standen, daß bei Verleihung academischer und anderer Beneficien auf die Zeugnisse fleißiger Theilnahme an den beabsichtigten Uebungen be- sondere Rücksicht genommen werde, so wie es sich denn auch von selbst versteht, daß solche Zeugnisse den Candidaten bei den Staats- prüfungs-Commissionen nur zu besonderer Empfehlung gereichen können.
4. Sowie es nach dem aufgestellten Grundsatz freier Lehrwirksam- keit denjenigen Docenten, die entweder in dem Stoffe ihres Lehr- gegenstandes, oder in ihrer Individualität, oder auch in einer zu großen Anzahl von Zuhörern Schwierigkeiten finden, welche sie auch bei dem besten Willen mit Glück nicht überwinden zu können glauben, überlassen bleibt, die gewünschten Uebungen auf dasjenige Maß oder diejenige Einrichtung zu beschränken, welche jene Hindernisse bedingen, so kann es besonders auch den bejahrteren Docenten in keiner Be- ziehung zum Vorwurfe gereichen, wenn sie Bedenken tragen, sich auf eine ungewohnte Unterrichtsform einzulassen. Unter den bejahrteren Docenten finden sich nicht wenige Männer, welche durch die Tiefe ihrer zusammenhängenden wissenschaftlichen Vorträge und durch die sittliche Würde ihrer Person allein schon, auch ohne repetitorische oder conversatorische Uebungen, den segensreichsten Einfluß auf die acade- mische Jugend üben.
5. Im Hinblick auf das Eindringen vagen Raisonnirens, welches hie und da, wie in früheren Zeiten, so auch jetzt wieder stattgefunden hat, ist in anerkennenswerther Fürsorge für die Aufrechthaltung guter Zucht und Sitte von mehreren Seiten auf verschiedene Lehrgegen- stände hingewiesen worden, über welche man unter den obwaltenden Umständen eine näher eingehende Conversation mit den Studirenden eher zu vermeiden, als herbeizuführen haben möchte. Ich kann, nach sorgfältiger Erwägung der Statt gefundenen, im Ganzen nur von schwachen Kräften getragenen Abirrungen von den gediegenen Wegen der wissenschaftlichen Bildung, dieses Bedenken in seiner Allgemeinheit nicht theilen. Da die Männer, welchen ordentliche academische Lehr- stühle anvertraut werden, in der Regel auf der Höhe der wissenschaft- lichen Bildung stehen, und sittliche Würde und Geistesgegenwart genug haben, um dem Ausbruche schlechter Gesinnungen und verkehrter An- sichten mit nachdrücklichem Erfolge zu begegnen, so glaube ich viel- mehr, daß Erörterungen über religiöse und politische Gegenstände mit
ſtanden, daß bei Verleihung academiſcher und anderer Beneficien auf die Zeugniſſe fleißiger Theilnahme an den beabſichtigten Uebungen be- ſondere Rückſicht genommen werde, ſo wie es ſich denn auch von ſelbſt verſteht, daß ſolche Zeugniſſe den Candidaten bei den Staats- prüfungs-Commiſſionen nur zu beſonderer Empfehlung gereichen können.
4. Sowie es nach dem aufgeſtellten Grundſatz freier Lehrwirkſam- keit denjenigen Docenten, die entweder in dem Stoffe ihres Lehr- gegenſtandes, oder in ihrer Individualität, oder auch in einer zu großen Anzahl von Zuhörern Schwierigkeiten finden, welche ſie auch bei dem beſten Willen mit Glück nicht überwinden zu können glauben, überlaſſen bleibt, die gewünſchten Uebungen auf dasjenige Maß oder diejenige Einrichtung zu beſchränken, welche jene Hinderniſſe bedingen, ſo kann es beſonders auch den bejahrteren Docenten in keiner Be- ziehung zum Vorwurfe gereichen, wenn ſie Bedenken tragen, ſich auf eine ungewohnte Unterrichtsform einzulaſſen. Unter den bejahrteren Docenten finden ſich nicht wenige Männer, welche durch die Tiefe ihrer zuſammenhängenden wiſſenſchaftlichen Vorträge und durch die ſittliche Würde ihrer Perſon allein ſchon, auch ohne repetitoriſche oder converſatoriſche Uebungen, den ſegensreichſten Einfluß auf die acade- miſche Jugend üben.
5. Im Hinblick auf das Eindringen vagen Raiſonnirens, welches hie und da, wie in früheren Zeiten, ſo auch jetzt wieder ſtattgefunden hat, iſt in anerkennenswerther Fürſorge für die Aufrechthaltung guter Zucht und Sitte von mehreren Seiten auf verſchiedene Lehrgegen- ſtände hingewieſen worden, über welche man unter den obwaltenden Umſtänden eine näher eingehende Converſation mit den Studirenden eher zu vermeiden, als herbeizuführen haben möchte. Ich kann, nach ſorgfältiger Erwägung der Statt gefundenen, im Ganzen nur von ſchwachen Kräften getragenen Abirrungen von den gediegenen Wegen der wiſſenſchaftlichen Bildung, dieſes Bedenken in ſeiner Allgemeinheit nicht theilen. Da die Männer, welchen ordentliche academiſche Lehr- ſtühle anvertraut werden, in der Regel auf der Höhe der wiſſenſchaft- lichen Bildung ſtehen, und ſittliche Würde und Geiſtesgegenwart genug haben, um dem Ausbruche ſchlechter Geſinnungen und verkehrter An- ſichten mit nachdrücklichem Erfolge zu begegnen, ſo glaube ich viel- mehr, daß Erörterungen über religiöſe und politiſche Gegenſtände mit
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[594/0608]
ſtanden, daß bei Verleihung academiſcher und anderer Beneficien auf
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ſondere Rückſicht genommen werde, ſo wie es ſich denn auch von
ſelbſt verſteht, daß ſolche Zeugniſſe den Candidaten bei den Staats-
prüfungs-Commiſſionen nur zu beſonderer Empfehlung gereichen
können.
4. Sowie es nach dem aufgeſtellten Grundſatz freier Lehrwirkſam-
keit denjenigen Docenten, die entweder in dem Stoffe ihres Lehr-
gegenſtandes, oder in ihrer Individualität, oder auch in einer zu
großen Anzahl von Zuhörern Schwierigkeiten finden, welche ſie auch
bei dem beſten Willen mit Glück nicht überwinden zu können glauben,
überlaſſen bleibt, die gewünſchten Uebungen auf dasjenige Maß oder
diejenige Einrichtung zu beſchränken, welche jene Hinderniſſe bedingen,
ſo kann es beſonders auch den bejahrteren Docenten in keiner Be-
ziehung zum Vorwurfe gereichen, wenn ſie Bedenken tragen, ſich auf
eine ungewohnte Unterrichtsform einzulaſſen. Unter den bejahrteren
Docenten finden ſich nicht wenige Männer, welche durch die Tiefe
ihrer zuſammenhängenden wiſſenſchaftlichen Vorträge und durch die
ſittliche Würde ihrer Perſon allein ſchon, auch ohne repetitoriſche oder
converſatoriſche Uebungen, den ſegensreichſten Einfluß auf die acade-
miſche Jugend üben.
5. Im Hinblick auf das Eindringen vagen Raiſonnirens, welches
hie und da, wie in früheren Zeiten, ſo auch jetzt wieder ſtattgefunden
hat, iſt in anerkennenswerther Fürſorge für die Aufrechthaltung guter
Zucht und Sitte von mehreren Seiten auf verſchiedene Lehrgegen-
ſtände hingewieſen worden, über welche man unter den obwaltenden
Umſtänden eine näher eingehende Converſation mit den Studirenden
eher zu vermeiden, als herbeizuführen haben möchte. Ich kann, nach
ſorgfältiger Erwägung der Statt gefundenen, im Ganzen nur von
ſchwachen Kräften getragenen Abirrungen von den gediegenen Wegen
der wiſſenſchaftlichen Bildung, dieſes Bedenken in ſeiner Allgemeinheit
nicht theilen. Da die Männer, welchen ordentliche academiſche Lehr-
ſtühle anvertraut werden, in der Regel auf der Höhe der wiſſenſchaft-
lichen Bildung ſtehen, und ſittliche Würde und Geiſtesgegenwart genug
haben, um dem Ausbruche ſchlechter Geſinnungen und verkehrter An-
ſichten mit nachdrücklichem Erfolge zu begegnen, ſo glaube ich viel-
mehr, daß Erörterungen über religiöſe und politiſche Gegenſtände mit
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Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 594. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/608>, abgerufen am 24.11.2024.
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