Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892.Die Schenkstube im Mittelkretscham zu Peterswaldau, ein großer Raum, dessen Balkendecke durch einen hölzernen Mittel- pfeiler, um den ein Tisch läuft, gestützt ist. Rechts von dem Pfeiler, so daß der Pfosten nur verdeckt wird, liegt die Ein- gangsthür in der Hinterwand. Man sieht durch sie in den großen Hausraum, der Fässer und Brauergeräth enthält. Jm Jnnern, rechts von der Thür in der Ecke, befindet sich das Schenksims: eine hölzerne Scheidewand von Manns- höhe mit Fächern für Schankutensilien, dahinter ein Wand- schrank, enthaltend Reihen von Schnapsflaschen, zwischen Scheidewand und Likörschrank ein kleiner Platz für den Schenkwirth. Vor dem Schenksims steht ein mit bunter Decke gezierter Tisch. Eine hübsche Lampe hängt darüber, mehrere Rohrstühle stehen darum. Unweit davon an der rechten Wand führt eine Thür mit der Aufschrift "Wein- stube" ins Honoratiorenstübchen. Noch weiter vorn rechts tickt die alte Standuhr. Links von der Eingangsthür, an der Hinterwand steht ein Tisch mit Flaschen und Gläsern und weiterhin in der Ecke der große Kachelofen. Die linke Seitenwand hat drei kleine Fenster, darunter hinlaufend eine Bank, davor je einen großen hölzernen Tisch, die schmale Seite der Wand zugekehrt. An den Breitseiten der Tische stehen Bänke mit Lehnen, an den inneren Schmalseiten je ein einzelner Holzstuhl. Das große Lokal ist blau getüncht, mit Plakaten, bunten Bilderbogen und Oeldrucken behangen, darunter das Portrait Friedrich Wilhelms IV. Scholz Welzel, ein gutmütiges Koloß von über 50 Jahren, läßt hinter dem Schenksims Bier aus einem Fasse in ein Glas laufen. Frau Welzel plättet am Ofen. Sie ist eine stattliche, sauber gekleidete Frau von noch nicht 35 Jahren. Anna Welzel, eine 17 jährige, hübsche Person mit pracht- vollen, rothblonden Haaren sitzt propper gekleidet und mit einer Stickarbeit beschäftigt hinter dem gedeckten Tisch. Einen Augen- Die Schenkſtube im Mittelkretſcham zu Peterswaldau, ein großer Raum, deſſen Balkendecke durch einen hölzernen Mittel- pfeiler, um den ein Tiſch läuft, geſtützt iſt. Rechts von dem Pfeiler, ſo daß der Pfoſten nur verdeckt wird, liegt die Ein- gangsthür in der Hinterwand. Man ſieht durch ſie in den großen Hausraum, der Fäſſer und Brauergeräth enthält. Jm Jnnern, rechts von der Thür in der Ecke, befindet ſich das Schenkſims: eine hölzerne Scheidewand von Manns- höhe mit Fächern für Schankutenſilien, dahinter ein Wand- ſchrank, enthaltend Reihen von Schnapsflaſchen, zwiſchen Scheidewand und Likörſchrank ein kleiner Platz für den Schenkwirth. Vor dem Schenkſims ſteht ein mit bunter Decke gezierter Tiſch. Eine hübſche Lampe hängt darüber, mehrere Rohrſtühle ſtehen darum. Unweit davon an der rechten Wand führt eine Thür mit der Aufſchrift „Wein- ſtube“ ins Honoratiorenſtübchen. Noch weiter vorn rechts tickt die alte Standuhr. Links von der Eingangsthür, an der Hinterwand ſteht ein Tiſch mit Flaſchen und Gläſern und weiterhin in der Ecke der große Kachelofen. Die linke Seitenwand hat drei kleine Fenſter, darunter hinlaufend eine Bank, davor je einen großen hölzernen Tiſch, die ſchmale Seite der Wand zugekehrt. An den Breitſeiten der Tiſche ſtehen Bänke mit Lehnen, an den inneren Schmalſeiten je ein einzelner Holzſtuhl. Das große Lokal iſt blau getüncht, mit Plakaten, bunten Bilderbogen und Oeldrucken behangen, darunter das Portrait Friedrich Wilhelms IV. Scholz Welzel, ein gutmütiges Koloß von über 50 Jahren, läßt hinter dem Schenkſims Bier aus einem Faſſe in ein Glas laufen. Frau Welzel plättet am Ofen. Sie iſt eine ſtattliche, ſauber gekleidete Frau von noch nicht 35 Jahren. Anna Welzel, eine 17 jährige, hübſche Perſon mit pracht- vollen, rothblonden Haaren ſitzt propper gekleidet und mit einer Stickarbeit beſchäftigt hinter dem gedeckten Tiſch. 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Pfeiler, ſo daß der Pfoſten nur verdeckt wird, liegt die Ein-
gangsthür in der Hinterwand. Man ſieht durch ſie in den
großen Hausraum, der Fäſſer und Brauergeräth enthält.
Jm Jnnern, rechts von der Thür in der Ecke, befindet ſich
das Schenkſims: eine hölzerne Scheidewand von Manns-
höhe mit Fächern für Schankutenſilien, dahinter ein Wand-
ſchrank, enthaltend Reihen von Schnapsflaſchen, zwiſchen
Scheidewand und Likörſchrank ein kleiner Platz für den
Schenkwirth. Vor dem Schenkſims ſteht ein mit bunter
Decke gezierter Tiſch. Eine hübſche Lampe hängt darüber,
mehrere Rohrſtühle ſtehen darum. Unweit davon an der
rechten Wand führt eine Thür mit der Aufſchrift „Wein-
ſtube“ ins Honoratiorenſtübchen. Noch weiter vorn rechts
tickt die alte Standuhr. Links von der Eingangsthür,
an der Hinterwand ſteht ein Tiſch mit Flaſchen und Gläſern
und weiterhin in der Ecke der große Kachelofen. Die linke
Seitenwand hat drei kleine Fenſter, darunter hinlaufend
eine Bank, davor je einen großen hölzernen Tiſch, die ſchmale
Seite der Wand zugekehrt. An den Breitſeiten der Tiſche
ſtehen Bänke mit Lehnen, an den inneren Schmalſeiten je ein
einzelner Holzſtuhl. Das große Lokal iſt blau getüncht, mit
Plakaten, bunten Bilderbogen und Oeldrucken behangen,
darunter das Portrait Friedrich Wilhelms IV.
Scholz Welzel, ein gutmütiges Koloß von über 50 Jahren,
läßt hinter dem Schenkſims Bier aus einem Faſſe in ein Glas
laufen.
Frau Welzel plättet am Ofen. Sie iſt eine ſtattliche,
ſauber gekleidete Frau von noch nicht 35 Jahren.
Anna Welzel, eine 17 jährige, hübſche Perſon mit pracht-
vollen, rothblonden Haaren ſitzt propper gekleidet und mit einer
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