Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hauptmann, Gerhart: Fuhrmann Henschel. Berlin, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite
Frau Wermelskirch. Im Gegentheil. Sollen wir
denn auch alles ertragen? Soll man sich gar nicht dagegen
wehren, wenn sie einen ums Brod bringt? Wenn sie
Sachen ausstreut von unsrer Tochter, --
zu Siebenhaar. Ist
Ihnen das Kind je zu nahe getreten?
Wermelskirch. Mama, Mama! Jetzt komm' mal,
Mama! So! Ruh' Dich mal aus! Die Stelle ist schon
ganz hübsch gegangen. Heut Abend repetieren wir wieder.

Er führt sie hinter das Schenksims, wo man sie noch ein Weilchen schluchzen hört.
Wermelskirch der wieder Platz nimmt. Im Grunde genommen
hat sie ja recht. Ich habe auch schon so munkeln gehört,
daß Henschel die Schenkstube pachten wird. Da steckt natürlich
die Frau dahinter.
Hauffe. War sol denn suster derhinger stecka? wu's
bloßig an Stänkerei gibt ernt' eine Durfe, do braucht
eens gar ni irscht wetter zu freun. De Henscheln hot
eemol a Teifel eim Leibe.
Fabig. Und uf de Schenkstube spitzt se schun lange!
Siebenhaar zu Hauffe. Hauffe, man sieht Sie ja gar
nicht mehr. Wo sind Sie denn eigentlich hingeraten?
Hauffe. Wu war ich ock hiegerota sein? Ei's Unglicke
bin ich halt neigerota, und dar mich hot neigestußa dohie,
das war au das sakermenschte Weibsbild. Nu war denn
suste, mecht ich blos wissa? Mit Henscheln ha ich doch
nie nischt gehat.
Fabig. Sei Weib hot ebens die Hosa a.
Hauffe. Ich bin er ni meh geferre genung. Dr
Jingste is ma ju freilich ni meh. Im de Scherzabändla
war ich er au ni meh giehn, und das ebens will se, das
Frau Wermelskirch. Im Gegentheil. Sollen wir
denn auch alles ertragen? Soll man ſich gar nicht dagegen
wehren, wenn ſie einen ums Brod bringt? Wenn ſie
Sachen ausſtreut von unſrer Tochter, —
zu Siebenhaar. Iſt
Ihnen das Kind je zu nahe getreten?
Wermelskirch. Mama, Mama! Jetzt komm’ mal,
Mama! So! Ruh’ Dich mal aus! Die Stelle iſt ſchon
ganz hübſch gegangen. Heut Abend repetieren wir wieder.

Er führt ſie hinter das Schenkſims, wo man ſie noch ein Weilchen ſchluchzen hört.
Wermelskirch der wieder Platz nimmt. Im Grunde genommen
hat ſie ja recht. Ich habe auch ſchon ſo munkeln gehört,
daß Henſchel die Schenkſtube pachten wird. Da ſteckt natürlich
die Frau dahinter.
Hauffe. War ſol denn ſuſter derhinger ſtecka? wu’s
bloßig an Stänkerei gibt ernt’ eine Durfe, do braucht
eens gar ni irſcht wetter zu freun. De Henſcheln hot
eemol a Teifel eim Leibe.
Fabig. Und uf de Schenkſtube ſpitzt ſe ſchun lange!
Siebenhaar zu Hauffe. Hauffe, man ſieht Sie ja gar
nicht mehr. Wo ſind Sie denn eigentlich hingeraten?
Hauffe. Wu war ich ock hiegerota ſein? Ei’s Unglicke
bin ich halt neigerota, und dar mich hot neigeſtußa dohie,
das war au das ſakermenſchte Weibsbild. Nu war denn
ſuſte, mecht ich blos wiſſa? Mit Henſcheln ha ich doch
nie niſcht gehat.
Fabig. Sei Weib hot ebens die Hoſa a.
Hauffe. Ich bin er ni meh geferre genung. Dr
Jingſte is ma ju freilich ni meh. Im de Scherzabändla
war ich er au ni meh giehn, und das ebens will ſe, das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0079" n="69"/>
        <sp who="#FWER">
          <speaker> <hi rendition="#b">Frau Wermelskirch.</hi> </speaker>
          <p>Im Gegentheil. Sollen wir<lb/>
denn auch alles ertragen? Soll man &#x017F;ich gar nicht dagegen<lb/>
wehren, wenn &#x017F;ie einen ums Brod bringt? Wenn &#x017F;ie<lb/>
Sachen aus&#x017F;treut von un&#x017F;rer Tochter, &#x2014;</p>
          <stage>zu Siebenhaar.</stage>
          <p>I&#x017F;t<lb/>
Ihnen das Kind je zu nahe getreten?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#WER">
          <speaker> <hi rendition="#b">Wermelskirch.</hi> </speaker>
          <p>Mama, Mama! Jetzt komm&#x2019; mal,<lb/>
Mama! So! Ruh&#x2019; Dich mal aus! Die Stelle i&#x017F;t &#x017F;chon<lb/>
ganz hüb&#x017F;ch gegangen. Heut Abend repetieren wir wieder.</p><lb/>
          <stage>Er führt &#x017F;ie hinter das Schenk&#x017F;ims, wo man &#x017F;ie noch ein Weilchen &#x017F;chluchzen hört.</stage>
        </sp><lb/>
        <sp who="#WER">
          <speaker> <hi rendition="#b">Wermelskirch</hi> </speaker>
          <stage>der wieder Platz nimmt.</stage>
          <p>Im Grunde genommen<lb/>
hat &#x017F;ie ja recht. Ich habe auch &#x017F;chon &#x017F;o munkeln gehört,<lb/>
daß Hen&#x017F;chel die Schenk&#x017F;tube pachten wird. Da &#x017F;teckt natürlich<lb/>
die Frau dahinter.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#HAU">
          <speaker> <hi rendition="#b">Hauffe.</hi> </speaker>
          <p>War &#x017F;ol denn &#x017F;u&#x017F;ter derhinger &#x017F;tecka? wu&#x2019;s<lb/>
bloßig an Stänkerei gibt ernt&#x2019; eine Durfe, do braucht<lb/>
eens g<hi rendition="#aq">a</hi>r ni ir&#x017F;cht wetter zu freun. De Hen&#x017F;cheln hot<lb/>
eemol a Teifel eim Leibe.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FAB">
          <speaker> <hi rendition="#b">Fabig.</hi> </speaker>
          <p>Und uf de Schenk&#x017F;tube &#x017F;pitzt &#x017F;e &#x017F;chun lange!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#SIE">
          <speaker> <hi rendition="#b">Siebenhaar</hi> </speaker>
          <stage>zu Hauffe.</stage>
          <p>Hauffe, man &#x017F;ieht Sie ja gar<lb/>
nicht mehr. Wo &#x017F;ind Sie denn eigentlich hingeraten?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#HAU">
          <speaker> <hi rendition="#b">Hauffe.</hi> </speaker>
          <p>Wu war ich ock hiegerota &#x017F;ein? Ei&#x2019;s Unglicke<lb/>
bin ich halt neigerota, und dar mich hot neige&#x017F;tußa dohie,<lb/>
d<hi rendition="#aq">a</hi>s war au d<hi rendition="#aq">a</hi>s &#x017F;akermen&#x017F;chte Weibsbild. Nu war denn<lb/>
&#x017F;u&#x017F;te, mecht ich blos wi&#x017F;&#x017F;a? Mit Hen&#x017F;cheln h<hi rendition="#aq">a</hi> ich doch<lb/>
nie ni&#x017F;cht geh<hi rendition="#aq">a</hi>t.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FAB">
          <speaker> <hi rendition="#b">Fabig.</hi> </speaker>
          <p>Sei Weib hot ebens die Ho&#x017F;a <hi rendition="#aq">a</hi>.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#HAU">
          <speaker> <hi rendition="#b">Hauffe.</hi> </speaker>
          <p>Ich bin er ni meh geferre genung. Dr<lb/>
Jing&#x017F;te is ma ju freilich ni meh. Im de Scherzabändla<lb/>
war ich er au ni meh giehn, und d<hi rendition="#aq">a</hi>s ebens will &#x017F;e, d<hi rendition="#aq">a</hi>s<lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0079] Frau Wermelskirch. Im Gegentheil. Sollen wir denn auch alles ertragen? Soll man ſich gar nicht dagegen wehren, wenn ſie einen ums Brod bringt? Wenn ſie Sachen ausſtreut von unſrer Tochter, — zu Siebenhaar. Iſt Ihnen das Kind je zu nahe getreten? Wermelskirch. Mama, Mama! Jetzt komm’ mal, Mama! So! Ruh’ Dich mal aus! Die Stelle iſt ſchon ganz hübſch gegangen. Heut Abend repetieren wir wieder. Er führt ſie hinter das Schenkſims, wo man ſie noch ein Weilchen ſchluchzen hört. Wermelskirch der wieder Platz nimmt. Im Grunde genommen hat ſie ja recht. Ich habe auch ſchon ſo munkeln gehört, daß Henſchel die Schenkſtube pachten wird. Da ſteckt natürlich die Frau dahinter. Hauffe. War ſol denn ſuſter derhinger ſtecka? wu’s bloßig an Stänkerei gibt ernt’ eine Durfe, do braucht eens gar ni irſcht wetter zu freun. De Henſcheln hot eemol a Teifel eim Leibe. Fabig. Und uf de Schenkſtube ſpitzt ſe ſchun lange! Siebenhaar zu Hauffe. Hauffe, man ſieht Sie ja gar nicht mehr. Wo ſind Sie denn eigentlich hingeraten? Hauffe. Wu war ich ock hiegerota ſein? Ei’s Unglicke bin ich halt neigerota, und dar mich hot neigeſtußa dohie, das war au das ſakermenſchte Weibsbild. Nu war denn ſuſte, mecht ich blos wiſſa? Mit Henſcheln ha ich doch nie niſcht gehat. Fabig. Sei Weib hot ebens die Hoſa a. Hauffe. Ich bin er ni meh geferre genung. Dr Jingſte is ma ju freilich ni meh. Im de Scherzabändla war ich er au ni meh giehn, und das ebens will ſe, das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_henschel_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_henschel_1899/79
Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Fuhrmann Henschel. Berlin, 1899, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_henschel_1899/79>, abgerufen am 26.04.2024.