Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844.

Bild:
<< vorherige Seite
Secretair.
Darin sind die Temperamente verschieden. Einige
arbeiten sich durch. Die kommen gewöhnlich in drei
bis vier Jahren wieder an's Tagslicht, sind dann aber
etwas mager und blaß, das muß man ihnen nicht
übel nehmen. Zu diesen gehöre ich. Andere legen sich
in der Mitte des Waldes nieder, sie wollen bloß aus-
ruhen, aber sie stehen selten wieder auf. Ich habe
selbst einen Bekannten, der nun schon drei Jahre im
Schatten der Lex Julia sein Bier trinkt, er hat sich
den Platz des Namens wegen ausgesucht, der ruft
ihm angenehme Erinnerungen zurück. Noch Andere
werden desparat und kehren um. Die sind die Dümm-
sten, denn man läßt sie nur unter der Bedingung aus
dem einen Dickigt heraus, daß sie sich spornstreichs
wieder in ein anderes hinein begeben. Und da giebt's
einige, die noch schrecklicher sind, die gar kein Ende
haben!
(für sich) Was man Alles schwätzt, wenn man
Etwas auf dem Herzen hat, und es nicht heraus zu
bringen weiß!
Klara.
Alles ist heute lustig und munter, das macht der
schöne Tag!
Secretair.
Darin ſind die Temperamente verſchieden. Einige
arbeiten ſich durch. Die kommen gewöhnlich in drei
bis vier Jahren wieder an’s Tagslicht, ſind dann aber
etwas mager und blaß, das muß man ihnen nicht
übel nehmen. Zu dieſen gehöre ich. Andere legen ſich
in der Mitte des Waldes nieder, ſie wollen bloß aus-
ruhen, aber ſie ſtehen ſelten wieder auf. Ich habe
ſelbſt einen Bekannten, der nun ſchon drei Jahre im
Schatten der Lex Julia ſein Bier trinkt, er hat ſich
den Platz des Namens wegen ausgeſucht, der ruft
ihm angenehme Erinnerungen zurück. Noch Andere
werden desparat und kehren um. Die ſind die Dümm-
ſten, denn man läßt ſie nur unter der Bedingung aus
dem einen Dickigt heraus, daß ſie ſich ſpornſtreichs
wieder in ein anderes hinein begeben. Und da giebt’s
einige, die noch ſchrecklicher ſind, die gar kein Ende
haben!
(für ſich) Was man Alles ſchwätzt, wenn man
Etwas auf dem Herzen hat, und es nicht heraus zu
bringen weiß!
Klara.
Alles iſt heute luſtig und munter, das macht der
ſchöne Tag!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0146" n="78"/>
          <sp who="#SECRE">
            <speaker><hi rendition="#g">Secretair</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Darin &#x017F;ind die Temperamente ver&#x017F;chieden. Einige<lb/>
arbeiten &#x017F;ich durch. Die kommen gewöhnlich in drei<lb/>
bis vier Jahren wieder an&#x2019;s Tagslicht, &#x017F;ind dann aber<lb/>
etwas mager und blaß, das muß man ihnen nicht<lb/>
übel nehmen. Zu die&#x017F;en gehöre ich. Andere legen &#x017F;ich<lb/>
in der Mitte des Waldes nieder, &#x017F;ie wollen bloß aus-<lb/>
ruhen, aber &#x017F;ie &#x017F;tehen &#x017F;elten wieder auf. Ich habe<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t einen Bekannten, der nun &#x017F;chon drei Jahre im<lb/>
Schatten der <hi rendition="#aq">Lex Julia</hi> &#x017F;ein Bier trinkt, er hat &#x017F;ich<lb/>
den Platz des Namens wegen ausge&#x017F;ucht, der ruft<lb/>
ihm angenehme Erinnerungen zurück. Noch Andere<lb/>
werden desparat und kehren um. Die &#x017F;ind die Dümm-<lb/>
&#x017F;ten, denn man läßt &#x017F;ie nur unter der Bedingung aus<lb/>
dem einen Dickigt heraus, daß &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;porn&#x017F;treichs<lb/>
wieder in ein anderes hinein begeben. Und da giebt&#x2019;s<lb/>
einige, die noch &#x017F;chrecklicher &#x017F;ind, die gar kein Ende<lb/>
haben!</p>
            <stage>(für &#x017F;ich)</stage>
            <p>Was man Alles &#x017F;chwätzt, wenn man<lb/>
Etwas auf dem Herzen hat, und es nicht heraus zu<lb/>
bringen weiß!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#KLARA">
            <speaker><hi rendition="#g">Klara</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Alles i&#x017F;t heute lu&#x017F;tig und munter, das macht der<lb/>
&#x017F;chöne Tag!</p>
          </sp><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0146] Secretair. Darin ſind die Temperamente verſchieden. Einige arbeiten ſich durch. Die kommen gewöhnlich in drei bis vier Jahren wieder an’s Tagslicht, ſind dann aber etwas mager und blaß, das muß man ihnen nicht übel nehmen. Zu dieſen gehöre ich. Andere legen ſich in der Mitte des Waldes nieder, ſie wollen bloß aus- ruhen, aber ſie ſtehen ſelten wieder auf. Ich habe ſelbſt einen Bekannten, der nun ſchon drei Jahre im Schatten der Lex Julia ſein Bier trinkt, er hat ſich den Platz des Namens wegen ausgeſucht, der ruft ihm angenehme Erinnerungen zurück. Noch Andere werden desparat und kehren um. Die ſind die Dümm- ſten, denn man läßt ſie nur unter der Bedingung aus dem einen Dickigt heraus, daß ſie ſich ſpornſtreichs wieder in ein anderes hinein begeben. Und da giebt’s einige, die noch ſchrecklicher ſind, die gar kein Ende haben! (für ſich) Was man Alles ſchwätzt, wenn man Etwas auf dem Herzen hat, und es nicht heraus zu bringen weiß! Klara. Alles iſt heute luſtig und munter, das macht der ſchöne Tag!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hebbel_magdalene_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hebbel_magdalene_1844/146
Zitationshilfe: Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebbel_magdalene_1844/146>, abgerufen am 30.04.2024.