerung der urſpruͤngliche Zweck der Erhaltung des Beſtehenden vergeſſen wurde? Wenn jede eroͤffnete Ausſicht zu Acquiſitionen, ſey's auf Koſten des Nachbarn, des eignen Verbuͤnde- ten — (und wer hatte bald mehr zu geben oder zu leihen als das ſiegende Frankreich?) — auch eine Lockung zum Abfall ward? Dadurch eben raͤchte ſich jetzt ſo furchtbar die aus der Politik ver- M m 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/587
Zitationshilfe: Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 549. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/587>, abgerufen am 22.11.2024.