einstellen, wenn diese Substanzen mit einer nur etwas schadhaften Stelle in Berührung kommen.
Der häufige Genuß von Naschwerk und Süßig- keiten ist daher das sicherste Mittel, Caries der Zähne herbeizuführen und den Grund zu quälenden Schmer- zen zu legen. Süßigkeiten können aber von Kindern gar wohl entbehrt werden, da sie auch nicht im Ge- ringsten zu ihrem Glück beitragen, ihnen vielmehr häufig durch Magenverderbniß böse Stunden machen. Ein Kind, das ewig nach Naschwerk verlangt, ist schon sehr schlecht erzogen und beweist dadurch, daß die Eltern schwach genug sind, seinen Launen, sogar zu seinem eigenen Schaden nachzugeben, wenn es sie nur recht zu plagen versteht, eine Meisterschaft, die solche verzogene Quälgeister gewöhnlich sehr bald erlangen.
Die Zähne sind nicht bloß zur mechanischen Funktion des Kauens bestimmt: sie sind im strengsten Sinne des Wortes Gefühlsorgane. "Kein Theil des menschlichen Organismus," sagt der berühmte Dub- liner Arzt Dr. Graves, "ist merkwürdiger und zweck- mäßiger eingerichtet, als die Zähne, welche aus der Verbindung einer pulpösen, reich mit Nerven begab- ten Masse und einer harten knochenähnlichen Substanz zusammengesetzt und so befähigt sind, die ihnen oblie- gende doppelte Function zu üben. Die Zähne sind im Stande, trotz des sie umkleidenden Schmelzes,
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einſtellen, wenn dieſe Subſtanzen mit einer nur etwas ſchadhaften Stelle in Beruͤhrung kommen.
Der haͤufige Genuß von Naſchwerk und Suͤßig- keiten iſt daher das ſicherſte Mittel, Caries der Zaͤhne herbeizufuͤhren und den Grund zu quaͤlenden Schmer- zen zu legen. Suͤßigkeiten koͤnnen aber von Kindern gar wohl entbehrt werden, da ſie auch nicht im Ge- ringſten zu ihrem Gluͤck beitragen, ihnen vielmehr haͤufig durch Magenverderbniß boͤſe Stunden machen. Ein Kind, das ewig nach Naſchwerk verlangt, iſt ſchon ſehr ſchlecht erzogen und beweiſt dadurch, daß die Eltern ſchwach genug ſind, ſeinen Launen, ſogar zu ſeinem eigenen Schaden nachzugeben, wenn es ſie nur recht zu plagen verſteht, eine Meiſterſchaft, die ſolche verzogene Quaͤlgeiſter gewoͤhnlich ſehr bald erlangen.
Die Zaͤhne ſind nicht bloß zur mechaniſchen Funktion des Kauens beſtimmt: ſie ſind im ſtrengſten Sinne des Wortes Gefuͤhlsorgane. „Kein Theil des menſchlichen Organismus,‟ ſagt der berühmte Dub- liner Arzt Dr. Graves, „iſt merkwürdiger und zweck- maͤßiger eingerichtet, als die Zaͤhne, welche aus der Verbindung einer pulpoͤſen, reich mit Nerven begab- ten Maſſe und einer harten knochenaͤhnlichen Subſtanz zuſammengeſetzt und ſo befaͤhigt ſind, die ihnen oblie- gende doppelte Function zu uͤben. Die Zaͤhne ſind im Stande, trotz des ſie umkleidenden Schmelzes,
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einſtellen, wenn dieſe Subſtanzen mit einer nur etwas
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Der haͤufige Genuß von Naſchwerk und Suͤßig-
keiten iſt daher das ſicherſte Mittel, Caries der Zaͤhne
herbeizufuͤhren und den Grund zu quaͤlenden Schmer-
zen zu legen. Suͤßigkeiten koͤnnen aber von Kindern
gar wohl entbehrt werden, da ſie auch nicht im Ge-
ringſten zu ihrem Gluͤck beitragen, ihnen vielmehr
haͤufig durch Magenverderbniß boͤſe Stunden machen.
Ein Kind, das ewig nach Naſchwerk verlangt, iſt
ſchon ſehr ſchlecht erzogen und beweiſt dadurch, daß
die Eltern ſchwach genug ſind, ſeinen Launen, ſogar
zu ſeinem eigenen Schaden nachzugeben, wenn es ſie
nur recht zu plagen verſteht, eine Meiſterſchaft, die
ſolche verzogene Quaͤlgeiſter gewoͤhnlich ſehr bald
erlangen.
Die Zaͤhne ſind nicht bloß zur mechaniſchen
Funktion des Kauens beſtimmt: ſie ſind im ſtrengſten
Sinne des Wortes Gefuͤhlsorgane. „Kein Theil des
menſchlichen Organismus,‟ ſagt der berühmte Dub-
liner Arzt Dr. Graves, „iſt merkwürdiger und zweck-
maͤßiger eingerichtet, als die Zaͤhne, welche aus der
Verbindung einer pulpoͤſen, reich mit Nerven begab-
ten Maſſe und einer harten knochenaͤhnlichen Subſtanz
zuſammengeſetzt und ſo befaͤhigt ſind, die ihnen oblie-
gende doppelte Function zu uͤben. Die Zaͤhne ſind
im Stande, trotz des ſie umkleidenden Schmelzes,
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Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/173>, abgerufen am 16.02.2025.
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