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Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892.

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Wiegand (noch immer in der Ecke vor dem Schenksims). Scheen
Dank, Kutsche.
Kutsche. Wie gehts Geschäft?
Wiegand. Dank fer de Nachfrage.
Bäcker. D'r Verwalter hat Angst, m'r kennten
uns a Magen verderben, von dem vielen Lohn, das m'r
kriegen.
(Gelächter.)
Jäger. Gell ock, Welzel, mir habn alle Schweinernes
gegessen und Fetttunke und Klößl und Sauerkraut, und
itzt trink mer erscht noch Schlampanjerwein.

(Gelächter.)
Welzel. Hinten rum scheint de Sonne.
Kutsche. Und wenn Jhr und hätt gleich
Schlampanjer und Gebratnes, derwegen werd Jhr noch
lange ni zufrieden sein. Jch hab o keen'n Schlampanjer,
und 's muß halt auch gehn.
Bäcker (mit Bezug auf Kutsches Nase). Der begißt seine
kohlrote Gurke mit Brantwein und Schepsbier. Da
dervon wird se ooch reif.

(Gelächter.)
Wittig. A so a Schandarm hat a schweres
Leben: eemal muß a an verhungerten Betteljungen ins
Loch stecken, dann muß a wieder amal a hibsch
Webermädel verfihrn, dann muß a sich wieder amal
sternhagelsmäßig bekreeschen und's Weib durchprigeln,
das se vor Himmelangst zu a Nachbarn gelaufen
kommt; und a so uf'n Ferde rumschappern, in a
Federn liegen bis um neune, das is gar kee leichte
Ding dahie!
Kutsche. Schwatz Du immerzu. Du wirscht dich
schonn noch bei Zeiten um a Hals räden. Ma weeß ja
längst, was Du fer a Briderle bist. Dei ufrihrerisch
Maulwerk das is längst bekannt bis nuff zum Land-
rath. Jch kenn een'n, der bringt iber Jahr und Tag
Weib und Kind eis Armenhaus mit Saufen und
Kretschamhocken und sich selber in's Gefängnis, der
Wiegand (noch immer in der Ecke vor dem Schenkſims). Scheen
Dank, Kutſche.
Kutſche. Wie gehts Geſchäft?
Wiegand. Dank fer de Nachfrage.
Bäcker. D’r Verwalter hat Angſt, m’r kennten
uns a Magen verderben, von dem vielen Lohn, das m’r
kriegen.
(Gelächter.)
Jäger. Gell ock, Welzel, mir habn alle Schweinernes
gegeſſen und Fetttunke und Klößl und Sauerkraut, und
itzt trink mer erſcht noch Schlampanjerwein.

(Gelächter.)
Welzel. Hinten rum ſcheint de Sonne.
Kutſche. Und wenn Jhr und hätt gleich
Schlampanjer und Gebratnes, derwegen werd Jhr noch
lange ni zufrieden ſein. Jch hab o keen’n Schlampanjer,
und ’s muß halt auch gehn.
Bäcker (mit Bezug auf Kutſches Naſe). Der begißt ſeine
kohlrote Gurke mit Brantwein und Schepsbier. Da
dervon wird ſe ooch reif.

(Gelächter.)
Wittig. A ſo a Schandarm hat a ſchweres
Leben: eemal muß a an verhungerten Betteljungen ins
Loch ſtecken, dann muß a wieder amal a hibſch
Webermädel verfihrn, dann muß a ſich wieder amal
ſternhagelsmäßig bekreeſchen und’s Weib durchprigeln,
das ſe vor Himmelangſt zu a Nachbarn gelaufen
kommt; und a ſo uf’n Ferde rumſchappern, in a
Federn liegen bis um neune, das is gar kee leichte
Ding dahie!
Kutſche. Schwatz Du immerzu. Du wirſcht dich
ſchonn noch bei Zeiten um a Hals räden. Ma weeß ja
längſt, was Du fer a Briderle biſt. Dei ufrihreriſch
Maulwerk das is längſt bekannt bis nuff zum Land-
rath. Jch kenn een’n, der bringt iber Jahr und Tag
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Kretſchamhocken und ſich ſelber in’s Gefängnis, der
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[64/0077] Wiegand (noch immer in der Ecke vor dem Schenkſims). Scheen Dank, Kutſche. Kutſche. Wie gehts Geſchäft? Wiegand. Dank fer de Nachfrage. Bäcker. D’r Verwalter hat Angſt, m’r kennten uns a Magen verderben, von dem vielen Lohn, das m’r kriegen. (Gelächter.) Jäger. Gell ock, Welzel, mir habn alle Schweinernes gegeſſen und Fetttunke und Klößl und Sauerkraut, und itzt trink mer erſcht noch Schlampanjerwein. (Gelächter.) Welzel. Hinten rum ſcheint de Sonne. Kutſche. Und wenn Jhr und hätt gleich Schlampanjer und Gebratnes, derwegen werd Jhr noch lange ni zufrieden ſein. Jch hab o keen’n Schlampanjer, und ’s muß halt auch gehn. Bäcker (mit Bezug auf Kutſches Naſe). Der begißt ſeine kohlrote Gurke mit Brantwein und Schepsbier. Da dervon wird ſe ooch reif. (Gelächter.) Wittig. A ſo a Schandarm hat a ſchweres Leben: eemal muß a an verhungerten Betteljungen ins Loch ſtecken, dann muß a wieder amal a hibſch Webermädel verfihrn, dann muß a ſich wieder amal ſternhagelsmäßig bekreeſchen und’s Weib durchprigeln, das ſe vor Himmelangſt zu a Nachbarn gelaufen kommt; und a ſo uf’n Ferde rumſchappern, in a Federn liegen bis um neune, das is gar kee leichte Ding dahie! Kutſche. Schwatz Du immerzu. Du wirſcht dich ſchonn noch bei Zeiten um a Hals räden. Ma weeß ja längſt, was Du fer a Briderle biſt. Dei ufrihreriſch Maulwerk das is längſt bekannt bis nuff zum Land- rath. Jch kenn een’n, der bringt iber Jahr und Tag Weib und Kind eis Armenhaus mit Saufen und Kretſchamhocken und ſich ſelber in’s Gefängnis, der

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Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_weber_1892/77>, abgerufen am 27.04.2024.