läßt sich durchaus nicht entschuldigen, da das zugleich mit den übrigen Organen geschwächte Auge eine solche Behandlung, (wobei auch ein gesundes zu Grunde geht) noch weniger verträgt. Zu den schäd- lichen Folgen einer zu engen Kleidung muß ich auch noch ihren Einfluß auf die Augen rechnen. Es bedarf wohl keines Beweises, daß die Gesundheit dieser Organe eben so wie die Gesundheit aller übrigen Körpertheile, nur bei ungehemmter Blutcirculation bestehen kann, denn wo das Blut in einem Gebilde stockt, entsteht zuerst Hemmung seiner Function und zuletzt förmliche Desorganisation seines Gewebes oder Paralyse seiner Kräfte. Manche Gesichtsschwäche, mancher schwarze Staar wurzelt einzig und allein in dem verderblichen Gebrauch der Schnürleiber.
Fehler des Gehöres sind fast eben so häufig als Gesichtsmängel und beruhen ebenfalls zum größten Theile auf einer schlechten physischen Erziehung, Scropheln sind diesem Sinne sehr oft verderblich (eine kleine Erkältung auf einen scrophulösen Boden gepflanzt, hat schon manch armes Kind fürs Leben taub gemacht). Gegen unmittelbare Schädlichkeiten ist das Ohr wohl besser als das Auge geschützt, weil es nicht so ununterbrochen thätig ist, und in der Regel nicht so sehr angestrengt wird. Dennoch ist es nicht selten, daß starke Erschütterungen und Ex- plosionen die Reizbarkeit des Gehörs auf dieselbe Weise
laͤßt ſich durchaus nicht entſchuldigen, da das zugleich mit den übrigen Organen geſchwaͤchte Auge eine ſolche Behandlung, (wobei auch ein geſundes zu Grunde geht) noch weniger vertraͤgt. Zu den ſchaͤd- lichen Folgen einer zu engen Kleidung muß ich auch noch ihren Einfluß auf die Augen rechnen. Es bedarf wohl keines Beweiſes, daß die Geſundheit dieſer Organe eben ſo wie die Geſundheit aller uͤbrigen Koͤrpertheile, nur bei ungehemmter Blutcirculation beſtehen kann, denn wo das Blut in einem Gebilde ſtockt, entſteht zuerſt Hemmung ſeiner Function und zuletzt förmliche Desorganiſation ſeines Gewebes oder Paralyſe ſeiner Kraͤfte. Manche Geſichtsſchwaͤche, mancher ſchwarze Staar wurzelt einzig und allein in dem verderblichen Gebrauch der Schnuͤrleiber.
Fehler des Gehoͤres ſind faſt eben ſo haͤufig als Geſichtsmaͤngel und beruhen ebenfalls zum groͤßten Theile auf einer ſchlechten phyſiſchen Erziehung, Scropheln ſind dieſem Sinne ſehr oft verderblich (eine kleine Erkaͤltung auf einen ſcrophuloͤſen Boden gepflanzt, hat ſchon manch armes Kind fuͤrs Leben taub gemacht). Gegen unmittelbare Schaͤdlichkeiten iſt das Ohr wohl beſſer als das Auge geſchuͤtzt, weil es nicht ſo ununterbrochen thaͤtig iſt, und in der Regel nicht ſo ſehr angeſtrengt wird. Dennoch iſt es nicht ſelten, daß ſtarke Erſchütterungen und Ex- ploſionen die Reizbarkeit des Gehoͤrs auf dieſelbe Weiſe
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laͤßt ſich durchaus nicht entſchuldigen, da das zugleich
mit den übrigen Organen geſchwaͤchte Auge eine
ſolche Behandlung, (wobei auch ein geſundes zu
Grunde geht) noch weniger vertraͤgt. Zu den ſchaͤd-
lichen Folgen einer zu engen Kleidung muß ich auch
noch ihren Einfluß auf die Augen rechnen. Es bedarf
wohl keines Beweiſes, daß die Geſundheit dieſer
Organe eben ſo wie die Geſundheit aller uͤbrigen
Koͤrpertheile, nur bei ungehemmter Blutcirculation
beſtehen kann, denn wo das Blut in einem Gebilde
ſtockt, entſteht zuerſt Hemmung ſeiner Function und
zuletzt förmliche Desorganiſation ſeines Gewebes
oder Paralyſe ſeiner Kraͤfte. Manche Geſichtsſchwaͤche,
mancher ſchwarze Staar wurzelt einzig und allein in
dem verderblichen Gebrauch der Schnuͤrleiber.
Fehler des Gehoͤres ſind faſt eben ſo haͤufig als
Geſichtsmaͤngel und beruhen ebenfalls zum groͤßten
Theile auf einer ſchlechten phyſiſchen Erziehung,
Scropheln ſind dieſem Sinne ſehr oft verderblich
(eine kleine Erkaͤltung auf einen ſcrophuloͤſen Boden
gepflanzt, hat ſchon manch armes Kind fuͤrs Leben
taub gemacht). Gegen unmittelbare Schaͤdlichkeiten
iſt das Ohr wohl beſſer als das Auge geſchuͤtzt, weil
es nicht ſo ununterbrochen thaͤtig iſt, und in der
Regel nicht ſo ſehr angeſtrengt wird. Dennoch iſt
es nicht ſelten, daß ſtarke Erſchütterungen und Ex-
ploſionen die Reizbarkeit des Gehoͤrs auf dieſelbe Weiſe
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Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/163>, abgerufen am 16.02.2025.
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