war überwuchert von den vielen nachtheiligen Folgen, die immer nach langen Kriegen bei großen Territorialveränderungen zu Tage treten.
Der ganze Zusammenhang der Postverbindungen, welcher sich auf der Grundlage der historischen Staatsterritorienbildung und der eigenthümlichen Entwicklung der internationalen Ver- kehrsbeziehungen je nach dem Bedürfnisse im Laufe der Zeit gebildet hatte, war durch die Kriege, durch andere Abgrenzung der Länder, durch Uebergang der Postverwaltungen in andere Hände, zerrissen worden. Die neu geschaffenen Verbindungen waren gar oft dem Jnteresse des Volkes fremd, waren unna- türlich; die Kriege hatten den Verkehr ohnehin gelähmt, die Bande der Ordnung und Disciplin waren allenthalben er- schüttert, die Straßen verwüstet und man hatte Mühe, den neugeschaffenen Postanlagen neues Leben, neue Nahrung zu- zuführen. --
Die Einnahmen der Postanstalt waren auf ein minimum gesunken. Die Posttaxe war unerschwinglich, Defraudationen an der Tagesordnung; in Folge dessen im Publikum nicht allein kein Vertrauen, sondern ein allgemein tiefbegründetes Mißtrauen gegen die Postanstalt, deren schamlose Verletzungen des Briefgeheimnisses den deutschen Geist empörten! --
Es galt also eine Riesenarbeit, wenn die neue Aera, die mit der Neugeburt des deutschen Bundes herangekommen war mit ihren glückverheißenden Strahlen diese düsteren Schatten für immer verscheuchen sollte! Es gelang ihr in der That, und die Geschichte führt uns jetzt endlich in das sonnerhellte Gebiet der Gegenwart, die uns um so wohlthuender berührt,
war überwuchert von den vielen nachtheiligen Folgen, die immer nach langen Kriegen bei großen Territorialveränderungen zu Tage treten.
Der ganze Zuſammenhang der Poſtverbindungen, welcher ſich auf der Grundlage der hiſtoriſchen Staatsterritorienbildung und der eigenthümlichen Entwicklung der internationalen Ver- kehrsbeziehungen je nach dem Bedürfniſſe im Laufe der Zeit gebildet hatte, war durch die Kriege, durch andere Abgrenzung der Länder, durch Uebergang der Poſtverwaltungen in andere Hände, zerriſſen worden. Die neu geſchaffenen Verbindungen waren gar oft dem Jntereſſe des Volkes fremd, waren unna- türlich; die Kriege hatten den Verkehr ohnehin gelähmt, die Bande der Ordnung und Disciplin waren allenthalben er- ſchüttert, die Straßen verwüſtet und man hatte Mühe, den neugeſchaffenen Poſtanlagen neues Leben, neue Nahrung zu- zuführen. —
Die Einnahmen der Poſtanſtalt waren auf ein minimum geſunken. Die Poſttaxe war unerſchwinglich, Defraudationen an der Tagesordnung; in Folge deſſen im Publikum nicht allein kein Vertrauen, ſondern ein allgemein tiefbegründetes Mißtrauen gegen die Poſtanſtalt, deren ſchamloſe Verletzungen des Briefgeheimniſſes den deutſchen Geiſt empörten! —
Es galt alſo eine Rieſenarbeit, wenn die neue Aera, die mit der Neugeburt des deutſchen Bundes herangekommen war mit ihren glückverheißenden Strahlen dieſe düſteren Schatten für immer verſcheuchen ſollte! Es gelang ihr in der That, und die Geſchichte führt uns jetzt endlich in das ſonnerhellte Gebiet der Gegenwart, die uns um ſo wohlthuender berührt,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0391"n="378"/>
war überwuchert von den vielen nachtheiligen Folgen, die<lb/>
immer nach langen Kriegen bei großen Territorialveränderungen<lb/>
zu Tage treten.</p><lb/><p>Der ganze Zuſammenhang der Poſtverbindungen, welcher<lb/>ſich auf der Grundlage der hiſtoriſchen Staatsterritorienbildung<lb/>
und der eigenthümlichen Entwicklung der internationalen Ver-<lb/>
kehrsbeziehungen je nach dem Bedürfniſſe im Laufe der Zeit<lb/>
gebildet hatte, war durch die Kriege, durch andere Abgrenzung<lb/>
der Länder, durch Uebergang der Poſtverwaltungen in andere<lb/>
Hände, zerriſſen worden. Die neu geſchaffenen Verbindungen<lb/>
waren gar oft dem Jntereſſe des Volkes fremd, waren unna-<lb/>
türlich; die Kriege hatten den Verkehr ohnehin gelähmt, die<lb/>
Bande der Ordnung und Disciplin waren allenthalben er-<lb/>ſchüttert, die Straßen verwüſtet und man hatte Mühe, den<lb/>
neugeſchaffenen Poſtanlagen neues Leben, neue Nahrung zu-<lb/>
zuführen. —</p><lb/><p>Die Einnahmen der Poſtanſtalt waren auf ein <hirendition="#aq">minimum</hi><lb/>
geſunken. Die Poſttaxe war unerſchwinglich, Defraudationen<lb/>
an der Tagesordnung; in Folge deſſen im Publikum nicht<lb/>
allein kein Vertrauen, ſondern ein allgemein tiefbegründetes<lb/>
Mißtrauen gegen die Poſtanſtalt, deren ſchamloſe Verletzungen<lb/>
des Briefgeheimniſſes den deutſchen Geiſt empörten! —</p><lb/><p>Es galt alſo eine Rieſenarbeit, wenn die neue Aera, die<lb/>
mit der Neugeburt des deutſchen Bundes herangekommen war<lb/>
mit ihren glückverheißenden Strahlen dieſe düſteren Schatten<lb/>
für immer verſcheuchen ſollte! Es gelang ihr in der That,<lb/>
und die Geſchichte führt uns jetzt endlich in das ſonnerhellte<lb/>
Gebiet der Gegenwart, die uns um ſo wohlthuender berührt,<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[378/0391]
war überwuchert von den vielen nachtheiligen Folgen, die
immer nach langen Kriegen bei großen Territorialveränderungen
zu Tage treten.
Der ganze Zuſammenhang der Poſtverbindungen, welcher
ſich auf der Grundlage der hiſtoriſchen Staatsterritorienbildung
und der eigenthümlichen Entwicklung der internationalen Ver-
kehrsbeziehungen je nach dem Bedürfniſſe im Laufe der Zeit
gebildet hatte, war durch die Kriege, durch andere Abgrenzung
der Länder, durch Uebergang der Poſtverwaltungen in andere
Hände, zerriſſen worden. Die neu geſchaffenen Verbindungen
waren gar oft dem Jntereſſe des Volkes fremd, waren unna-
türlich; die Kriege hatten den Verkehr ohnehin gelähmt, die
Bande der Ordnung und Disciplin waren allenthalben er-
ſchüttert, die Straßen verwüſtet und man hatte Mühe, den
neugeſchaffenen Poſtanlagen neues Leben, neue Nahrung zu-
zuführen. —
Die Einnahmen der Poſtanſtalt waren auf ein minimum
geſunken. Die Poſttaxe war unerſchwinglich, Defraudationen
an der Tagesordnung; in Folge deſſen im Publikum nicht
allein kein Vertrauen, ſondern ein allgemein tiefbegründetes
Mißtrauen gegen die Poſtanſtalt, deren ſchamloſe Verletzungen
des Briefgeheimniſſes den deutſchen Geiſt empörten! —
Es galt alſo eine Rieſenarbeit, wenn die neue Aera, die
mit der Neugeburt des deutſchen Bundes herangekommen war
mit ihren glückverheißenden Strahlen dieſe düſteren Schatten
für immer verſcheuchen ſollte! Es gelang ihr in der That,
und die Geſchichte führt uns jetzt endlich in das ſonnerhellte
Gebiet der Gegenwart, die uns um ſo wohlthuender berührt,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/391>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.