Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892.Punkte eingeschrumpft schwand der Zug in der "Minna," flüsterte der Wärter wie aus Nach und nach überkam ihn eine seltsame Es war ein schmaler Streifen Sandes von Thiel wurde ruhig und ein stilles Wohlge¬ Punkte eingeſchrumpft ſchwand der Zug in der „Minna,“ flüſterte der Wärter wie aus Nach und nach überkam ihn eine ſeltſame Es war ein ſchmaler Streifen Sandes von Thiel wurde ruhig und ein ſtilles Wohlge¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0040" n="28"/> Punkte eingeſchrumpft ſchwand der Zug in der<lb/> Ferne, und das alte heilge Schweigen ſchlug<lb/> über dem Waldwinkel zuſammen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>„Minna,“ flüſterte der Wärter wie aus<lb/> einem Traum erwacht und ging nach ſeiner<lb/> Bude zurück. Nachdem er ſich einen dünnen<lb/> Kaffee aufgebrüht, ließ er ſich nieder und ſtarrte,<lb/> von Zeit zu Zeit einen Schluck zu ſich nehmend,<lb/> auf ein ſchmutziges Stück Zeitungspapier, das<lb/> er irgendwo an der Strecke aufgeleſen.</p><lb/> <p>Nach und nach überkam ihn eine ſeltſame<lb/> Unruhe, er ſchob es auf die Backofenglut, welche<lb/> das Stübchen erfüllte, und riß Rock und Weſte<lb/> auf, um ſich zu erleichtern; wie das nichts half,<lb/> erhob er ſich, nahm einen Spaten aus der Ecke<lb/> und begab ſich auf das geſchenkte Äckerchen.</p><lb/> <p>Es war ein ſchmaler Streifen Sandes von<lb/> Unkraut dicht überwuchert; wie ſchneeweißer<lb/> Schaum lag die junge Blütenpracht auf den<lb/> Zweigen der beiden Zwergobſtbäumchen, welche<lb/> darauf ſtanden.</p><lb/> <p>Thiel wurde ruhig und ein ſtilles Wohlge¬<lb/> fallen beſchlich ihn.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [28/0040]
Punkte eingeſchrumpft ſchwand der Zug in der
Ferne, und das alte heilge Schweigen ſchlug
über dem Waldwinkel zuſammen.
„Minna,“ flüſterte der Wärter wie aus
einem Traum erwacht und ging nach ſeiner
Bude zurück. Nachdem er ſich einen dünnen
Kaffee aufgebrüht, ließ er ſich nieder und ſtarrte,
von Zeit zu Zeit einen Schluck zu ſich nehmend,
auf ein ſchmutziges Stück Zeitungspapier, das
er irgendwo an der Strecke aufgeleſen.
Nach und nach überkam ihn eine ſeltſame
Unruhe, er ſchob es auf die Backofenglut, welche
das Stübchen erfüllte, und riß Rock und Weſte
auf, um ſich zu erleichtern; wie das nichts half,
erhob er ſich, nahm einen Spaten aus der Ecke
und begab ſich auf das geſchenkte Äckerchen.
Es war ein ſchmaler Streifen Sandes von
Unkraut dicht überwuchert; wie ſchneeweißer
Schaum lag die junge Blütenpracht auf den
Zweigen der beiden Zwergobſtbäumchen, welche
darauf ſtanden.
Thiel wurde ruhig und ein ſtilles Wohlge¬
fallen beſchlich ihn.
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Zitationshilfe: | Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_bahnwaerter_1892/40>, abgerufen am 07.07.2024. |