Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892.
gelegenheiten mir zu überlaßen, mir ganz allein! Verstehen Sie mich? Weinhold (steht einen Augenblick starr und todtenblaß, und verbeugt sich dann mit einem fremden Lächeln. Leise.) Gewiß, gewiß, ich habe Sie verstanden. Jch sah es kommen; es ent- spricht meinen Wünschen. (Ab.) Dreißiger. (brutal). Dann aber doch möglichst bald, wir brauchen das Zimmer. Frau Dreißiger. Aber Wilhelm, Wilhelm! Dreißiger. Bist Du wohl bei Sinnen? Du willst einen Menschen in Schutz nehmen, der solche Pöbeleien und Schurkereien wie dieses Schmählied da vertheidigt. Frau Dreißiger. Aber Männdel, Männdel, er hat's ja garnicht ... Dreißiger. Herr Pastor, hat er's vertheidigt? Oder hat er's nicht vertheidigt? Kittelhaus. Herr Dreissiger, man muß es seiner Jugend zugute halten. Fr. Kittelhaus. Jch weiß nicht, der junge Mensch ist aus einer so guten und achtbaren Familie. Vierzig Jahr war sein Vater als Beamter thätig und hat sich nie auch nur das geringste zu schulden kommen lassen. Die Mutter war so überglücklich, daß er hier ein so schönes Unterkommen gefunden hatte. Und nun ... nun weiß er sich das so wenig wahrzunehmen. Pfeifer (reißt die Flurthür auf, schreit herein). Herr Dreissicher, Herr Dreissicher! se habn 'n feste. Se mechten kommen. Se haben een'n gefangen. Dreißiger (hastig). Jst Jemand zur Polizei gelaufen? Pfeifer. D'r Herr Verwalter kommt schonn die Treppe ruff. Dreißiger (in der Thür). Ergebener Diener, Herr Verwalter! Es freut mich, daß Sie gekommen sind.
gelegenheiten mir zu überlaßen, mir ganz allein! Verſtehen Sie mich? Weinhold (ſteht einen Augenblick ſtarr und todtenblaß, und verbeugt ſich dann mit einem fremden Lächeln. Leiſe.) Gewiß, gewiß, ich habe Sie verſtanden. Jch ſah es kommen; es ent- ſpricht meinen Wünſchen. (Ab.) Dreißiger. (brutal). Dann aber doch möglichſt bald, wir brauchen das Zimmer. Frau Dreißiger. Aber Wilhelm, Wilhelm! Dreißiger. Biſt Du wohl bei Sinnen? Du willſt einen Menſchen in Schutz nehmen, der ſolche Pöbeleien und Schurkereien wie dieſes Schmählied da vertheidigt. Frau Dreißiger. Aber Männdel, Männdel, er hat’s ja garnicht … Dreißiger. Herr Paſtor, hat er’s vertheidigt? Oder hat er’s nicht vertheidigt? Kittelhaus. Herr Dreiſſiger, man muß es ſeiner Jugend zugute halten. Fr. Kittelhaus. Jch weiß nicht, der junge Menſch iſt aus einer ſo guten und achtbaren Familie. Vierzig Jahr war ſein Vater als Beamter thätig und hat ſich nie auch nur das geringſte zu ſchulden kommen laſſen. Die Mutter war ſo überglücklich, daß er hier ein ſo ſchönes Unterkommen gefunden hatte. Und nun … nun weiß er ſich das ſo wenig wahrzunehmen. Pfeifer (reißt die Flurthür auf, ſchreit herein). Herr Dreiſſicher, Herr Dreiſſicher! ſe habn ’n feſte. Se mechten kommen. Se haben een’n gefangen. Dreißiger (haſtig). Jſt Jemand zur Polizei gelaufen? Pfeifer. D’r Herr Verwalter kommt ſchonn die Treppe ruff. Dreißiger (in der Thür). Ergebener Diener, Herr Verwalter! Es freut mich, daß Sie gekommen ſind. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#DRE"> <p><pb facs="#f0090" n="77"/> gelegenheiten mir zu überlaßen, mir ganz allein!<lb/> Verſtehen Sie mich?</p> </sp><lb/> <sp who="#WEIN"> <speaker> <hi rendition="#g">Weinhold</hi> </speaker> <stage>(ſteht einen Augenblick ſtarr und todtenblaß, und verbeugt<lb/> ſich dann mit einem fremden Lächeln. Leiſe.)</stage> <p>Gewiß, gewiß, ich<lb/> habe Sie verſtanden. Jch ſah es kommen; es ent-<lb/> ſpricht meinen Wünſchen.</p> <stage>(Ab.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#DRE"> <speaker><hi rendition="#g">Dreißiger</hi>.</speaker> <stage>(brutal).</stage> <p>Dann aber doch möglichſt<lb/> bald, wir brauchen das Zimmer.</p> </sp><lb/> <sp who="#FRDRE"> <speaker><hi rendition="#g">Frau Dreißiger</hi>.</speaker> <p>Aber Wilhelm, Wilhelm!</p> </sp><lb/> <sp who="#DRE"> <speaker><hi rendition="#g">Dreißiger</hi>.</speaker> <p>Biſt Du wohl bei Sinnen? Du<lb/> willſt einen Menſchen in Schutz nehmen, der ſolche<lb/> Pöbeleien und Schurkereien wie dieſes Schmählied<lb/> da vertheidigt.</p> </sp><lb/> <sp who="#FRDRE"> <speaker><hi rendition="#g">Frau Dreißiger</hi>.</speaker> <p>Aber Männdel, Männdel, er<lb/> hat’s ja garnicht …</p> </sp><lb/> <sp who="#DRE"> <speaker><hi rendition="#g">Dreißiger</hi>.</speaker> <p>Herr Paſtor, hat er’s vertheidigt?<lb/> Oder hat er’s nicht vertheidigt?</p> </sp><lb/> <sp who="#KITT"> <speaker><hi rendition="#g">Kittelhaus</hi>.</speaker> <p>Herr Dreiſſiger, man muß es<lb/> ſeiner Jugend zugute halten.</p> </sp><lb/> <sp who="#FRKITT "> <speaker><hi rendition="#g">Fr. Kittelhaus</hi>.</speaker> <p>Jch weiß nicht, der junge Menſch<lb/> iſt aus einer ſo guten und achtbaren Familie. Vierzig<lb/> Jahr war ſein Vater als Beamter thätig und hat<lb/> ſich nie auch nur das geringſte zu ſchulden kommen<lb/> laſſen. Die Mutter war ſo überglücklich, daß er hier<lb/> ein ſo ſchönes Unterkommen gefunden hatte. Und<lb/> nun … nun weiß er ſich das ſo wenig wahrzunehmen.</p> </sp><lb/> <sp who="#PFE"> <speaker> <hi rendition="#g">Pfeifer</hi> </speaker> <stage>(reißt die Flurthür auf, ſchreit herein).</stage> <p>Herr Dreiſſicher,<lb/> Herr Dreiſſicher! ſe habn ’n feſte. Se mechten kommen.<lb/> Se haben een’n gefangen.</p> </sp><lb/> <sp who="#DRE"> <speaker> <hi rendition="#g">Dreißiger</hi> </speaker> <stage>(haſtig).</stage> <p>Jſt Jemand zur Polizei gelaufen?</p> </sp><lb/> <sp who="#PFE"> <speaker><hi rendition="#g">Pfeifer</hi>.</speaker> <p>D’r Herr Verwalter kommt ſchonn die<lb/> Treppe ruff.</p> </sp><lb/> <sp who="#DRE"> <speaker> <hi rendition="#g">Dreißiger</hi> </speaker> <stage>(in der Thür).</stage> <p>Ergebener Diener, Herr<lb/> Verwalter! Es freut mich, daß Sie gekommen ſind.</p> </sp><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [77/0090]
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Verſtehen Sie mich?
Weinhold (ſteht einen Augenblick ſtarr und todtenblaß, und verbeugt
ſich dann mit einem fremden Lächeln. Leiſe.) Gewiß, gewiß, ich
habe Sie verſtanden. Jch ſah es kommen; es ent-
ſpricht meinen Wünſchen. (Ab.)
Dreißiger. (brutal). Dann aber doch möglichſt
bald, wir brauchen das Zimmer.
Frau Dreißiger. Aber Wilhelm, Wilhelm!
Dreißiger. Biſt Du wohl bei Sinnen? Du
willſt einen Menſchen in Schutz nehmen, der ſolche
Pöbeleien und Schurkereien wie dieſes Schmählied
da vertheidigt.
Frau Dreißiger. Aber Männdel, Männdel, er
hat’s ja garnicht …
Dreißiger. Herr Paſtor, hat er’s vertheidigt?
Oder hat er’s nicht vertheidigt?
Kittelhaus. Herr Dreiſſiger, man muß es
ſeiner Jugend zugute halten.
Fr. Kittelhaus. Jch weiß nicht, der junge Menſch
iſt aus einer ſo guten und achtbaren Familie. Vierzig
Jahr war ſein Vater als Beamter thätig und hat
ſich nie auch nur das geringſte zu ſchulden kommen
laſſen. Die Mutter war ſo überglücklich, daß er hier
ein ſo ſchönes Unterkommen gefunden hatte. Und
nun … nun weiß er ſich das ſo wenig wahrzunehmen.
Pfeifer (reißt die Flurthür auf, ſchreit herein). Herr Dreiſſicher,
Herr Dreiſſicher! ſe habn ’n feſte. Se mechten kommen.
Se haben een’n gefangen.
Dreißiger (haſtig). Jſt Jemand zur Polizei gelaufen?
Pfeifer. D’r Herr Verwalter kommt ſchonn die
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