Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844. Klara. Und Du willst den Vater allein lassen? Er ist sechszig Jahr! Karl. Allein? Bleibst Du ihm nicht? Klara. Ich? Karl. Du! Sein Schooßkind! Was wächst Dir für Unkraut im Kopf, daß Du fragst! Seine Freude laß' ich ihm, und von seinem ewigen Verdruß wird er befreit, wenn ich gehe, warum sollt' ich's denn nicht thun? Wir passen ein für alle Mal nicht zu- sammen, er kann's nicht eng genug um sich haben, er mögte seine Faust zumachen und hinein kriechen, ich mögte meine Haut abstreifen, wie den Kleinkinder- rock, wenn's nur ginge! (singt) Der Anker wird gelichtet, Sag' selbst, hat er auch nur einen Augenblick anDas Steuer flugs gerichtet, Nun fliegt's hinaus geschwind! meiner Schuld gezweifelt? Und hat er in seinem Klara. Und Du willſt den Vater allein laſſen? Er iſt ſechszig Jahr! Karl. Allein? Bleibſt Du ihm nicht? Klara. Ich? Karl. Du! Sein Schooßkind! Was wächſt Dir für Unkraut im Kopf, daß Du fragſt! Seine Freude laß’ ich ihm, und von ſeinem ewigen Verdruß wird er befreit, wenn ich gehe, warum ſollt’ ich’s denn nicht thun? Wir paſſen ein für alle Mal nicht zu- ſammen, er kann’s nicht eng genug um ſich haben, er mögte ſeine Fauſt zumachen und hinein kriechen, ich mögte meine Haut abſtreifen, wie den Kleinkinder- rock, wenn’s nur ginge! (ſingt) Der Anker wird gelichtet, Sag’ ſelbſt, hat er auch nur einen Augenblick anDas Steuer flugs gerichtet, Nun fliegt’s hinaus geſchwind! meiner Schuld gezweifelt? Und hat er in ſeinem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0182" n="114"/> <sp who="#KLARA"> <speaker><hi rendition="#g">Klara</hi>.</speaker><lb/> <p>Und Du willſt den Vater allein laſſen? Er iſt<lb/> ſechszig Jahr!</p> </sp><lb/> <sp who="#KAR"> <speaker><hi rendition="#g">Karl</hi>.</speaker><lb/> <p>Allein? Bleibſt Du ihm nicht?</p> </sp><lb/> <sp who="#KLARA"> <speaker><hi rendition="#g">Klara</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich?</p> </sp><lb/> <sp who="#KAR"> <speaker><hi rendition="#g">Karl</hi>.</speaker><lb/> <p>Du! Sein Schooßkind! Was wächſt Dir für<lb/> Unkraut im Kopf, daß Du fragſt! Seine Freude<lb/> laß’ ich ihm, und von ſeinem ewigen Verdruß wird<lb/> er befreit, wenn ich gehe, warum ſollt’ ich’s denn<lb/> nicht thun? Wir paſſen ein für alle Mal nicht zu-<lb/> ſammen, er kann’s nicht eng genug um ſich haben,<lb/> er mögte ſeine Fauſt zumachen und hinein kriechen,<lb/> ich mögte meine Haut abſtreifen, wie den Kleinkinder-<lb/> rock, wenn’s nur ginge!</p> <stage>(ſingt)</stage><lb/> <lg type="poem"> <l>Der Anker wird gelichtet,</l><lb/> <l>Das Steuer flugs gerichtet,</l><lb/> <l>Nun fliegt’s hinaus geſchwind!</l> </lg><lb/> <p>Sag’ ſelbſt, hat er auch nur einen Augenblick an<lb/> meiner Schuld gezweifelt? Und hat er in ſeinem<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [114/0182]
Klara.
Und Du willſt den Vater allein laſſen? Er iſt
ſechszig Jahr!
Karl.
Allein? Bleibſt Du ihm nicht?
Klara.
Ich?
Karl.
Du! Sein Schooßkind! Was wächſt Dir für
Unkraut im Kopf, daß Du fragſt! Seine Freude
laß’ ich ihm, und von ſeinem ewigen Verdruß wird
er befreit, wenn ich gehe, warum ſollt’ ich’s denn
nicht thun? Wir paſſen ein für alle Mal nicht zu-
ſammen, er kann’s nicht eng genug um ſich haben,
er mögte ſeine Fauſt zumachen und hinein kriechen,
ich mögte meine Haut abſtreifen, wie den Kleinkinder-
rock, wenn’s nur ginge! (ſingt)
Der Anker wird gelichtet,
Das Steuer flugs gerichtet,
Nun fliegt’s hinaus geſchwind!
Sag’ ſelbſt, hat er auch nur einen Augenblick an
meiner Schuld gezweifelt? Und hat er in ſeinem
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