erschöpfen, wie ein Blitzstrahl das Auge unrettbar blenden kann. Deßhalb darf man nie ein Kind durch einen Schuß in der Nähe des Ohres erschrecken, oder es heftig auf dieses Organ schlagen, oder an der Seite des Kopfes es rasch in die Höhe heben. Hat man daher einen guten Freund, der viel von derar- tigen practischen Späßen hält, so entferne man mög- lichst die Kinder, wenn er einen mit seinem Besuche beehrt.
Töne sind für das Ohr, was das Licht für das Auge, also muß auch ihre unangemessene Einwirkung dem Gehörsinn schaden.
Es ist bekannt genug, daß Kanoniere durch den Donner des Geschützes taub werden, und daß mancher Glöckner das Loos des Quasimodo theilt; aber zu wenig denkt man daran die Wirkung der Töne unter gewöhnlichen Verhältnissen zu beobachten. Es ist gewiß, daß häufiger Wechsel von großer Stille zu großem Geräusch, vorzüglich bei schwachen Nerven die Schärfe des Gehörs sehr vermindern muß. Zu lange fortgesetzte musicalische Uebungen werden eben- falls durch Ueberreizung Gehörschwäche hervorbringen (vielleicht lag hier der Grund der Taubheit unseres Beethoven). Reizt man hingegen das Ohr zu wenig, so müssen nothwendig dessen Kräfte durch Mangel an Uebung einschlafen. Vorzüglich wichtig ist die strenge Beobachtung der Ohrendiätetik für angehende
erſchoͤpfen, wie ein Blitzſtrahl das Auge unrettbar blenden kann. Deßhalb darf man nie ein Kind durch einen Schuß in der Naͤhe des Ohres erſchrecken, oder es heftig auf dieſes Organ ſchlagen, oder an der Seite des Kopfes es raſch in die Hoͤhe heben. Hat man daher einen guten Freund, der viel von derar- tigen practiſchen Spaͤßen haͤlt, ſo entferne man moͤg- lichſt die Kinder, wenn er einen mit ſeinem Beſuche beehrt.
Toͤne ſind fuͤr das Ohr, was das Licht fuͤr das Auge, alſo muß auch ihre unangemeſſene Einwirkung dem Gehoͤrſinn ſchaden.
Es iſt bekannt genug, daß Kanoniere durch den Donner des Geſchuͤtzes taub werden, und daß mancher Gloͤckner das Loos des Quaſimodo theilt; aber zu wenig denkt man daran die Wirkung der Toͤne unter gewoͤhnlichen Verhaͤltniſſen zu beobachten. Es iſt gewiß, daß haͤufiger Wechſel von großer Stille zu großem Geraͤuſch, vorzüglich bei ſchwachen Nerven die Schaͤrfe des Gehoͤrs ſehr vermindern muß. Zu lange fortgeſetzte muſicaliſche Uebungen werden eben- falls durch Ueberreizung Gehoͤrſchwaͤche hervorbringen (vielleicht lag hier der Grund der Taubheit unſeres Beethoven). Reizt man hingegen das Ohr zu wenig, ſo muͤſſen nothwendig deſſen Kraͤfte durch Mangel an Uebung einſchlafen. Vorzuͤglich wichtig iſt die ſtrenge Beobachtung der Ohrendiaͤtetik für angehende
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erſchoͤpfen, wie ein Blitzſtrahl das Auge unrettbar
blenden kann. Deßhalb darf man nie ein Kind durch
einen Schuß in der Naͤhe des Ohres erſchrecken, oder
es heftig auf dieſes Organ ſchlagen, oder an der
Seite des Kopfes es raſch in die Hoͤhe heben. Hat
man daher einen guten Freund, der viel von derar-
tigen practiſchen Spaͤßen haͤlt, ſo entferne man moͤg-
lichſt die Kinder, wenn er einen mit ſeinem Beſuche
beehrt.
Toͤne ſind fuͤr das Ohr, was das Licht fuͤr das
Auge, alſo muß auch ihre unangemeſſene Einwirkung
dem Gehoͤrſinn ſchaden.
Es iſt bekannt genug, daß Kanoniere durch den
Donner des Geſchuͤtzes taub werden, und daß mancher
Gloͤckner das Loos des Quaſimodo theilt; aber zu
wenig denkt man daran die Wirkung der Toͤne unter
gewoͤhnlichen Verhaͤltniſſen zu beobachten. Es iſt
gewiß, daß haͤufiger Wechſel von großer Stille zu
großem Geraͤuſch, vorzüglich bei ſchwachen Nerven
die Schaͤrfe des Gehoͤrs ſehr vermindern muß. Zu
lange fortgeſetzte muſicaliſche Uebungen werden eben-
falls durch Ueberreizung Gehoͤrſchwaͤche hervorbringen
(vielleicht lag hier der Grund der Taubheit unſeres
Beethoven). Reizt man hingegen das Ohr zu wenig,
ſo muͤſſen nothwendig deſſen Kraͤfte durch Mangel
an Uebung einſchlafen. Vorzuͤglich wichtig iſt die
ſtrenge Beobachtung der Ohrendiaͤtetik für angehende
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Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/164>, abgerufen am 22.07.2024.
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