Höhe erreichen konnte. Allein theils bildete jenes System sich nur allmählig aus, theils war die Na- tur mächtiger als die Regierungen, und wenn end- lich schon sie dem System der Autarkie seine Grenzen vorschrieb, so kam noch hinzu, daß meh- rere Producte ferner Welttheile einen solchen Ein- gang in Europa fanden, daß sie nicht mehr Gegen- stände des Luxus, sondern des Bedürfnisses, und da- durch unermeßlich wichtig wurden. Nur einzelne Handelszweige einzelner Völker sind durch die Ver- fügungen der Regierungen aufgeblüht; der Welt- handel im Ganzen nicht durch sie, sondern trotz ihnen.
7. Die Folgen, welche die Anwendung dieser Grundsätze für die wechselseitigen Verhältnisse der Staaten hatte, konnten im Frieden und Kriege nicht anders als höchst nachtheilig seyn. Es wurde dadurch im Frieden: 1. ein beständiges Miß- trauen erhalten, da jeder glaubte übervortheilt zu werden, dem selbst die vielen geschlossenen Han- delsverträge nur neue Nahrung gaben. 2. Ge- gen die durch Handel sich bereichernden Staaten -- da man in ihrem Gewinne nur seinen Schaden zu sehen glaubte -- ein Neid erregt, der in gleichem Maaße mit dem Wachsthum ihres Handels stieg; und nur zu oft in wilde Kriege ausbrach. -- Im
Kriege
Von Ludw. XIV. bis Friedr. d. Gr.--1786.
Hoͤhe erreichen konnte. Allein theils bildete jenes Syſtem ſich nur allmaͤhlig aus, theils war die Na- tur maͤchtiger als die Regierungen, und wenn end- lich ſchon ſie dem Syſtem der Autarkie ſeine Grenzen vorſchrieb, ſo kam noch hinzu, daß meh- rere Producte ferner Welttheile einen ſolchen Ein- gang in Europa fanden, daß ſie nicht mehr Gegen- ſtaͤnde des Luxus, ſondern des Beduͤrfniſſes, und da- durch unermeßlich wichtig wurden. Nur einzelne Handelszweige einzelner Voͤlker ſind durch die Ver- fuͤgungen der Regierungen aufgebluͤht; der Welt- handel im Ganzen nicht durch ſie, ſondern trotz ihnen.
7. Die Folgen, welche die Anwendung dieſer Grundſaͤtze fuͤr die wechſelſeitigen Verhaͤltniſſe der Staaten hatte, konnten im Frieden und Kriege nicht anders als hoͤchſt nachtheilig ſeyn. Es wurde dadurch im Frieden: 1. ein beſtaͤndiges Miß- trauen erhalten, da jeder glaubte uͤbervortheilt zu werden, dem ſelbſt die vielen geſchloſſenen Han- delsvertraͤge nur neue Nahrung gaben. 2. Ge- gen die durch Handel ſich bereichernden Staaten — da man in ihrem Gewinne nur ſeinen Schaden zu ſehen glaubte — ein Neid erregt, der in gleichem Maaße mit dem Wachsthum ihres Handels ſtieg; und nur zu oft in wilde Kriege ausbrach. — Im
Kriege
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Von Ludw. XIV. bis Friedr. d. Gr.--1786.
Hoͤhe erreichen konnte. Allein theils bildete jenes
Syſtem ſich nur allmaͤhlig aus, theils war die Na-
tur maͤchtiger als die Regierungen, und wenn end-
lich ſchon ſie dem Syſtem der Autarkie ſeine
Grenzen vorſchrieb, ſo kam noch hinzu, daß meh-
rere Producte ferner Welttheile einen ſolchen Ein-
gang in Europa fanden, daß ſie nicht mehr Gegen-
ſtaͤnde des Luxus, ſondern des Beduͤrfniſſes, und da-
durch unermeßlich wichtig wurden. Nur einzelne
Handelszweige einzelner Voͤlker ſind durch die Ver-
fuͤgungen der Regierungen aufgebluͤht; der Welt-
handel im Ganzen nicht durch ſie, ſondern trotz
ihnen.
7. Die Folgen, welche die Anwendung dieſer
Grundſaͤtze fuͤr die wechſelſeitigen Verhaͤltniſſe der
Staaten hatte, konnten im Frieden und Kriege
nicht anders als hoͤchſt nachtheilig ſeyn. Es wurde
dadurch im Frieden: 1. ein beſtaͤndiges Miß-
trauen erhalten, da jeder glaubte uͤbervortheilt zu
werden, dem ſelbſt die vielen geſchloſſenen Han-
delsvertraͤge nur neue Nahrung gaben. 2. Ge-
gen die durch Handel ſich bereichernden Staaten —
da man in ihrem Gewinne nur ſeinen Schaden zu
ſehen glaubte — ein Neid erregt, der in gleichem
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Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/245>, abgerufen am 24.11.2024.
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