Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hebel, Johann Peter]: Allemannische Gedichte. Karlsruhe, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite
und hungerig by andre Chinde stöhn
mit ihre breite Rufe, schüch und fremd?
Und Wi' und Caffi schmekt der doch so gut!
Doch lueg im vierte Hus, das Gott erbarm,
was hangt am grüene Wienechtchindli-Baum?
Viel stachlig Laub, und näume zwische drinn
ne schrumpfig Oepfeli, ne dürri Nuß!
Sie möcht, und het's nit, nimt ihr Chind
uf d' Schoß,

und wärmts am Buse, luegets a und briegt;
der Engel stüürt im Chindll Thränen i.
Sel isch nit gfehlt, 's isch mehr as Marzipan
und Zuckererbsli. Gott im Himmel sichts,
und het us mengem arme Büebli doch
e brave Ma und Vogt und Richter gmacht,
und usem Töchterli ne bravi Frau,
wenns numme nit an Zucht und Warnig fehlt.


und hungerig by andre Chinde ſtoͤhn
mit ihre breite Rufe, ſchuͤch und fremd?
Und Wi’ und Caffi ſchmekt der doch ſo gut!
Doch lueg im vierte Hus, das Gott erbarm,
was hangt am gruͤene Wienechtchindli-Baum?
Viel ſtachlig Laub, und naͤume zwiſche drinn
ne ſchrumpfig Oepfeli, ne duͤrri Nuß!
Sie moͤcht, und het’s nit, nimt ihr Chind
uf d’ Schoß,

und waͤrmts am Buſe, luegets a und briegt;
der Engel ſtuͤuͤrt im Chindll Thraͤnen i.
Sel iſch nit gfehlt, ’s iſch mehr as Marzipan
und Zuckererbsli. Gott im Himmel ſichts,
und het us mengem arme Buͤebli doch
e brave Ma und Vogt und Richter gmacht,
und uſem Toͤchterli ne bravi Frau,
wenns numme nit an Zucht und Warnig fehlt.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0112" n="94"/>
            <l>und hungerig by andre Chinde &#x017F;to&#x0364;hn</l><lb/>
            <l>mit ihre breite Rufe, &#x017F;chu&#x0364;ch und fremd?</l><lb/>
            <l>Und Wi&#x2019; und Caffi &#x017F;chmekt der doch &#x017F;o gut!</l><lb/>
            <l>Doch lueg im vierte Hus, das Gott erbarm,</l><lb/>
            <l>was hangt am gru&#x0364;ene Wienechtchindli-Baum?</l><lb/>
            <l>Viel &#x017F;tachlig Laub, und na&#x0364;ume zwi&#x017F;che drinn</l><lb/>
            <l>ne &#x017F;chrumpfig Oepfeli, ne du&#x0364;rri Nuß!</l><lb/>
            <l>Sie mo&#x0364;cht, und het&#x2019;s nit, nimt ihr Chind<lb/>
uf d&#x2019; Schoß,</l><lb/>
            <l>und wa&#x0364;rmts am Bu&#x017F;e, luegets a und briegt;</l><lb/>
            <l>der Engel &#x017F;tu&#x0364;u&#x0364;rt im Chindll Thra&#x0364;nen i.</l><lb/>
            <l>Sel i&#x017F;ch nit gfehlt, &#x2019;s i&#x017F;ch mehr as Marzipan</l><lb/>
            <l>und Zuckererbsli. Gott im Himmel &#x017F;ichts,</l><lb/>
            <l>und het us mengem arme Bu&#x0364;ebli doch</l><lb/>
            <l>e brave Ma und Vogt und Richter gmacht,</l><lb/>
            <l>und u&#x017F;em To&#x0364;chterli ne bravi Frau,</l><lb/>
            <l>wenns numme nit an Zucht und Warnig fehlt.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0112] und hungerig by andre Chinde ſtoͤhn mit ihre breite Rufe, ſchuͤch und fremd? Und Wi’ und Caffi ſchmekt der doch ſo gut! Doch lueg im vierte Hus, das Gott erbarm, was hangt am gruͤene Wienechtchindli-Baum? Viel ſtachlig Laub, und naͤume zwiſche drinn ne ſchrumpfig Oepfeli, ne duͤrri Nuß! Sie moͤcht, und het’s nit, nimt ihr Chind uf d’ Schoß, und waͤrmts am Buſe, luegets a und briegt; der Engel ſtuͤuͤrt im Chindll Thraͤnen i. Sel iſch nit gfehlt, ’s iſch mehr as Marzipan und Zuckererbsli. Gott im Himmel ſichts, und het us mengem arme Buͤebli doch e brave Ma und Vogt und Richter gmacht, und uſem Toͤchterli ne bravi Frau, wenns numme nit an Zucht und Warnig fehlt.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_gedichte_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_gedichte_1803/112
Zitationshilfe: [Hebel, Johann Peter]: Allemannische Gedichte. Karlsruhe, 1803, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_gedichte_1803/112>, abgerufen am 05.05.2024.