Staats und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheiischen Correspondenten. Nr. 133, Hamburg, 6. Juni 1832.[Spaltenumbruch]
der Lehren der gestürzten Regierung sowohl ihre Straßburg, den 30 Mai. Cardinal v. Rohan, Erzbischof von Besancon, der Freiburg, den 28 Mai. Von mehreren Zeitungen, welche unbezweifelt un- Mainz, den 26 Mai. Das hiesige Militär-Gouvernement, welches ver- (A. Z.) Mainz, den 27 Mai. Gestern fielen unruhige Auftritte hier vor. Eine (Rh. u. Mos. Ztg.) Mainz, den 30 Mai. Gelegentlich des Hambacher Constitutionsfestes, [Spaltenumbruch]
der Lehren der geſtürzten Regierung ſowohl ihre Straßburg, den 30 Mai. Cardinal v. Rohan, Erzbiſchof von Beſançon, der Freiburg, den 28 Mai. Von mehreren Zeitungen, welche unbezweifelt un- Mainz, den 26 Mai. Das hieſige Militär-Gouvernement, welches ver- (A. Z.) Mainz, den 27 Mai. Geſtern fielen unruhige Auftritte hier vor. Eine (Rh. u. Moſ. Ztg.) Mainz, den 30 Mai. Gelegentlich des Hambacher Conſtitutionsfeſtes, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jPoliticalNews"> <div xml:id="ar002" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="[3]"/><cb/> der Lehren der geſtürzten Regierung ſowohl ihre<lb/> Wünſche als ihr Bedauern zu erkennen gaben.<lb/> Wollte man ſie hören, ſo gab es nichts Heiligeres,<lb/> als die vor der Revolution beſtandenen Privilegien,<lb/> und kein Staat, keine Geſellſchaft war ohne erbliche<lb/> Pairie denkbar. Dieß war ein Gedanke aus der<lb/> Reſtauration. Wir, dem Grundſatze der Gleichheit<lb/> und der National-Souverän<choice><sic>e</sic><corr>i</corr></choice>tät getreu, haben den<lb/> Wunſch Frankreichs durchgeſetzt und die Erblichkeit<lb/> wurde abgeſchafft. Wir wollten mehr: wir ver-<lb/> langten, daß die legislative Gewalt auch in der an-<lb/> dern Kammer von einer Delegation des Souveräns,<lb/> d. h. der Nation, ausginge. Wir wollten nicht,<lb/> daß gewiſſe Pairs ſich legitimer nennen könnten,<lb/> als der König. Die Revolution, ſo bedünkte uns,<lb/> mußte ihre Geſetzgeber wählen, wie ſie ihre Richter<lb/> hätte einſetzen ſollen. Anders hat die Majorität<lb/> entſchieden: zwiſchen ihr und uns werden Zeit und<lb/> Erfahrung entſcheiden.<ref target="/nn_hamburgischer06_1832/ar004">(Fortſetzung folgt.)</ref></p> </div><lb/> <div type="jArticle"> <dateline> <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Straßburg,</hi> den 30 Mai.</hi> </dateline><lb/> <p>Cardinal v. 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Wir wollen nicht auf eine Unterſuchung<lb/> der jedenfalls trüben Quelle eingehen, aus welcher<lb/> dieſe beunruhigenden Gerüchte fließen, wollen auch<lb/> nicht von der Abſicht reden, die ihnen allenfalls zum<lb/> Grunde liegt, ſondern glauben nur, als Reſultat<lb/> deshalb eingezogener, zuverläſſiger Erkundigungen,<lb/> mitttheilen zu müſſen, daß von einer Zuſammenzie-<lb/> hung franzöſiſcher Truppen am Rheine auch nicht<lb/> die geringſte Spur vorhanden iſt. Jn der Nähe<lb/> der deutſchen Gränze am Oberrheine ſtehen keine an-<lb/> dren franzöſiſchen Truppen, als die gewöhnlichen<lb/> nur unbedeutenden Garniſonen in den Städten, die<lb/> nicht verſtärkt worden ſind: von einer Bedrohung<lb/> der badiſchen Gränze, wenigſtens von Seiten Fran-<lb/> reichs, kann demnach keine Rede ſeyn. 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Von letztern ſollen über 16,000,<lb/> ſo wie auch dreifarbige Bänder in Unzahl verfertigt<lb/> worden ſeyn. Noch bedeutender erſcheint das Ver-<lb/> theilen von politiſchen Katechismen an die Soldaten<lb/> der hieſigen Garniſon. Dieſe in Frage und Ant-<lb/> wort abgefaßten Katechismen ſind überſchrieben:<lb/> “Despotismus und Liberalismus.” Heute und in<lb/> den letztverfloſſenen Tagen ſind einige hundert Be-<lb/> wohner von hier nach Hambach abgereiſt. Unter<lb/> den patriotiſchen Wallfahrern ſollen ſich auch mehrere<lb/> naſſauiſche Deputirte, ſodann Hr. v. Jtzſtein, der<lb/> hieſige Gerichts-Präſident Mohr ꝛc. befinden. Meh-<lb/> rere tauſend Bewohner hatten ſich dieſen Morgen<lb/> in aller Frühe vor dem Stadtthore auf der Straße<lb/> nach Hambach verſammelt, um die Abreiſenden zu<lb/> ſehen und zu begrüßen, ohne ſich durch die Gegen-<lb/> wart eines Theils der unter die Waffen getretenen<lb/> Garniſon irre machen zu laſſen. Das Militär-<lb/> Gouvernement hatte alle Wachen verdoppelt und<lb/> zahlreiche Pikete ausgeſtellt. Doch zeigte ſich dieſe<lb/> Vorſichts-Maaßregel als unnöthig. Auf dem Lande<lb/> ſollen ganze Gemeinden nach Hambach wandern.<lb/></p> <closer>(<hi rendition="#fr">A. Z.</hi>)</closer> </div><lb/> <div type="jArticle"> <dateline> <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Mainz,</hi> den 27 Mai.</hi> </dateline><lb/> <p>Geſtern fielen unruhige Auftritte hier vor. Eine<lb/> Zahl von vielleicht 1000 Menſchen zogen durch unſre<lb/> Stadt, um dem Feſte auf dem Schloſſe Hambach<lb/> beizuwohnen. Außer mehreren Exceſſen, die ſie be-<lb/> gingen, verſuchten ſie die dreifarbige Fahne auf dem<lb/> Feſtungs-Rayon aufzupflanzen und ſich mit Gewalt<lb/> durch das Neuthor zu drängen, ſo daß das hieſige<lb/> Militär ſich genöthigt ſah, dem Unfuge zu ſteuern;<lb/> dem Fahnenträger, welcher der Aufforderung des<lb/> commandirenden Majors, die Fahne abzugeben,<lb/> nicht Genüge leiſten wollte, wurde dieſe von ei-<lb/> nem Lancier mit Gewalt entriſſen. Der Haufe<lb/> zog indeſſen ruhig weiter, und erſt außerhalb der<lb/> Werke fing der Lärm wieder an, der indeſſen unbe-<lb/> achtet blieb. Es ſollen mehrere Unruhſtifter bereits<lb/> in die Citadelle gebracht worden ſeyn.</p> <closer>(<hi rendition="#fr">Rh. u.<lb/> Moſ. 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der Lehren der geſtürzten Regierung ſowohl ihre
Wünſche als ihr Bedauern zu erkennen gaben.
Wollte man ſie hören, ſo gab es nichts Heiligeres,
als die vor der Revolution beſtandenen Privilegien,
und kein Staat, keine Geſellſchaft war ohne erbliche
Pairie denkbar. Dieß war ein Gedanke aus der
Reſtauration. Wir, dem Grundſatze der Gleichheit
und der National-Souveränität getreu, haben den
Wunſch Frankreichs durchgeſetzt und die Erblichkeit
wurde abgeſchafft. Wir wollten mehr: wir ver-
langten, daß die legislative Gewalt auch in der an-
dern Kammer von einer Delegation des Souveräns,
d. h. der Nation, ausginge. Wir wollten nicht,
daß gewiſſe Pairs ſich legitimer nennen könnten,
als der König. Die Revolution, ſo bedünkte uns,
mußte ihre Geſetzgeber wählen, wie ſie ihre Richter
hätte einſetzen ſollen. Anders hat die Majorität
entſchieden: zwiſchen ihr und uns werden Zeit und
Erfahrung entſcheiden.(Fortſetzung folgt.)
Straßburg, den 30 Mai.
Cardinal v. Rohan, Erzbiſchof von Beſançon, der
ſeit der Juli-Revolution nicht in ſeiner Diöceſe er-
ſchienen war, ſondern ſich unterdeſſen als Geſandter
Carls X. zu Rom aufhielt, iſt am 24 d. nach
Beſançon zurückgekehrt. Am nämlichen Abend
ſtrömte eine Menge von Bürgern nach dem erz-
biſchöflichen Pallaſt und brachte demſelben eine Spott-
muſik; an den beiden folgenden Tagen wurde die-
ſelbe wiederholt, ohne daß jedoch Unordnungen hier-
aus entſtanden wären. Die Truppen traten unter
die Waffen; allein Gewalt wurde nicht gebraucht,
ſondern der Auflauf zerſtreute ſich nach dem Chari-
vari und der Anfpflanzung der dreifarbigen Fahne
auf dem erzbiſchöflichen Pallaſte. Zwei oder drei
Betrunkene, deren Reden zur Unordnung reizten,
wurden angehalten. Allgemein ertönte der Ruf:
“Wir wollen nicht, daß der Erzbiſchof zu Beſançon
bleibe: er gehe fort, er iſt ein Carliſt!”
Freiburg, den 28 Mai.
Von mehreren Zeitungen, welche unbezweifelt un-
ter dem Einfluſſe von gewiſſen Cabinetten ſtehen,
wird ſeit einiger Zeit das Gerücht mitgetheilt, daß
in der Nähe von Hüningen und weiter hinab am
Rheine eine beträchtliche franzöſiſche Truppenmacht
ſich gleichſam als Obſervationscorps concentrire, mit
welcher noch dazu von deutſcher Seite Communica-
tion gepflogen werde. Man ſetzt hinzu, daß es bei
ſo bewandten Umſtänden nöthig erſcheine, in die be-
drohten Gegenden von Seiten des deutſchen Bundes
eine bedeutende Truppenmacht zu legen, um Deutſch-
land vor etwanigen Anfechtungen hinlänglich zu
ſchützen. Wir wollen nicht auf eine Unterſuchung
der jedenfalls trüben Quelle eingehen, aus welcher
dieſe beunruhigenden Gerüchte fließen, wollen auch
nicht von der Abſicht reden, die ihnen allenfalls zum
Grunde liegt, ſondern glauben nur, als Reſultat
deshalb eingezogener, zuverläſſiger Erkundigungen,
mitttheilen zu müſſen, daß von einer Zuſammenzie-
hung franzöſiſcher Truppen am Rheine auch nicht
die geringſte Spur vorhanden iſt. Jn der Nähe
der deutſchen Gränze am Oberrheine ſtehen keine an-
dren franzöſiſchen Truppen, als die gewöhnlichen
nur unbedeutenden Garniſonen in den Städten, die
nicht verſtärkt worden ſind: von einer Bedrohung
der badiſchen Gränze, wenigſtens von Seiten Fran-
reichs, kann demnach keine Rede ſeyn. (Freiſinnige.)
Mainz, den 26 Mai.
Das hieſige Militär-Gouvernement, welches ver-
möge der beſtehenden Verträge die hohe Polizei im
Gebiete der Bundesfeſtung ausübt, hat an die hieſige
Großherzogl. Regierung die Anzeige ergehen laſſen,
daß die “revolutionäre Partei” Cocarden von Roth,
Schwarz und Gold verfertigen laſſe, welche das
Emblem eines vereinigten deutſchen Reiches ſeyn
ſollten. Das Militär-Gouvernement ſpricht dabei
aus, daß es das Tragen des erwähnten Abzeichens
im Rayon der Feſtung nicht dulden werde, und for-
dert zu gleichem Zwecke die Mitwirkung der Regie-
rung auf. Wie man vernimmt, haben ſich auch
wirklich ſchon einige Fremde mit jenen Cocarden
öffentlich gezeigt. Von letztern ſollen über 16,000,
ſo wie auch dreifarbige Bänder in Unzahl verfertigt
worden ſeyn. Noch bedeutender erſcheint das Ver-
theilen von politiſchen Katechismen an die Soldaten
der hieſigen Garniſon. Dieſe in Frage und Ant-
wort abgefaßten Katechismen ſind überſchrieben:
“Despotismus und Liberalismus.” Heute und in
den letztverfloſſenen Tagen ſind einige hundert Be-
wohner von hier nach Hambach abgereiſt. Unter
den patriotiſchen Wallfahrern ſollen ſich auch mehrere
naſſauiſche Deputirte, ſodann Hr. v. Jtzſtein, der
hieſige Gerichts-Präſident Mohr ꝛc. befinden. Meh-
rere tauſend Bewohner hatten ſich dieſen Morgen
in aller Frühe vor dem Stadtthore auf der Straße
nach Hambach verſammelt, um die Abreiſenden zu
ſehen und zu begrüßen, ohne ſich durch die Gegen-
wart eines Theils der unter die Waffen getretenen
Garniſon irre machen zu laſſen. Das Militär-
Gouvernement hatte alle Wachen verdoppelt und
zahlreiche Pikete ausgeſtellt. Doch zeigte ſich dieſe
Vorſichts-Maaßregel als unnöthig. Auf dem Lande
ſollen ganze Gemeinden nach Hambach wandern.
(A. Z.)
Mainz, den 27 Mai.
Geſtern fielen unruhige Auftritte hier vor. Eine
Zahl von vielleicht 1000 Menſchen zogen durch unſre
Stadt, um dem Feſte auf dem Schloſſe Hambach
beizuwohnen. Außer mehreren Exceſſen, die ſie be-
gingen, verſuchten ſie die dreifarbige Fahne auf dem
Feſtungs-Rayon aufzupflanzen und ſich mit Gewalt
durch das Neuthor zu drängen, ſo daß das hieſige
Militär ſich genöthigt ſah, dem Unfuge zu ſteuern;
dem Fahnenträger, welcher der Aufforderung des
commandirenden Majors, die Fahne abzugeben,
nicht Genüge leiſten wollte, wurde dieſe von ei-
nem Lancier mit Gewalt entriſſen. Der Haufe
zog indeſſen ruhig weiter, und erſt außerhalb der
Werke fing der Lärm wieder an, der indeſſen unbe-
achtet blieb. Es ſollen mehrere Unruhſtifter bereits
in die Citadelle gebracht worden ſeyn.
(Rh. u.
Moſ. Ztg.)
Mainz, den 30 Mai.
Gelegentlich des Hambacher Conſtitutionsfeſtes,
woran auch von hier circa 150 — 200 Perſonen An-
theil nahmen, und wobei, der Feſtordnung gemäß,
jeder Theilnehmer eine deutſche Cocarde zu tragen
hatte (ſchwarz, roth und Gold), fielen einige Arre-
ſtationen von Seiten der Militärbehörde vor, die
ſolche Perſonen betreffen, welche in dem hieſigen Fe-
ſtungsrayon (gewiß mehr aus Spaß und Unkennt-
niß eines desfallſigen Verbots, als aus irgend einer
andern böſen Abſicht) — mit ſolchen Cocarden be-
kleidet betroffen wurden. Jn einem ſolchen Tu-
mult wurde auch ein hieſiger ganz unſchuldiger acht-
barer Bürger, der an das Tragen einer Cocarde gar
nicht dachte, mitarretirt, welches allſeitig bedauert
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