Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

dem Tische sprühte ein Licht in seinem letzten
Leben, umher standen Gläser und Flaschen,
und rings um die Tafel vor jedem Stuhl ein
kleines Fläschchen mit langem Zettel am Halse;
-- ha; jetzt fiel mir nach und nach alles wie¬
der ein; ich war zu Bremen im Rathskeller;
gestern Nacht war ich herein gegangen, hatte
getrunken, hatte mich einschließen lassen, da
war --; voll Grauen schaute ich um mich,
denn alle, alle Erinnerungen erwachten mit
einemmal. Wenn der gespenstige Balthasar
noch in der Ecke säße, wenn die Weingeister
noch um mich schwebten?! Ich wagte verstoh¬
lene Blicke in die Ecken des düsteren Zimmers,
es war leer. Oder wie? hätte mir dieß Alles
nur geträumt?

Sinnend ging ich um die lange Tafel; die
Probefläschchen standen wie jeder gesessen hatte;
obenan die Rose, dann Judas, Jacobus, --
Johannes, sie alle an der Stelle, wo ich sie

dem Tiſche ſpruͤhte ein Licht in ſeinem letzten
Leben, umher ſtanden Glaͤſer und Flaſchen,
und rings um die Tafel vor jedem Stuhl ein
kleines Flaͤſchchen mit langem Zettel am Halſe;
— ha; jetzt fiel mir nach und nach alles wie¬
der ein; ich war zu Bremen im Rathskeller;
geſtern Nacht war ich herein gegangen, hatte
getrunken, hatte mich einſchließen laſſen, da
war —; voll Grauen ſchaute ich um mich,
denn alle, alle Erinnerungen erwachten mit
einemmal. Wenn der geſpenſtige Balthaſar
noch in der Ecke ſaͤße, wenn die Weingeiſter
noch um mich ſchwebten?! Ich wagte verſtoh¬
lene Blicke in die Ecken des duͤſteren Zimmers,
es war leer. Oder wie? haͤtte mir dieß Alles
nur getraͤumt?

Sinnend ging ich um die lange Tafel; die
Probeflaͤſchchen ſtanden wie jeder geſeſſen hatte;
obenan die Roſe, dann Judas, Jacobus, —
Johannes, ſie alle an der Stelle, wo ich ſie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0134" n="128"/>
dem Ti&#x017F;che &#x017F;pru&#x0364;hte ein Licht in &#x017F;einem letzten<lb/>
Leben, umher &#x017F;tanden Gla&#x0364;&#x017F;er und Fla&#x017F;chen,<lb/>
und rings um die Tafel vor jedem Stuhl ein<lb/>
kleines Fla&#x0364;&#x017F;chchen mit langem Zettel am Hal&#x017F;e;<lb/>
&#x2014; ha; jetzt fiel mir nach und nach alles wie¬<lb/>
der ein; ich war zu Bremen im Rathskeller;<lb/>
ge&#x017F;tern Nacht war ich herein gegangen, hatte<lb/>
getrunken, hatte mich ein&#x017F;chließen la&#x017F;&#x017F;en, da<lb/>
war &#x2014;; voll Grauen &#x017F;chaute ich um mich,<lb/>
denn alle, alle Erinnerungen erwachten mit<lb/>
einemmal. Wenn der ge&#x017F;pen&#x017F;tige Baltha&#x017F;ar<lb/>
noch in der Ecke &#x017F;a&#x0364;ße, wenn die Weingei&#x017F;ter<lb/>
noch um mich &#x017F;chwebten?! Ich wagte ver&#x017F;toh¬<lb/>
lene Blicke in die Ecken des du&#x0364;&#x017F;teren Zimmers,<lb/>
es war leer. Oder wie? ha&#x0364;tte mir dieß Alles<lb/>
nur getra&#x0364;umt?</p><lb/>
        <p>Sinnend ging ich um die lange Tafel; die<lb/>
Probefla&#x0364;&#x017F;chchen &#x017F;tanden wie jeder ge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en hatte;<lb/>
obenan die Ro&#x017F;e, dann Judas, Jacobus, &#x2014;<lb/>
Johannes, &#x017F;ie alle an der Stelle, wo ich &#x017F;ie<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[128/0134] dem Tiſche ſpruͤhte ein Licht in ſeinem letzten Leben, umher ſtanden Glaͤſer und Flaſchen, und rings um die Tafel vor jedem Stuhl ein kleines Flaͤſchchen mit langem Zettel am Halſe; — ha; jetzt fiel mir nach und nach alles wie¬ der ein; ich war zu Bremen im Rathskeller; geſtern Nacht war ich herein gegangen, hatte getrunken, hatte mich einſchließen laſſen, da war —; voll Grauen ſchaute ich um mich, denn alle, alle Erinnerungen erwachten mit einemmal. Wenn der geſpenſtige Balthaſar noch in der Ecke ſaͤße, wenn die Weingeiſter noch um mich ſchwebten?! Ich wagte verſtoh¬ lene Blicke in die Ecken des duͤſteren Zimmers, es war leer. Oder wie? haͤtte mir dieß Alles nur getraͤumt? Sinnend ging ich um die lange Tafel; die Probeflaͤſchchen ſtanden wie jeder geſeſſen hatte; obenan die Roſe, dann Judas, Jacobus, — Johannes, ſie alle an der Stelle, wo ich ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/134
Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/134>, abgerufen am 24.11.2024.