fassen, indem sie einerseits selbst sich diese Unterrichtsform aneignen, andererseits ihre Zuhörer dafür empfänglich zu machen suchen.
Ueberzeugt, daß dadurch das Leben auf den Universitäten nicht allein in wissenschaftlicher, sondern auch in sittlicher Beziehung einen heilsamen, von allen Vaterlandsfreunden dringend gewünschten Auf- schwung erhalten wird, hege ich das volle Vertrauen, daß sämmtliche Universitätslehrer, besonders aber die anerkannt hervorragenden unter ihnen, alle ihre Bestrebungen dahin richten werden, den großen Zweck einer inneren freien Regeneration des Universitätslebens zu erreichen.
2. Wie die Uebungen einzurichten und mit den zusammen- hängenden Vorträgen zu verbinden sind, bleibt um so mehr dem Er- messen der einzelnen Docenten überlassen, als nicht nur der Stoff eine Verschiedenheit bedingt, sondern auch dem Einen die repetitorische und examinatorische, dem Andern die conversatorische Form mehr zu- sagen kann. Es wird nur der allgemeine Grundsatz festzuhalten sein, daß es bei diesen Uebungen auf Verdeutlichung und Durchdringung der Hauptmomente der vorgetragenen Wissenschaft abgesehen ist, und daß sie daher nicht unabhängig von den zusammenhängenden Vor- trägen Statt finden dürfen, wenn sie den beabsichtigten Erfolg gewähren sollen. Indem so die genannten Uebungen dazu dienen, den wesent- lichen Inhalt der zusammenhängenden Vorträge zum wahren Eigen- thum der Zuhörer zu machen, fällt die von einigen Lehrern geäußerte Befürchtung einer Schmälerung der aus den zusammenhängenden Vor- trägen entspringenden Vortheile weg.
3. Da die beabsichtigten Uebungen nur auf dem Boden der ächten wissenschaftlichen Lehr- und Lernfreiheit gedeihen können, so bleibt es auch dem freien Willen der Studirenden überlassen, ob sie die dargebotene Gelegenheit, in den Gegenstand der Vorlesungen tiefer einzudringen, benutzen oder auch einmal angefangene Uebungen fortsetzen wollen, oder nicht.
Edlere und begabtere Jünglinge werden selbst das schöne Band freier Liebe und Fügsamkeit knüpfen helfen, welches zu allen Zeiten den strebsameren Theil der Jugend mit Lehrern verbindet, die ihr mit Wohlwollen die Hand reichen. Obwohl ich hierauf hauptsächlich die Hoffnung eines guten Erfolges gründe, so finde ich doch auch kein Bedenken gegen die in den meisten Gutachten befürwortete An- wendung geeigneter Aufmunterungsmittel, und bin daher ganz einver-
38
faſſen, indem ſie einerſeits ſelbſt ſich dieſe Unterrichtsform aneignen, andererſeits ihre Zuhörer dafür empfänglich zu machen ſuchen.
Ueberzeugt, daß dadurch das Leben auf den Univerſitäten nicht allein in wiſſenſchaftlicher, ſondern auch in ſittlicher Beziehung einen heilſamen, von allen Vaterlandsfreunden dringend gewünſchten Auf- ſchwung erhalten wird, hege ich das volle Vertrauen, daß ſämmtliche Univerſitätslehrer, beſonders aber die anerkannt hervorragenden unter ihnen, alle ihre Beſtrebungen dahin richten werden, den großen Zweck einer inneren freien Regeneration des Univerſitätslebens zu erreichen.
2. Wie die Uebungen einzurichten und mit den zuſammen- hängenden Vorträgen zu verbinden ſind, bleibt um ſo mehr dem Er- meſſen der einzelnen Docenten überlaſſen, als nicht nur der Stoff eine Verſchiedenheit bedingt, ſondern auch dem Einen die repetitoriſche und examinatoriſche, dem Andern die converſatoriſche Form mehr zu- ſagen kann. Es wird nur der allgemeine Grundſatz feſtzuhalten ſein, daß es bei dieſen Uebungen auf Verdeutlichung und Durchdringung der Hauptmomente der vorgetragenen Wiſſenſchaft abgeſehen iſt, und daß ſie daher nicht unabhängig von den zuſammenhängenden Vor- trägen Statt finden dürfen, wenn ſie den beabſichtigten Erfolg gewähren ſollen. Indem ſo die genannten Uebungen dazu dienen, den weſent- lichen Inhalt der zuſammenhängenden Vorträge zum wahren Eigen- thum der Zuhörer zu machen, fällt die von einigen Lehrern geäußerte Befürchtung einer Schmälerung der aus den zuſammenhängenden Vor- trägen entſpringenden Vortheile weg.
3. Da die beabſichtigten Uebungen nur auf dem Boden der ächten wiſſenſchaftlichen Lehr- und Lernfreiheit gedeihen können, ſo bleibt es auch dem freien Willen der Studirenden überlaſſen, ob ſie die dargebotene Gelegenheit, in den Gegenſtand der Vorleſungen tiefer einzudringen, benutzen oder auch einmal angefangene Uebungen fortſetzen wollen, oder nicht.
Edlere und begabtere Jünglinge werden ſelbſt das ſchöne Band freier Liebe und Fügſamkeit knüpfen helfen, welches zu allen Zeiten den ſtrebſameren Theil der Jugend mit Lehrern verbindet, die ihr mit Wohlwollen die Hand reichen. Obwohl ich hierauf hauptſächlich die Hoffnung eines guten Erfolges gründe, ſo finde ich doch auch kein Bedenken gegen die in den meiſten Gutachten befürwortete An- wendung geeigneter Aufmunterungsmittel, und bin daher ganz einver-
38
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0607"n="593"/>
faſſen, indem ſie einerſeits ſelbſt ſich dieſe Unterrichtsform aneignen,<lb/>
andererſeits ihre Zuhörer dafür empfänglich zu machen ſuchen.</p><lb/><p>Ueberzeugt, daß dadurch das Leben auf den Univerſitäten nicht<lb/>
allein in wiſſenſchaftlicher, ſondern auch in ſittlicher Beziehung einen<lb/>
heilſamen, von allen Vaterlandsfreunden dringend gewünſchten Auf-<lb/>ſchwung erhalten wird, hege ich das volle Vertrauen, daß ſämmtliche<lb/>
Univerſitätslehrer, beſonders aber die anerkannt hervorragenden unter<lb/>
ihnen, alle ihre Beſtrebungen dahin richten werden, den großen Zweck<lb/>
einer inneren freien Regeneration des Univerſitätslebens zu erreichen.</p><lb/><p>2. <hirendition="#g">Wie</hi> die Uebungen einzurichten und mit den zuſammen-<lb/>
hängenden Vorträgen zu verbinden ſind, bleibt um ſo mehr dem Er-<lb/>
meſſen der einzelnen Docenten überlaſſen, als nicht nur der Stoff<lb/>
eine Verſchiedenheit bedingt, ſondern auch dem Einen die repetitoriſche<lb/>
und examinatoriſche, dem Andern die converſatoriſche Form mehr zu-<lb/>ſagen kann. Es wird nur der allgemeine Grundſatz feſtzuhalten ſein,<lb/>
daß es bei dieſen Uebungen auf Verdeutlichung und Durchdringung<lb/>
der Hauptmomente der vorgetragenen Wiſſenſchaft abgeſehen iſt, und<lb/>
daß ſie daher nicht unabhängig von den zuſammenhängenden Vor-<lb/>
trägen Statt finden dürfen, wenn ſie den beabſichtigten Erfolg gewähren<lb/>ſollen. Indem ſo die genannten Uebungen dazu dienen, den weſent-<lb/>
lichen Inhalt der zuſammenhängenden Vorträge zum wahren Eigen-<lb/>
thum der Zuhörer zu machen, fällt die von einigen Lehrern geäußerte<lb/>
Befürchtung einer Schmälerung der aus den zuſammenhängenden Vor-<lb/>
trägen entſpringenden Vortheile weg.</p><lb/><p>3. Da die beabſichtigten Uebungen nur auf dem Boden der<lb/>
ächten wiſſenſchaftlichen Lehr- und Lernfreiheit gedeihen können, ſo<lb/>
bleibt es auch dem <hirendition="#g">freien Willen der Studirenden</hi> überlaſſen,<lb/>
ob ſie die dargebotene Gelegenheit, in den Gegenſtand der Vorleſungen<lb/>
tiefer einzudringen, benutzen oder auch einmal angefangene Uebungen<lb/>
fortſetzen wollen, oder nicht.</p><lb/><p>Edlere und begabtere Jünglinge werden ſelbſt das ſchöne Band<lb/>
freier Liebe und Fügſamkeit knüpfen helfen, welches zu allen Zeiten<lb/>
den ſtrebſameren Theil der Jugend mit Lehrern verbindet, die ihr<lb/>
mit Wohlwollen die Hand reichen. Obwohl ich hierauf hauptſächlich<lb/>
die Hoffnung eines guten Erfolges gründe, ſo finde ich doch auch<lb/>
kein Bedenken gegen die in den meiſten Gutachten befürwortete An-<lb/>
wendung geeigneter Aufmunterungsmittel, und bin daher ganz einver-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">38</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[593/0607]
faſſen, indem ſie einerſeits ſelbſt ſich dieſe Unterrichtsform aneignen,
andererſeits ihre Zuhörer dafür empfänglich zu machen ſuchen.
Ueberzeugt, daß dadurch das Leben auf den Univerſitäten nicht
allein in wiſſenſchaftlicher, ſondern auch in ſittlicher Beziehung einen
heilſamen, von allen Vaterlandsfreunden dringend gewünſchten Auf-
ſchwung erhalten wird, hege ich das volle Vertrauen, daß ſämmtliche
Univerſitätslehrer, beſonders aber die anerkannt hervorragenden unter
ihnen, alle ihre Beſtrebungen dahin richten werden, den großen Zweck
einer inneren freien Regeneration des Univerſitätslebens zu erreichen.
2. Wie die Uebungen einzurichten und mit den zuſammen-
hängenden Vorträgen zu verbinden ſind, bleibt um ſo mehr dem Er-
meſſen der einzelnen Docenten überlaſſen, als nicht nur der Stoff
eine Verſchiedenheit bedingt, ſondern auch dem Einen die repetitoriſche
und examinatoriſche, dem Andern die converſatoriſche Form mehr zu-
ſagen kann. Es wird nur der allgemeine Grundſatz feſtzuhalten ſein,
daß es bei dieſen Uebungen auf Verdeutlichung und Durchdringung
der Hauptmomente der vorgetragenen Wiſſenſchaft abgeſehen iſt, und
daß ſie daher nicht unabhängig von den zuſammenhängenden Vor-
trägen Statt finden dürfen, wenn ſie den beabſichtigten Erfolg gewähren
ſollen. Indem ſo die genannten Uebungen dazu dienen, den weſent-
lichen Inhalt der zuſammenhängenden Vorträge zum wahren Eigen-
thum der Zuhörer zu machen, fällt die von einigen Lehrern geäußerte
Befürchtung einer Schmälerung der aus den zuſammenhängenden Vor-
trägen entſpringenden Vortheile weg.
3. Da die beabſichtigten Uebungen nur auf dem Boden der
ächten wiſſenſchaftlichen Lehr- und Lernfreiheit gedeihen können, ſo
bleibt es auch dem freien Willen der Studirenden überlaſſen,
ob ſie die dargebotene Gelegenheit, in den Gegenſtand der Vorleſungen
tiefer einzudringen, benutzen oder auch einmal angefangene Uebungen
fortſetzen wollen, oder nicht.
Edlere und begabtere Jünglinge werden ſelbſt das ſchöne Band
freier Liebe und Fügſamkeit knüpfen helfen, welches zu allen Zeiten
den ſtrebſameren Theil der Jugend mit Lehrern verbindet, die ihr
mit Wohlwollen die Hand reichen. Obwohl ich hierauf hauptſächlich
die Hoffnung eines guten Erfolges gründe, ſo finde ich doch auch
kein Bedenken gegen die in den meiſten Gutachten befürwortete An-
wendung geeigneter Aufmunterungsmittel, und bin daher ganz einver-
38
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 593. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/607>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.