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Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 97, Hamburg, 19. Juni 1789.

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Mit allergnädigster Kayserlichen Freyheit.
Staats- und [Abbildung] Gelehrte
Zei- tung
des Hamburgischen unpartheyischen
CORRESPONDENTEN.

Anno 1789.    (Am Freytage, den 19 Junii.)    
Num. 97.



[Beginn Spaltensatz]

Das fälschliche Gerücht, welches sich seit kurzem in
auswärtigen Landen verbreitet hat, als wenn der innere
Werth unserer Rubel herabgesetzt worden wäre, bedarf
zwar keiner förmlichen Widerlegung, indem der Un-
grund desselben durch die That selbst und durch die
mit unserer Münze leicht anzustellende Probe hinlänglich
bewiesen werden kann; allein, da man viele Beyspiele
hat, daß der leichtgläubige Theil des Publicums durch
dergleichen vorsetzliche Erdichtungen irre geführt und
hintergangen worden ist; so haben wir nicht ganz für
überflüßig gehalten, den Folgen dieses leichtfertigen
Betrugs vorzubeugen, und hiermit öffentlich bekannt
zu machen, daß wir seine Entstehung bloß allein den
gehäßigen Absichten übelgesinnter Leute zuschreiben, die
durch solche unverschämte Vorspiegelungen Rußlands
Credit zu untergraben, und ihm dadurch einen empfind-
lichen Schaden und Nachtheil zuzufügen gesonnen sind.

Eine Beylage zur heutigen Hofzeitung liefert:

1) Den umständlichen Bericht von dem Siege bey
Gallaz, wo 2000 Türken niedergemacht, 1492 gefan-
gen, und 37 Fahnen und 13 Kanonen erobert worden.
2) Einen Bericht des Grafen von Woinowich, nach
welchem die Russen verschiedene Türkische Fahrzeuge
weggenommen.
3) Fortsetzung der Nachrichten von
den Bewegungen der Finnländischen Armee. (Von
allen diesen morgen das mehrere.)


Sultan Selim ist so sehr überzeugt, daß der ehema-
lige Capitain Pacha, jetziger Brigadier, Oczakow wie-
der erobern werde, daß er ihm jetzt schon den Beyna-
men: Eroberer der großen Vestung, gegeben hat.
Er ist auch schon mit 80000 Mann gegen diese Vestung
auf dem Marsch. Dieses dürfte aber zwischen ihm und
dem Großvezier große Eifersucht erregen, wovon man
in Absicht dieser Eroberung nichts gutes erwartet, da
[Spaltenumbruch] sich ein großer Theil von der Armee des Großveziers
bey dieser Unternehmung befinden soll. Der Vice-
Admiral soll übrigens selbige auf alle mögliche Art zu
Wasser unterstützen. Aber es herrscht noch große Un-
ordnung bey der Armee; sie ist nicht hinlänglich genug
mit Artillerie, Munition und Provisionen versehen,
und die Magazine sind so angelegt, daß die zur Bela-
gerung von Oczakow bestimmte Armee daraus schwer-
lich ernährt werden kann, indem die Russen die Con-
voyen sehr leicht auffangen werden. Und also dürfte
diese Expedition, worauf die Pforte jetzt ihr vorzüg-
lichstes Augenmerk richtet, großen Schwierigkeiten un-
terworfen seyn.


Am Sonntage sind 14 von unsern Galeeren hier
angekommen, um Truppen nach Finnland zu transpor-
tiren. Die übrigen sind auch bereits zu gleichem
Zwecke hier eingetroffen, und die in den Provinzen
ausgehobenen Rekruten sind schon auf dem Marsch
nach dieser Residenz, um nach Finnland eingeschifft
zu werden.

Zu Sweaborg hat man einige Rußische Schiffe in
der See wahrgenommen, auch sind einige Rußische
Kreuzer von den Fahrzeugen gesehen worden, die nach
Finnland übergegangen sind; aber die ganze Rußische
Flotte soll noch nicht in See seyn.

Wir haben die unangenehme Nachricht erhalten,
daß unsere Fregatte, Venus von 32 Kanonen, von
den Russen genommen worden.

Es geht ein Gerücht, daß in der Nachbarschaft von
Sweaborg ein Rußisches Kriegsschiff unter die dortigen
Felsen gerathen, und daß die Russen genöthigt worden,
das Schiff in Brand zu stecken, damit es den Schwe-
den nicht in die Hände falle.

Die Rußischen Kriegsgefangenen, welche zu Haga
arbeiteten, haben von da entfliehen wollen; man hat

Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit.
Staats- und [Abbildung] Gelehrte
Zei- tung
des Hamburgiſchen unpartheyiſchen
CORRESPONDENTEN.

Anno 1789.    (Am Freytage, den 19 Junii.)    
Num. 97.



[Beginn Spaltensatz]

Das faͤlſchliche Geruͤcht, welches ſich ſeit kurzem in
auswaͤrtigen Landen verbreitet hat, als wenn der innere
Werth unſerer Rubel herabgeſetzt worden waͤre, bedarf
zwar keiner foͤrmlichen Widerlegung, indem der Un-
grund deſſelben durch die That ſelbſt und durch die
mit unſerer Muͤnze leicht anzuſtellende Probe hinlaͤnglich
bewieſen werden kann; allein, da man viele Beyſpiele
hat, daß der leichtglaͤubige Theil des Publicums durch
dergleichen vorſetzliche Erdichtungen irre gefuͤhrt und
hintergangen worden iſt; ſo haben wir nicht ganz fuͤr
uͤberfluͤßig gehalten, den Folgen dieſes leichtfertigen
Betrugs vorzubeugen, und hiermit oͤffentlich bekannt
zu machen, daß wir ſeine Entſtehung bloß allein den
gehaͤßigen Abſichten uͤbelgeſinnter Leute zuſchreiben, die
durch ſolche unverſchaͤmte Vorſpiegelungen Rußlands
Credit zu untergraben, und ihm dadurch einen empfind-
lichen Schaden und Nachtheil zuzufuͤgen geſonnen ſind.

Eine Beylage zur heutigen Hofzeitung liefert:

1) Den umſtaͤndlichen Bericht von dem Siege bey
Gallaz, wo 2000 Tuͤrken niedergemacht, 1492 gefan-
gen, und 37 Fahnen und 13 Kanonen erobert worden.
2) Einen Bericht des Grafen von Woinowich, nach
welchem die Ruſſen verſchiedene Tuͤrkiſche Fahrzeuge
weggenommen.
3) Fortſetzung der Nachrichten von
den Bewegungen der Finnlaͤndiſchen Armee. (Von
allen dieſen morgen das mehrere.)


Sultan Selim iſt ſo ſehr uͤberzeugt, daß der ehema-
lige Capitain Pacha, jetziger Brigadier, Oczakow wie-
der erobern werde, daß er ihm jetzt ſchon den Beyna-
men: Eroberer der großen Veſtung, gegeben hat.
Er iſt auch ſchon mit 80000 Mann gegen dieſe Veſtung
auf dem Marſch. Dieſes duͤrfte aber zwiſchen ihm und
dem Großvezier große Eiferſucht erregen, wovon man
in Abſicht dieſer Eroberung nichts gutes erwartet, da
[Spaltenumbruch] ſich ein großer Theil von der Armee des Großveziers
bey dieſer Unternehmung befinden ſoll. Der Vice-
Admiral ſoll uͤbrigens ſelbige auf alle moͤgliche Art zu
Waſſer unterſtuͤtzen. Aber es herrſcht noch große Un-
ordnung bey der Armee; ſie iſt nicht hinlaͤnglich genug
mit Artillerie, Munition und Proviſionen verſehen,
und die Magazine ſind ſo angelegt, daß die zur Bela-
gerung von Oczakow beſtimmte Armee daraus ſchwer-
lich ernaͤhrt werden kann, indem die Ruſſen die Con-
voyen ſehr leicht auffangen werden. Und alſo duͤrfte
dieſe Expedition, worauf die Pforte jetzt ihr vorzuͤg-
lichſtes Augenmerk richtet, großen Schwierigkeiten un-
terworfen ſeyn.


Am Sonntage ſind 14 von unſern Galeeren hier
angekommen, um Truppen nach Finnland zu tranſpor-
tiren. Die uͤbrigen ſind auch bereits zu gleichem
Zwecke hier eingetroffen, und die in den Provinzen
ausgehobenen Rekruten ſind ſchon auf dem Marſch
nach dieſer Reſidenz, um nach Finnland eingeſchifft
zu werden.

Zu Sweaborg hat man einige Rußiſche Schiffe in
der See wahrgenommen, auch ſind einige Rußiſche
Kreuzer von den Fahrzeugen geſehen worden, die nach
Finnland uͤbergegangen ſind; aber die ganze Rußiſche
Flotte ſoll noch nicht in See ſeyn.

Wir haben die unangenehme Nachricht erhalten,
daß unſere Fregatte, Venus von 32 Kanonen, von
den Ruſſen genommen worden.

Es geht ein Geruͤcht, daß in der Nachbarſchaft von
Sweaborg ein Rußiſches Kriegsſchiff unter die dortigen
Felſen gerathen, und daß die Ruſſen genoͤthigt worden,
das Schiff in Brand zu ſtecken, damit es den Schwe-
den nicht in die Haͤnde falle.

Die Rußiſchen Kriegsgefangenen, welche zu Haga
arbeiteten, haben von da entfliehen wollen; man hat

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[[1]/0001] Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit. Staats- und [Abbildung] Gelehrte Zei- tung des Hamburgiſchen unpartheyiſchen CORRESPONDENTEN. Anno 1789. (Am Freytage, den 19 Junii.) Num. 97. St. Petersburg, den 2 Junii. Das faͤlſchliche Geruͤcht, welches ſich ſeit kurzem in auswaͤrtigen Landen verbreitet hat, als wenn der innere Werth unſerer Rubel herabgeſetzt worden waͤre, bedarf zwar keiner foͤrmlichen Widerlegung, indem der Un- grund deſſelben durch die That ſelbſt und durch die mit unſerer Muͤnze leicht anzuſtellende Probe hinlaͤnglich bewieſen werden kann; allein, da man viele Beyſpiele hat, daß der leichtglaͤubige Theil des Publicums durch dergleichen vorſetzliche Erdichtungen irre gefuͤhrt und hintergangen worden iſt; ſo haben wir nicht ganz fuͤr uͤberfluͤßig gehalten, den Folgen dieſes leichtfertigen Betrugs vorzubeugen, und hiermit oͤffentlich bekannt zu machen, daß wir ſeine Entſtehung bloß allein den gehaͤßigen Abſichten uͤbelgeſinnter Leute zuſchreiben, die durch ſolche unverſchaͤmte Vorſpiegelungen Rußlands Credit zu untergraben, und ihm dadurch einen empfind- lichen Schaden und Nachtheil zuzufuͤgen geſonnen ſind. Eine Beylage zur heutigen Hofzeitung liefert: 1) Den umſtaͤndlichen Bericht von dem Siege bey Gallaz, wo 2000 Tuͤrken niedergemacht, 1492 gefan- gen, und 37 Fahnen und 13 Kanonen erobert worden. 2) Einen Bericht des Grafen von Woinowich, nach welchem die Ruſſen verſchiedene Tuͤrkiſche Fahrzeuge weggenommen. 3) Fortſetzung der Nachrichten von den Bewegungen der Finnlaͤndiſchen Armee. (Von allen dieſen morgen das mehrere.) Aus der Tuͤrkey, vom 22 May. Sultan Selim iſt ſo ſehr uͤberzeugt, daß der ehema- lige Capitain Pacha, jetziger Brigadier, Oczakow wie- der erobern werde, daß er ihm jetzt ſchon den Beyna- men: Eroberer der großen Veſtung, gegeben hat. Er iſt auch ſchon mit 80000 Mann gegen dieſe Veſtung auf dem Marſch. Dieſes duͤrfte aber zwiſchen ihm und dem Großvezier große Eiferſucht erregen, wovon man in Abſicht dieſer Eroberung nichts gutes erwartet, da ſich ein großer Theil von der Armee des Großveziers bey dieſer Unternehmung befinden ſoll. Der Vice- Admiral ſoll uͤbrigens ſelbige auf alle moͤgliche Art zu Waſſer unterſtuͤtzen. Aber es herrſcht noch große Un- ordnung bey der Armee; ſie iſt nicht hinlaͤnglich genug mit Artillerie, Munition und Proviſionen verſehen, und die Magazine ſind ſo angelegt, daß die zur Bela- gerung von Oczakow beſtimmte Armee daraus ſchwer- lich ernaͤhrt werden kann, indem die Ruſſen die Con- voyen ſehr leicht auffangen werden. Und alſo duͤrfte dieſe Expedition, worauf die Pforte jetzt ihr vorzuͤg- lichſtes Augenmerk richtet, großen Schwierigkeiten un- terworfen ſeyn. Schreiben aus Stockholm, vom 9 Junii. Am Sonntage ſind 14 von unſern Galeeren hier angekommen, um Truppen nach Finnland zu tranſpor- tiren. Die uͤbrigen ſind auch bereits zu gleichem Zwecke hier eingetroffen, und die in den Provinzen ausgehobenen Rekruten ſind ſchon auf dem Marſch nach dieſer Reſidenz, um nach Finnland eingeſchifft zu werden. Zu Sweaborg hat man einige Rußiſche Schiffe in der See wahrgenommen, auch ſind einige Rußiſche Kreuzer von den Fahrzeugen geſehen worden, die nach Finnland uͤbergegangen ſind; aber die ganze Rußiſche Flotte ſoll noch nicht in See ſeyn. Wir haben die unangenehme Nachricht erhalten, daß unſere Fregatte, Venus von 32 Kanonen, von den Ruſſen genommen worden. Es geht ein Geruͤcht, daß in der Nachbarſchaft von Sweaborg ein Rußiſches Kriegsſchiff unter die dortigen Felſen gerathen, und daß die Ruſſen genoͤthigt worden, das Schiff in Brand zu ſtecken, damit es den Schwe- den nicht in die Haͤnde falle. Die Rußiſchen Kriegsgefangenen, welche zu Haga arbeiteten, haben von da entfliehen wollen; man hat

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Zitationshilfe: Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 97, Hamburg, 19. Juni 1789, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hc_971906_1789/1>, abgerufen am 21.11.2024.