Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892.Nun also an die Arbeit. Der Spaten schnitt knirschend in das Erd¬ Eine Zeit lang grub er ohne Unterbrechung, Es war ihm plötzlich eingefallen, das ja Nun alſo an die Arbeit. Der Spaten ſchnitt knirſchend in das Erd¬ Eine Zeit lang grub er ohne Unterbrechung, Es war ihm plötzlich eingefallen, das ja <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0041" n="29"/> <p>Nun alſo an die Arbeit.</p><lb/> <p>Der Spaten ſchnitt knirſchend in das Erd¬<lb/> reich, die naſſen Schollen fielen dumpf zurück<lb/> und bröckelten auseinander.</p><lb/> <p>Eine Zeit lang grub er ohne Unterbrechung,<lb/> dann hielt er plötzlich inne und ſagte laut und<lb/> vernehmlich vor ſich hin, indem er dazu bedenk¬<lb/> lich den Kopf hin und her wiegte: „nein, nein,<lb/> das geht ja nicht,“ und wieder: „nein, nein,<lb/> das geht ja gar nicht.“</p><lb/> <p>Es war ihm plötzlich eingefallen, das ja<lb/> nun Lene des öftren herauskommen würde, um<lb/> den Acker zu beſtellen, wodurch dann die hergebrachte<lb/> Lebensweiſe in bedenkliche Schwankungen geraten<lb/> mußte. Und jäh verwandelte ſich ſeine Freude<lb/> über den Beſitz des Ackers in Widerwillen vor<lb/> demſelben. Haſtig, wie wenn er etwas unrechtes<lb/> zu thun im Begriff geſtanden hätte, riß er den<lb/> Spaten aus der Erde und trug ihn nach der<lb/> Bude zurück. Hier verſank er abermals in<lb/> dumpfe Grübelei. Er wußte kaum warum,<lb/> aber die Ausſicht, Lene ganze Tage lang bei<lb/> ſich im Dienſt zu haben, wurde ihm, ſo ſehr er<lb/> auch verſuchte, ſich damit zu verſöhnen, immer<lb/> unerträglicher. Es kam ihm vor, als habe er<lb/> etwas ihm Wertes zu verteidigen, als verſuchte<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [29/0041]
Nun alſo an die Arbeit.
Der Spaten ſchnitt knirſchend in das Erd¬
reich, die naſſen Schollen fielen dumpf zurück
und bröckelten auseinander.
Eine Zeit lang grub er ohne Unterbrechung,
dann hielt er plötzlich inne und ſagte laut und
vernehmlich vor ſich hin, indem er dazu bedenk¬
lich den Kopf hin und her wiegte: „nein, nein,
das geht ja nicht,“ und wieder: „nein, nein,
das geht ja gar nicht.“
Es war ihm plötzlich eingefallen, das ja
nun Lene des öftren herauskommen würde, um
den Acker zu beſtellen, wodurch dann die hergebrachte
Lebensweiſe in bedenkliche Schwankungen geraten
mußte. Und jäh verwandelte ſich ſeine Freude
über den Beſitz des Ackers in Widerwillen vor
demſelben. Haſtig, wie wenn er etwas unrechtes
zu thun im Begriff geſtanden hätte, riß er den
Spaten aus der Erde und trug ihn nach der
Bude zurück. Hier verſank er abermals in
dumpfe Grübelei. Er wußte kaum warum,
aber die Ausſicht, Lene ganze Tage lang bei
ſich im Dienſt zu haben, wurde ihm, ſo ſehr er
auch verſuchte, ſich damit zu verſöhnen, immer
unerträglicher. Es kam ihm vor, als habe er
etwas ihm Wertes zu verteidigen, als verſuchte
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Zitationshilfe: | Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_bahnwaerter_1892/41>, abgerufen am 07.07.2024. |