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Staats und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheiischen Correspondenten. Nr. 133, Hamburg, 6. Juni 1832.

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[Spaltenumbruch] der Lehren der gestürzten Regierung sowohl ihre
Wünsche als ihr Bedauern zu erkennen gaben.
Wollte man sie hören, so gab es nichts Heiligeres,
als die vor der Revolution bestandenen Privilegien,
und kein Staat, keine Gesellschaft war ohne erbliche
Pairie denkbar. Dieß war ein Gedanke aus der
Restauration. Wir, dem Grundsatze der Gleichheit
und der National-Souveränität getreu, haben den
Wunsch Frankreichs durchgesetzt und die Erblichkeit
wurde abgeschafft. Wir wollten mehr: wir ver-
langten, daß die legislative Gewalt auch in der an-
dern Kammer von einer Delegation des Souveräns,
d. h. der Nation, ausginge. Wir wollten nicht,
daß gewisse Pairs sich legitimer nennen könnten,
als der König. Die Revolution, so bedünkte uns,
mußte ihre Gesetzgeber wählen, wie sie ihre Richter
hätte einsetzen sollen. Anders hat die Majorität
entschieden: zwischen ihr und uns werden Zeit und
Erfahrung entscheiden.(Fortsetzung folgt.)


Cardinal v. Rohan, Erzbischof von Besancon, der
seit der Juli-Revolution nicht in seiner Diöcese er-
schienen war, sondern sich unterdessen als Gesandter
Carls X. zu Rom aufhielt, ist am 24 d. nach
Besancon zurückgekehrt. Am nämlichen Abend
strömte eine Menge von Bürgern nach dem erz-
bischöflichen Pallast und brachte demselben eine Spott-
musik; an den beiden folgenden Tagen wurde die-
selbe wiederholt, ohne daß jedoch Unordnungen hier-
aus entstanden wären. Die Truppen traten unter
die Waffen; allein Gewalt wurde nicht gebraucht,
sondern der Auflauf zerstreute sich nach dem Chari-
vari und der Anfpflanzung der dreifarbigen Fahne
auf dem erzbischöflichen Pallaste. Zwei oder drei
Betrunkene, deren Reden zur Unordnung reizten,
wurden angehalten. Allgemein ertönte der R[u]f:
"Wir wollen nicht, daß der Erzbischof zu Besancon
bleibe: er gehe fort, er ist ein Carlist!"


Von mehreren Zeitungen, welche unbezweifelt un-
ter dem Einflusse von gewissen Cabinetten stehen,
wird seit einiger Zeit das Gerücht mitgetheilt, daß
in der Nähe von Hüningen und weiter hinab am
Rheine eine beträchtliche französische Truppenmacht
sich gleichsam als Observationscorps concentrire, mit
welcher noch dazu von deutscher Seite Communica-
tion gepflogen werde. Man setzt hinzu, daß es bei
so bewandten Umständen nöthig erscheine, in die be-
drohten Gegenden von Seiten des deutschen Bundes
eine bedeutende Truppenmacht zu legen, um Deutsch-
land vor etwanigen Anfechtungen hinlänglich zu
schützen. Wir wollen nicht auf eine Untersuchung
der jedenfalls trüben Quelle eingehen, aus welcher
diese beunruhigenden Gerüchte fließen, wollen auch
nicht von der Absicht reden, die ihnen allenfalls zum
Grunde liegt, sondern glauben nur, als Resultat
deshalb eingezogener, zuverlässiger Erkundigungen,
mitttheilen zu müssen, daß von einer Zusammenzie-
hung französischer Truppen am Rheine auch nicht
die geringste Spur vorhanden ist. Jn der Nähe
der deutschen Gränze am Oberrheine stehen keine an-
dren französischen Truppen, als die gewöhnlichen
nur unbedeutenden Garnisonen in den Städten, die
nicht verstärkt worden sind: von einer Bedrohung
der badischen Gränze, wenigstens von Seiten Fran-
reichs, kann demnach keine Rede seyn. (Freisinnige.)


Das hiesige Militär-Gouvernement, welches ver-
[Spaltenumbruch] möge der bestehenden Verträge die hohe Polizei im
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Großherzogl. Regierung die Anzeige ergehen lassen,
daß die "revolutionäre Partei" Cocarden von Roth,
Schwarz und Gold verfertigen lasse, welche das
Emblem eines vereinigten deutschen Reiches seyn
sollten. Das Militär-Gouvernement spricht dabei
aus, daß es das Tragen des erwähnten Abzeichens
im Rayon der Festung nicht dulden werde, und for-
dert zu gleichem Zwecke die Mitwirkung der Regie-
rung auf. Wie man vernimmt, haben sich auch
wirklich schon einige Fremde mit jenen Cocarden
öffentlich gezeigt. Von letztern sollen über 16,000,
so wie auch dreifarbige Bänder in Unzahl verfertigt
worden seyn. Noch bedeutender erscheint das Ver-
theilen von politischen Katechismen an die Soldaten
der hiesigen Garnison. Diese in Frage und Ant-
wort abgefaßten Katechismen sind überschrieben:
"Despotismus und Liberalismus." Heute und in
den letztverflossenen Tagen sind einige hundert Be-
wohner von hier nach Hambach abgereist. Unter
den patriotischen Wallfahrern sollen sich auch mehrere
nassauische Deputirte, sodann Hr. v. Jtzstein, der
hiesige Gerichts-Präsident Mohr etc. befinden. Meh-
rere tausend Bewohner hatten sich diesen Morgen
in aller Frühe vor dem Stadtthore auf der Straße
nach Hambach versammelt, um die Abreisenden zu
sehen und zu begrüßen, ohne sich durch die Gegen-
wart eines Theils der unter die Waffen getretenen
Garnison irre machen zu lassen. Das Militär-
Gouvernement hatte alle Wachen verdoppelt und
zahlreiche Pikete ausgestellt. Doch zeigte sich diese
Vorsichts-Maaßregel als unnöthig. Auf dem Lande
sollen ganze Gemeinden nach Hambach wandern.

(A. Z.)

Gestern fielen unruhige Auftritte hier vor. Eine
Zahl von vielleicht 1000 Menschen zogen durch unsre
Stadt, um dem Feste auf dem Schlosse Hambach
beizuwohnen. Außer mehreren Excessen, die sie be-
gingen, versuchten sie die dreifarbige Fahne auf dem
Festungs-Rayon aufzupflanzen und sich mit Gewalt
durch das Neuthor zu drängen, so daß das hiesige
Militär sich genöthigt sah, dem Unfuge zu steuern;
dem Fahnenträger, welcher der Aufforderung des
commandirenden Majors, die Fahne abzugeben,
nicht Genüge leisten wollte, wurde diese von ei-
nem Lancier mit Gewalt entrissen. Der Haufe
zog indessen ruhig weiter, und erst außerhalb der
Werke fing der Lärm wieder an, der indessen unbe-
achtet blieb. Es sollen mehrere Unruhstifter bereits
in die Citadelle gebracht worden seyn.

(Rh. u.
Mos. Ztg.
)

Gelegentlich des Hambacher Constitutionsfestes,
woran auch von hier circa 150 -- 200 Personen An-
theil nahmen, und wobei, der Festordnung gemäß,
jeder Theilnehmer eine deutsche Cocarde zu tragen
hatte (schwarz, roth und Gold), fielen einige Arre-
stationen von Seiten der Militärbehörde vor, die
solche Personen betreffen, welche in dem hiesigen Fe-
stungsrayon (gewiß mehr aus Spaß und Unkennt-
niß eines desfallsigen Verbots, als aus irgend einer
andern bösen Absicht) -- mit solchen Cocarden be-
kleidet betroffen wurden. Jn einem solchen Tu-
mult wurde auch ein hiesiger ganz unschuldiger acht-
barer Bürger, der an das Tragen einer Cocarde gar
nicht dachte, mitarretirt, welches allseitig bedauert

[Spaltenumbruch] der Lehren der geſtürzten Regierung ſowohl ihre
Wünſche als ihr Bedauern zu erkennen gaben.
Wollte man ſie hören, ſo gab es nichts Heiligeres,
als die vor der Revolution beſtandenen Privilegien,
und kein Staat, keine Geſellſchaft war ohne erbliche
Pairie denkbar. Dieß war ein Gedanke aus der
Reſtauration. Wir, dem Grundſatze der Gleichheit
und der National-Souveränität getreu, haben den
Wunſch Frankreichs durchgeſetzt und die Erblichkeit
wurde abgeſchafft. Wir wollten mehr: wir ver-
langten, daß die legislative Gewalt auch in der an-
dern Kammer von einer Delegation des Souveräns,
d. h. der Nation, ausginge. Wir wollten nicht,
daß gewiſſe Pairs ſich legitimer nennen könnten,
als der König. Die Revolution, ſo bedünkte uns,
mußte ihre Geſetzgeber wählen, wie ſie ihre Richter
hätte einſetzen ſollen. Anders hat die Majorität
entſchieden: zwiſchen ihr und uns werden Zeit und
Erfahrung entſcheiden.(Fortſetzung folgt.)


Cardinal v. Rohan, Erzbiſchof von Beſançon, der
ſeit der Juli-Revolution nicht in ſeiner Diöceſe er-
ſchienen war, ſondern ſich unterdeſſen als Geſandter
Carls X. zu Rom aufhielt, iſt am 24 d. nach
Beſançon zurückgekehrt. Am nämlichen Abend
ſtrömte eine Menge von Bürgern nach dem erz-
biſchöflichen Pallaſt und brachte demſelben eine Spott-
muſik; an den beiden folgenden Tagen wurde die-
ſelbe wiederholt, ohne daß jedoch Unordnungen hier-
aus entſtanden wären. Die Truppen traten unter
die Waffen; allein Gewalt wurde nicht gebraucht,
ſondern der Auflauf zerſtreute ſich nach dem Chari-
vari und der Anfpflanzung der dreifarbigen Fahne
auf dem erzbiſchöflichen Pallaſte. Zwei oder drei
Betrunkene, deren Reden zur Unordnung reizten,
wurden angehalten. Allgemein ertönte der R[u]f:
“Wir wollen nicht, daß der Erzbiſchof zu Beſançon
bleibe: er gehe fort, er iſt ein Carliſt!”


Von mehreren Zeitungen, welche unbezweifelt un-
ter dem Einfluſſe von gewiſſen Cabinetten ſtehen,
wird ſeit einiger Zeit das Gerücht mitgetheilt, daß
in der Nähe von Hüningen und weiter hinab am
Rheine eine beträchtliche franzöſiſche Truppenmacht
ſich gleichſam als Obſervationscorps concentrire, mit
welcher noch dazu von deutſcher Seite Communica-
tion gepflogen werde. Man ſetzt hinzu, daß es bei
ſo bewandten Umſtänden nöthig erſcheine, in die be-
drohten Gegenden von Seiten des deutſchen Bundes
eine bedeutende Truppenmacht zu legen, um Deutſch-
land vor etwanigen Anfechtungen hinlänglich zu
ſchützen. Wir wollen nicht auf eine Unterſuchung
der jedenfalls trüben Quelle eingehen, aus welcher
dieſe beunruhigenden Gerüchte fließen, wollen auch
nicht von der Abſicht reden, die ihnen allenfalls zum
Grunde liegt, ſondern glauben nur, als Reſultat
deshalb eingezogener, zuverläſſiger Erkundigungen,
mitttheilen zu müſſen, daß von einer Zuſammenzie-
hung franzöſiſcher Truppen am Rheine auch nicht
die geringſte Spur vorhanden iſt. Jn der Nähe
der deutſchen Gränze am Oberrheine ſtehen keine an-
dren franzöſiſchen Truppen, als die gewöhnlichen
nur unbedeutenden Garniſonen in den Städten, die
nicht verſtärkt worden ſind: von einer Bedrohung
der badiſchen Gränze, wenigſtens von Seiten Fran-
reichs, kann demnach keine Rede ſeyn. (Freiſinnige.)


Das hieſige Militär-Gouvernement, welches ver-
[Spaltenumbruch] möge der beſtehenden Verträge die hohe Polizei im
Gebiete der Bundesfeſtung ausübt, hat an die hieſige
Großherzogl. Regierung die Anzeige ergehen laſſen,
daß die “revolutionäre Partei” Cocarden von Roth,
Schwarz und Gold verfertigen laſſe, welche das
Emblem eines vereinigten deutſchen Reiches ſeyn
ſollten. Das Militär-Gouvernement ſpricht dabei
aus, daß es das Tragen des erwähnten Abzeichens
im Rayon der Feſtung nicht dulden werde, und for-
dert zu gleichem Zwecke die Mitwirkung der Regie-
rung auf. Wie man vernimmt, haben ſich auch
wirklich ſchon einige Fremde mit jenen Cocarden
öffentlich gezeigt. Von letztern ſollen über 16,000,
ſo wie auch dreifarbige Bänder in Unzahl verfertigt
worden ſeyn. Noch bedeutender erſcheint das Ver-
theilen von politiſchen Katechismen an die Soldaten
der hieſigen Garniſon. Dieſe in Frage und Ant-
wort abgefaßten Katechismen ſind überſchrieben:
“Despotismus und Liberalismus.” Heute und in
den letztverfloſſenen Tagen ſind einige hundert Be-
wohner von hier nach Hambach abgereiſt. Unter
den patriotiſchen Wallfahrern ſollen ſich auch mehrere
naſſauiſche Deputirte, ſodann Hr. v. Jtzſtein, der
hieſige Gerichts-Präſident Mohr ꝛc. befinden. Meh-
rere tauſend Bewohner hatten ſich dieſen Morgen
in aller Frühe vor dem Stadtthore auf der Straße
nach Hambach verſammelt, um die Abreiſenden zu
ſehen und zu begrüßen, ohne ſich durch die Gegen-
wart eines Theils der unter die Waffen getretenen
Garniſon irre machen zu laſſen. Das Militär-
Gouvernement hatte alle Wachen verdoppelt und
zahlreiche Pikete ausgeſtellt. Doch zeigte ſich dieſe
Vorſichts-Maaßregel als unnöthig. Auf dem Lande
ſollen ganze Gemeinden nach Hambach wandern.

(A. Z.)

Geſtern fielen unruhige Auftritte hier vor. Eine
Zahl von vielleicht 1000 Menſchen zogen durch unſre
Stadt, um dem Feſte auf dem Schloſſe Hambach
beizuwohnen. Außer mehreren Exceſſen, die ſie be-
gingen, verſuchten ſie die dreifarbige Fahne auf dem
Feſtungs-Rayon aufzupflanzen und ſich mit Gewalt
durch das Neuthor zu drängen, ſo daß das hieſige
Militär ſich genöthigt ſah, dem Unfuge zu ſteuern;
dem Fahnenträger, welcher der Aufforderung des
commandirenden Majors, die Fahne abzugeben,
nicht Genüge leiſten wollte, wurde dieſe von ei-
nem Lancier mit Gewalt entriſſen. Der Haufe
zog indeſſen ruhig weiter, und erſt außerhalb der
Werke fing der Lärm wieder an, der indeſſen unbe-
achtet blieb. Es ſollen mehrere Unruhſtifter bereits
in die Citadelle gebracht worden ſeyn.

(Rh. u.
Moſ. Ztg.
)

Gelegentlich des Hambacher Conſtitutionsfeſtes,
woran auch von hier circa 150 — 200 Perſonen An-
theil nahmen, und wobei, der Feſtordnung gemäß,
jeder Theilnehmer eine deutſche Cocarde zu tragen
hatte (ſchwarz, roth und Gold), fielen einige Arre-
ſtationen von Seiten der Militärbehörde vor, die
ſolche Perſonen betreffen, welche in dem hieſigen Fe-
ſtungsrayon (gewiß mehr aus Spaß und Unkennt-
niß eines desfallſigen Verbots, als aus irgend einer
andern böſen Abſicht) — mit ſolchen Cocarden be-
kleidet betroffen wurden. Jn einem ſolchen Tu-
mult wurde auch ein hieſiger ganz unſchuldiger acht-
barer Bürger, der an das Tragen einer Cocarde gar
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[[3]/0003] der Lehren der geſtürzten Regierung ſowohl ihre Wünſche als ihr Bedauern zu erkennen gaben. Wollte man ſie hören, ſo gab es nichts Heiligeres, als die vor der Revolution beſtandenen Privilegien, und kein Staat, keine Geſellſchaft war ohne erbliche Pairie denkbar. Dieß war ein Gedanke aus der Reſtauration. Wir, dem Grundſatze der Gleichheit und der National-Souveränität getreu, haben den Wunſch Frankreichs durchgeſetzt und die Erblichkeit wurde abgeſchafft. Wir wollten mehr: wir ver- langten, daß die legislative Gewalt auch in der an- dern Kammer von einer Delegation des Souveräns, d. h. der Nation, ausginge. Wir wollten nicht, daß gewiſſe Pairs ſich legitimer nennen könnten, als der König. Die Revolution, ſo bedünkte uns, mußte ihre Geſetzgeber wählen, wie ſie ihre Richter hätte einſetzen ſollen. Anders hat die Majorität entſchieden: zwiſchen ihr und uns werden Zeit und Erfahrung entſcheiden.(Fortſetzung folgt.) Straßburg, den 30 Mai. Cardinal v. Rohan, Erzbiſchof von Beſançon, der ſeit der Juli-Revolution nicht in ſeiner Diöceſe er- ſchienen war, ſondern ſich unterdeſſen als Geſandter Carls X. zu Rom aufhielt, iſt am 24 d. nach Beſançon zurückgekehrt. Am nämlichen Abend ſtrömte eine Menge von Bürgern nach dem erz- biſchöflichen Pallaſt und brachte demſelben eine Spott- muſik; an den beiden folgenden Tagen wurde die- ſelbe wiederholt, ohne daß jedoch Unordnungen hier- aus entſtanden wären. Die Truppen traten unter die Waffen; allein Gewalt wurde nicht gebraucht, ſondern der Auflauf zerſtreute ſich nach dem Chari- vari und der Anfpflanzung der dreifarbigen Fahne auf dem erzbiſchöflichen Pallaſte. Zwei oder drei Betrunkene, deren Reden zur Unordnung reizten, wurden angehalten. Allgemein ertönte der Ruf: “Wir wollen nicht, daß der Erzbiſchof zu Beſançon bleibe: er gehe fort, er iſt ein Carliſt!” Freiburg, den 28 Mai. Von mehreren Zeitungen, welche unbezweifelt un- ter dem Einfluſſe von gewiſſen Cabinetten ſtehen, wird ſeit einiger Zeit das Gerücht mitgetheilt, daß in der Nähe von Hüningen und weiter hinab am Rheine eine beträchtliche franzöſiſche Truppenmacht ſich gleichſam als Obſervationscorps concentrire, mit welcher noch dazu von deutſcher Seite Communica- tion gepflogen werde. Man ſetzt hinzu, daß es bei ſo bewandten Umſtänden nöthig erſcheine, in die be- drohten Gegenden von Seiten des deutſchen Bundes eine bedeutende Truppenmacht zu legen, um Deutſch- land vor etwanigen Anfechtungen hinlänglich zu ſchützen. Wir wollen nicht auf eine Unterſuchung der jedenfalls trüben Quelle eingehen, aus welcher dieſe beunruhigenden Gerüchte fließen, wollen auch nicht von der Abſicht reden, die ihnen allenfalls zum Grunde liegt, ſondern glauben nur, als Reſultat deshalb eingezogener, zuverläſſiger Erkundigungen, mitttheilen zu müſſen, daß von einer Zuſammenzie- hung franzöſiſcher Truppen am Rheine auch nicht die geringſte Spur vorhanden iſt. Jn der Nähe der deutſchen Gränze am Oberrheine ſtehen keine an- dren franzöſiſchen Truppen, als die gewöhnlichen nur unbedeutenden Garniſonen in den Städten, die nicht verſtärkt worden ſind: von einer Bedrohung der badiſchen Gränze, wenigſtens von Seiten Fran- reichs, kann demnach keine Rede ſeyn. (Freiſinnige.) Mainz, den 26 Mai. Das hieſige Militär-Gouvernement, welches ver- möge der beſtehenden Verträge die hohe Polizei im Gebiete der Bundesfeſtung ausübt, hat an die hieſige Großherzogl. Regierung die Anzeige ergehen laſſen, daß die “revolutionäre Partei” Cocarden von Roth, Schwarz und Gold verfertigen laſſe, welche das Emblem eines vereinigten deutſchen Reiches ſeyn ſollten. Das Militär-Gouvernement ſpricht dabei aus, daß es das Tragen des erwähnten Abzeichens im Rayon der Feſtung nicht dulden werde, und for- dert zu gleichem Zwecke die Mitwirkung der Regie- rung auf. Wie man vernimmt, haben ſich auch wirklich ſchon einige Fremde mit jenen Cocarden öffentlich gezeigt. Von letztern ſollen über 16,000, ſo wie auch dreifarbige Bänder in Unzahl verfertigt worden ſeyn. Noch bedeutender erſcheint das Ver- theilen von politiſchen Katechismen an die Soldaten der hieſigen Garniſon. Dieſe in Frage und Ant- wort abgefaßten Katechismen ſind überſchrieben: “Despotismus und Liberalismus.” Heute und in den letztverfloſſenen Tagen ſind einige hundert Be- wohner von hier nach Hambach abgereiſt. Unter den patriotiſchen Wallfahrern ſollen ſich auch mehrere naſſauiſche Deputirte, ſodann Hr. v. Jtzſtein, der hieſige Gerichts-Präſident Mohr ꝛc. befinden. Meh- rere tauſend Bewohner hatten ſich dieſen Morgen in aller Frühe vor dem Stadtthore auf der Straße nach Hambach verſammelt, um die Abreiſenden zu ſehen und zu begrüßen, ohne ſich durch die Gegen- wart eines Theils der unter die Waffen getretenen Garniſon irre machen zu laſſen. Das Militär- Gouvernement hatte alle Wachen verdoppelt und zahlreiche Pikete ausgeſtellt. Doch zeigte ſich dieſe Vorſichts-Maaßregel als unnöthig. Auf dem Lande ſollen ganze Gemeinden nach Hambach wandern. (A. Z.) Mainz, den 27 Mai. Geſtern fielen unruhige Auftritte hier vor. Eine Zahl von vielleicht 1000 Menſchen zogen durch unſre Stadt, um dem Feſte auf dem Schloſſe Hambach beizuwohnen. Außer mehreren Exceſſen, die ſie be- gingen, verſuchten ſie die dreifarbige Fahne auf dem Feſtungs-Rayon aufzupflanzen und ſich mit Gewalt durch das Neuthor zu drängen, ſo daß das hieſige Militär ſich genöthigt ſah, dem Unfuge zu ſteuern; dem Fahnenträger, welcher der Aufforderung des commandirenden Majors, die Fahne abzugeben, nicht Genüge leiſten wollte, wurde dieſe von ei- nem Lancier mit Gewalt entriſſen. Der Haufe zog indeſſen ruhig weiter, und erſt außerhalb der Werke fing der Lärm wieder an, der indeſſen unbe- achtet blieb. Es ſollen mehrere Unruhſtifter bereits in die Citadelle gebracht worden ſeyn. (Rh. u. Moſ. Ztg.) Mainz, den 30 Mai. Gelegentlich des Hambacher Conſtitutionsfeſtes, woran auch von hier circa 150 — 200 Perſonen An- theil nahmen, und wobei, der Feſtordnung gemäß, jeder Theilnehmer eine deutſche Cocarde zu tragen hatte (ſchwarz, roth und Gold), fielen einige Arre- ſtationen von Seiten der Militärbehörde vor, die ſolche Perſonen betreffen, welche in dem hieſigen Fe- ſtungsrayon (gewiß mehr aus Spaß und Unkennt- niß eines desfallſigen Verbots, als aus irgend einer andern böſen Abſicht) — mit ſolchen Cocarden be- kleidet betroffen wurden. Jn einem ſolchen Tu- mult wurde auch ein hieſiger ganz unſchuldiger acht- barer Bürger, der an das Tragen einer Cocarde gar nicht dachte, mitarretirt, welches allſeitig bedauert

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Zitationshilfe: Staats und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheiischen Correspondenten. Nr. 133, Hamburg, 6. Juni 1832, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hc_1330606_1832/3>, abgerufen am 21.11.2024.