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Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868.

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Was die Städte nicht vermocht und theilweise nicht einmal
versucht, -- das konnte der aufblühenden Macht und Gewalt
der Landesherren gelingen! Wie nahe lag doch der Gedanke
und die Möglichkeit, ihre landesherrlichen Boten und Postan-
stalten auch über die Grenzen ihrer Territorien hinaus mit
andern in Verbindung zu bringen. Allein auch da verschwand
das Streben nach Einheit vor dem furchtbaren Gedanken, sich
etwa einer andern Maßregel als der eigenen fügen zu müssen.
So that jeder Landesherr, was er für seine Zwecke gut fand,
und die größere Mehrzahl hat wohl gar nichts gethan, sondern
überließ die Mittel zum Verkehr dem jeweiligen eintretenden
Bedürfnisse; wo sollte auch bei der Gestaltung der damaligen
Territorialverhältnisse -- Deutschland zerfiel ja in ohngefähr
2000 geistliche und weltliche Territorien! -- ein Geist der
Einheit hervorbrechen!

Was Reichsstädte und Reichsfürsten nicht vermocht, das
suchte nun endlich der deutsche Reichstag aufzugreifen, aufge-
rüttelt durch die mächtige Bewegung der Zeit. -- Die Ent-
deckung neuer Welttheile, die Bildung großer Reiche und die
Straffung ihres Regierungswesens, die Bewegung der Kirchen-
verbesserung, das Auftreten der Osmanen an den östlichen Gren-
zen -- alle diese mächtigen Umwälzungen der Zeit waren eben-
soviele dringende Beweggründe, die Errichtung neuer Posten,
wohin ohnehin alle Ereignisse hindrängten, einer festen Leitung
zu unterwerfen und von nun an gegen Zerbröcklung und halt-
ungsloses Zerfahren sicher zu stellen1).

1) Flegler, zur Geschichte der Posten.

Was die Städte nicht vermocht und theilweiſe nicht einmal
verſucht, — das konnte der aufblühenden Macht und Gewalt
der Landesherren gelingen! Wie nahe lag doch der Gedanke
und die Möglichkeit, ihre landesherrlichen Boten und Poſtan-
ſtalten auch über die Grenzen ihrer Territorien hinaus mit
andern in Verbindung zu bringen. Allein auch da verſchwand
das Streben nach Einheit vor dem furchtbaren Gedanken, ſich
etwa einer andern Maßregel als der eigenen fügen zu müſſen.
So that jeder Landesherr, was er für ſeine Zwecke gut fand,
und die größere Mehrzahl hat wohl gar nichts gethan, ſondern
überließ die Mittel zum Verkehr dem jeweiligen eintretenden
Bedürfniſſe; wo ſollte auch bei der Geſtaltung der damaligen
Territorialverhältniſſe — Deutſchland zerfiel ja in ohngefähr
2000 geiſtliche und weltliche Territorien! — ein Geiſt der
Einheit hervorbrechen!

Was Reichsſtädte und Reichsfürſten nicht vermocht, das
ſuchte nun endlich der deutſche Reichstag aufzugreifen, aufge-
rüttelt durch die mächtige Bewegung der Zeit. — Die Ent-
deckung neuer Welttheile, die Bildung großer Reiche und die
Straffung ihres Regierungsweſens, die Bewegung der Kirchen-
verbeſſerung, das Auftreten der Osmanen an den öſtlichen Gren-
zen — alle dieſe mächtigen Umwälzungen der Zeit waren eben-
ſoviele dringende Beweggründe, die Errichtung neuer Poſten,
wohin ohnehin alle Ereigniſſe hindrängten, einer feſten Leitung
zu unterwerfen und von nun an gegen Zerbröcklung und halt-
ungsloſes Zerfahren ſicher zu ſtellen1).

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[250/0263] Was die Städte nicht vermocht und theilweiſe nicht einmal verſucht, — das konnte der aufblühenden Macht und Gewalt der Landesherren gelingen! Wie nahe lag doch der Gedanke und die Möglichkeit, ihre landesherrlichen Boten und Poſtan- ſtalten auch über die Grenzen ihrer Territorien hinaus mit andern in Verbindung zu bringen. Allein auch da verſchwand das Streben nach Einheit vor dem furchtbaren Gedanken, ſich etwa einer andern Maßregel als der eigenen fügen zu müſſen. So that jeder Landesherr, was er für ſeine Zwecke gut fand, und die größere Mehrzahl hat wohl gar nichts gethan, ſondern überließ die Mittel zum Verkehr dem jeweiligen eintretenden Bedürfniſſe; wo ſollte auch bei der Geſtaltung der damaligen Territorialverhältniſſe — Deutſchland zerfiel ja in ohngefähr 2000 geiſtliche und weltliche Territorien! — ein Geiſt der Einheit hervorbrechen! Was Reichsſtädte und Reichsfürſten nicht vermocht, das ſuchte nun endlich der deutſche Reichstag aufzugreifen, aufge- rüttelt durch die mächtige Bewegung der Zeit. — Die Ent- deckung neuer Welttheile, die Bildung großer Reiche und die Straffung ihres Regierungsweſens, die Bewegung der Kirchen- verbeſſerung, das Auftreten der Osmanen an den öſtlichen Gren- zen — alle dieſe mächtigen Umwälzungen der Zeit waren eben- ſoviele dringende Beweggründe, die Errichtung neuer Poſten, wohin ohnehin alle Ereigniſſe hindrängten, einer feſten Leitung zu unterwerfen und von nun an gegen Zerbröcklung und halt- ungsloſes Zerfahren ſicher zu ſtellen 1). 1) Flegler, zur Geſchichte der Poſten.

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Zitationshilfe: Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/263>, abgerufen am 22.11.2024.