Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

und Schatten, wenn es an den Schwibbogen
des Kellers zitterte und die Säulen im dunkeln
Hintergrunde wie geschäftige Küper um die
Fäßer schwebten! Er wollte mir eines jener
kleineren Gemächer aufschließen, wo höchstens
6--8 Freunde, eng zusammen gerückt, den Be¬
cher kreisen lassen können. Doch, mit trauten
Gesellen liebe ich ein solches heimliches Plätz¬
chen; der enge Raum drängt Mann an Mann,
und die Töne, die hier nicht verhallen können,
klingen traulicher; aber allein und einsam
liebe ich freiere Räume, wo der Gedanke, gleich
den Athemzügen, sich freier ausdehnt. Ich
wählte einen alten gewölbten Saal, den grö߬
ten in diesen unterirdischen Räumen zu mei¬
nem einsamen Gelage.

"Erwarten Sie Gesellschaft?" fragte der
Mann an meiner Seite.

"Ich bin allein."

"Sie könnten ungebeten welche haben,"

und Schatten, wenn es an den Schwibbogen
des Kellers zitterte und die Saͤulen im dunkeln
Hintergrunde wie geſchaͤftige Kuͤper um die
Faͤßer ſchwebten! Er wollte mir eines jener
kleineren Gemaͤcher aufſchließen, wo hoͤchſtens
6—8 Freunde, eng zuſammen geruͤckt, den Be¬
cher kreiſen laſſen koͤnnen. Doch, mit trauten
Geſellen liebe ich ein ſolches heimliches Plaͤtz¬
chen; der enge Raum draͤngt Mann an Mann,
und die Toͤne, die hier nicht verhallen koͤnnen,
klingen traulicher; aber allein und einſam
liebe ich freiere Raͤume, wo der Gedanke, gleich
den Athemzuͤgen, ſich freier ausdehnt. Ich
waͤhlte einen alten gewoͤlbten Saal, den groͤ߬
ten in dieſen unterirdiſchen Raͤumen zu mei¬
nem einſamen Gelage.

„Erwarten Sie Geſellſchaft?“ fragte der
Mann an meiner Seite.

„Ich bin allein.“

„Sie koͤnnten ungebeten welche haben,“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0021" n="15"/>
und Schatten, wenn es an den Schwibbogen<lb/>
des Kellers zitterte und die Sa&#x0364;ulen im dunkeln<lb/>
Hintergrunde wie ge&#x017F;cha&#x0364;ftige Ku&#x0364;per um die<lb/>
Fa&#x0364;ßer &#x017F;chwebten! Er wollte mir eines jener<lb/>
kleineren Gema&#x0364;cher auf&#x017F;chließen, wo ho&#x0364;ch&#x017F;tens<lb/>
6&#x2014;8 Freunde, eng zu&#x017F;ammen geru&#x0364;ckt, den Be¬<lb/>
cher krei&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen. Doch, mit trauten<lb/>
Ge&#x017F;ellen liebe ich ein &#x017F;olches heimliches Pla&#x0364;tz¬<lb/>
chen; der enge Raum dra&#x0364;ngt Mann an Mann,<lb/>
und die To&#x0364;ne, die hier nicht verhallen ko&#x0364;nnen,<lb/>
klingen traulicher; aber allein und ein&#x017F;am<lb/>
liebe ich freiere Ra&#x0364;ume, wo der Gedanke, gleich<lb/>
den Athemzu&#x0364;gen, &#x017F;ich freier ausdehnt. Ich<lb/>
wa&#x0364;hlte einen alten gewo&#x0364;lbten Saal, den gro&#x0364;߬<lb/>
ten in die&#x017F;en unterirdi&#x017F;chen Ra&#x0364;umen zu mei¬<lb/>
nem ein&#x017F;amen Gelage.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Erwarten Sie Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft?&#x201C; fragte der<lb/>
Mann an meiner Seite.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich bin allein.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie ko&#x0364;nnten ungebeten welche haben,&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0021] und Schatten, wenn es an den Schwibbogen des Kellers zitterte und die Saͤulen im dunkeln Hintergrunde wie geſchaͤftige Kuͤper um die Faͤßer ſchwebten! Er wollte mir eines jener kleineren Gemaͤcher aufſchließen, wo hoͤchſtens 6—8 Freunde, eng zuſammen geruͤckt, den Be¬ cher kreiſen laſſen koͤnnen. Doch, mit trauten Geſellen liebe ich ein ſolches heimliches Plaͤtz¬ chen; der enge Raum draͤngt Mann an Mann, und die Toͤne, die hier nicht verhallen koͤnnen, klingen traulicher; aber allein und einſam liebe ich freiere Raͤume, wo der Gedanke, gleich den Athemzuͤgen, ſich freier ausdehnt. Ich waͤhlte einen alten gewoͤlbten Saal, den groͤ߬ ten in dieſen unterirdiſchen Raͤumen zu mei¬ nem einſamen Gelage. „Erwarten Sie Geſellſchaft?“ fragte der Mann an meiner Seite. „Ich bin allein.“ „Sie koͤnnten ungebeten welche haben,“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/21
Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/21>, abgerufen am 26.04.2024.