Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite

Lange Zeit übte die Reichspost blos ein Rittpostwesen,
und verweigerte die Annahme von Geld, Pretiosen und andern
Waaren. Als mit dem Ausgange des XVII. Jahrhunderts
die fahrende Post zum Vorschein kam, da zog sie auch diese
zu ihrer Gerechtsame.

Wurde bemerklich gemacht, daß das Reichsgeneralpostamt
von Kaiser Mathias ausdrücklich nur mit dem belehnt worden
sei, was von Alters Herkommen gewesen, so war doch alles
Neuere dem Reichs-Generalpostamte von Rechtswegen an-
hängig und die landesherrlichen Landkutschen und Post-Caleschen
wurden zum Frevel; denn dem kaiserlichen Reichshofrathe war
von den Gerechtsamen des Reichsgeneralpostamts eine so feste
und klare Ansicht geworden, daß es nur einer Anzeige, einer
Aufforderung des Generalpostamts bedurfte, um sogleich gegen
die Reichsfürsten mit Rescripten, Mandaten und Strafbefehlen
einzuschreiten, ohne nur zuvor den angeklagten Reichs-
fürsten gehört zu haben
. Nicht weniger stand der Pro-
tector des Reichspostwesens, der Erzbischof von Mainz, seinem
Schützling zur Seite; er empfahl die Reichspost; er schirmte
sie, er verschloß selbst, um durch Repressalien seinem Schützling
Eingang zu verschaffen, sein erzbischöfliches Gebiet den Boten
anderer Stände.

Die Kaiser, obwohl ihre eigenen Landesposten festhaltend,
förderten die Erweiterung des Reichspostwesens eifrig und was
ein Reichsstand dagegen unternahm, ward da und dort als
ein Attentat wider den Kaiser angesehen.

So war die Reichspost muthig jedem Kampf entgegen-
gezogen; sie hatte in allen Gegenden des deutschen Reichs

Lange Zeit übte die Reichspoſt blos ein Rittpoſtweſen,
und verweigerte die Annahme von Geld, Pretioſen und andern
Waaren. Als mit dem Ausgange des XVII. Jahrhunderts
die fahrende Poſt zum Vorſchein kam, da zog ſie auch dieſe
zu ihrer Gerechtſame.

Wurde bemerklich gemacht, daß das Reichsgeneralpoſtamt
von Kaiſer Mathias ausdrücklich nur mit dem belehnt worden
ſei, was von Alters Herkommen geweſen, ſo war doch alles
Neuere dem Reichs-Generalpoſtamte von Rechtswegen an-
hängig und die landesherrlichen Landkutſchen und Poſt-Caleſchen
wurden zum Frevel; denn dem kaiſerlichen Reichshofrathe war
von den Gerechtſamen des Reichsgeneralpoſtamts eine ſo feſte
und klare Anſicht geworden, daß es nur einer Anzeige, einer
Aufforderung des Generalpoſtamts bedurfte, um ſogleich gegen
die Reichsfürſten mit Reſcripten, Mandaten und Strafbefehlen
einzuſchreiten, ohne nur zuvor den angeklagten Reichs-
fürſten gehört zu haben
. Nicht weniger ſtand der Pro-
tector des Reichspoſtweſens, der Erzbiſchof von Mainz, ſeinem
Schützling zur Seite; er empfahl die Reichspoſt; er ſchirmte
ſie, er verſchloß ſelbſt, um durch Repreſſalien ſeinem Schützling
Eingang zu verſchaffen, ſein erzbiſchöfliches Gebiet den Boten
anderer Stände.

Die Kaiſer, obwohl ihre eigenen Landespoſten feſthaltend,
förderten die Erweiterung des Reichspoſtweſens eifrig und was
ein Reichsſtand dagegen unternahm, ward da und dort als
ein Attentat wider den Kaiſer angeſehen.

So war die Reichspoſt muthig jedem Kampf entgegen-
gezogen; ſie hatte in allen Gegenden des deutſchen Reichs

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0372" n="359"/>
              <p>Lange Zeit übte die Reichspo&#x017F;t blos ein Rittpo&#x017F;twe&#x017F;en,<lb/>
und verweigerte die Annahme von Geld, Pretio&#x017F;en und andern<lb/>
Waaren. Als mit dem Ausgange des <hi rendition="#aq">XVII</hi>. Jahrhunderts<lb/>
die fahrende Po&#x017F;t zum Vor&#x017F;chein kam, da zog &#x017F;ie auch die&#x017F;e<lb/>
zu ihrer Gerecht&#x017F;ame.</p><lb/>
              <p>Wurde bemerklich gemacht, daß das Reichsgeneralpo&#x017F;tamt<lb/>
von Kai&#x017F;er Mathias ausdrücklich nur mit dem belehnt worden<lb/>
&#x017F;ei, was von Alters Herkommen gewe&#x017F;en, &#x017F;o war doch alles<lb/>
Neuere dem Reichs-Generalpo&#x017F;tamte von Rechtswegen an-<lb/>
hängig und die landesherrlichen Landkut&#x017F;chen und Po&#x017F;t-Cale&#x017F;chen<lb/>
wurden zum Frevel; denn dem kai&#x017F;erlichen Reichshofrathe war<lb/>
von den Gerecht&#x017F;amen des Reichsgeneralpo&#x017F;tamts eine &#x017F;o fe&#x017F;te<lb/>
und klare An&#x017F;icht geworden, daß es nur einer Anzeige, einer<lb/>
Aufforderung des Generalpo&#x017F;tamts bedurfte, um &#x017F;ogleich gegen<lb/>
die Reichsfür&#x017F;ten mit Re&#x017F;cripten, Mandaten und Strafbefehlen<lb/>
einzu&#x017F;chreiten, <hi rendition="#g">ohne nur zuvor den angeklagten Reichs-<lb/>
für&#x017F;ten gehört zu haben</hi>. Nicht weniger &#x017F;tand der Pro-<lb/>
tector des Reichspo&#x017F;twe&#x017F;ens, der Erzbi&#x017F;chof von Mainz, &#x017F;einem<lb/>
Schützling zur Seite; er empfahl die Reichspo&#x017F;t; er &#x017F;chirmte<lb/>
&#x017F;ie, er ver&#x017F;chloß &#x017F;elb&#x017F;t, um durch Repre&#x017F;&#x017F;alien &#x017F;einem Schützling<lb/>
Eingang zu ver&#x017F;chaffen, &#x017F;ein erzbi&#x017F;chöfliches Gebiet den Boten<lb/>
anderer Stände.</p><lb/>
              <p>Die Kai&#x017F;er, obwohl ihre eigenen Landespo&#x017F;ten fe&#x017F;thaltend,<lb/>
förderten die Erweiterung des Reichspo&#x017F;twe&#x017F;ens eifrig und was<lb/>
ein Reichs&#x017F;tand dagegen unternahm, ward da und dort als<lb/>
ein Attentat wider den Kai&#x017F;er ange&#x017F;ehen.</p><lb/>
              <p>So war die Reichspo&#x017F;t muthig jedem Kampf entgegen-<lb/>
gezogen; &#x017F;ie hatte in allen Gegenden des deut&#x017F;chen Reichs<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[359/0372] Lange Zeit übte die Reichspoſt blos ein Rittpoſtweſen, und verweigerte die Annahme von Geld, Pretioſen und andern Waaren. Als mit dem Ausgange des XVII. Jahrhunderts die fahrende Poſt zum Vorſchein kam, da zog ſie auch dieſe zu ihrer Gerechtſame. Wurde bemerklich gemacht, daß das Reichsgeneralpoſtamt von Kaiſer Mathias ausdrücklich nur mit dem belehnt worden ſei, was von Alters Herkommen geweſen, ſo war doch alles Neuere dem Reichs-Generalpoſtamte von Rechtswegen an- hängig und die landesherrlichen Landkutſchen und Poſt-Caleſchen wurden zum Frevel; denn dem kaiſerlichen Reichshofrathe war von den Gerechtſamen des Reichsgeneralpoſtamts eine ſo feſte und klare Anſicht geworden, daß es nur einer Anzeige, einer Aufforderung des Generalpoſtamts bedurfte, um ſogleich gegen die Reichsfürſten mit Reſcripten, Mandaten und Strafbefehlen einzuſchreiten, ohne nur zuvor den angeklagten Reichs- fürſten gehört zu haben. Nicht weniger ſtand der Pro- tector des Reichspoſtweſens, der Erzbiſchof von Mainz, ſeinem Schützling zur Seite; er empfahl die Reichspoſt; er ſchirmte ſie, er verſchloß ſelbſt, um durch Repreſſalien ſeinem Schützling Eingang zu verſchaffen, ſein erzbiſchöfliches Gebiet den Boten anderer Stände. Die Kaiſer, obwohl ihre eigenen Landespoſten feſthaltend, förderten die Erweiterung des Reichspoſtweſens eifrig und was ein Reichsſtand dagegen unternahm, ward da und dort als ein Attentat wider den Kaiſer angeſehen. So war die Reichspoſt muthig jedem Kampf entgegen- gezogen; ſie hatte in allen Gegenden des deutſchen Reichs

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/372
Zitationshilfe: Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/372>, abgerufen am 10.05.2024.