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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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mit der steinernen Faust auf den Tisch. Hat mich schon vor vielen Jahren geärgert, daß die Christenheit so schnöde zuschaute, wie der Muselmann dies herrliche Volk in Banden hielt; das ist schön, wahrlich! Ihr lebet in einer schönen Zeit, und Euer Geschlecht, ist edler, als ich dachte. Also die Ritter von Deutschland und Frankreich, von Italien, Spanien und England sind ausgezogen, wie einst unter Richard Löwenherz, die Ungläubigen zu bekämpfen? Die Genueser Flotte schifft im Archipel, die Tausende der Streiter überzusetzen, die Oriflamme naht sich Stambuls Küsten und Oesterreichs Banner weht im ersten Reihen? Ha! zu solchem Kampfe möchte ich selbst noch einmal mein Roß besteigen, mein gutes Schwert Durande ziehen und in mein Hifthorn stoßen, daß alle Helden, die da schlafen, aufstünden aus den Gräbern und mit mir zögen in die Türkenschlacht.

Edler Ritter, antwortete ich und erröthete vor meiner Zeit, die Zeiten haben sich geändert. Ihr würdet wahrscheinlich als Demagoge verhaftet werden bei sothanen Umständen und Verhältnissen, denn weder Habsburgs Banner noch die Oriflamme, weder Englands Harfe noch Hispaniens Löwen sieht man in jenen Gefechten.

Wer ist es denn, der gegen den Halbmond schlägt, wenn es nicht diese sind?

Die Griechen selbst.

mit der steinernen Faust auf den Tisch. Hat mich schon vor vielen Jahren geärgert, daß die Christenheit so schnöde zuschaute, wie der Muselmann dies herrliche Volk in Banden hielt; das ist schön, wahrlich! Ihr lebet in einer schönen Zeit, und Euer Geschlecht, ist edler, als ich dachte. Also die Ritter von Deutschland und Frankreich, von Italien, Spanien und England sind ausgezogen, wie einst unter Richard Löwenherz, die Ungläubigen zu bekämpfen? Die Genueser Flotte schifft im Archipel, die Tausende der Streiter überzusetzen, die Oriflamme naht sich Stambuls Küsten und Oesterreichs Banner weht im ersten Reihen? Ha! zu solchem Kampfe möchte ich selbst noch einmal mein Roß besteigen, mein gutes Schwert Durande ziehen und in mein Hifthorn stoßen, daß alle Helden, die da schlafen, aufstünden aus den Gräbern und mit mir zögen in die Türkenschlacht.

Edler Ritter, antwortete ich und erröthete vor meiner Zeit, die Zeiten haben sich geändert. Ihr würdet wahrscheinlich als Demagoge verhaftet werden bei sothanen Umständen und Verhältnissen, denn weder Habsburgs Banner noch die Oriflamme, weder Englands Harfe noch Hispaniens Löwen sieht man in jenen Gefechten.

Wer ist es denn, der gegen den Halbmond schlägt, wenn es nicht diese sind?

Die Griechen selbst.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:05:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:05:53Z)

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Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_ratskeller_1910/74>, abgerufen am 23.11.2024.