Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite

sie ein Nagel zum Sarge der Pariser Universitätsbotenanstalt
war, sowie sie überhaupt in ihren Folgen nach und nach dem
Botenwesen der einzelnen Corporationen, Zünfte und Städte
einen, wenn auch langsamen, doch sichern Tod brachte.

Die Gründung der königlichen Post durch Ludwig XI.,
sagt Flegler1), fiel in eine von geistigen und materiellen Trieb-
federn mächtig ergriffene Zeit. Damals bildete sich eine un-
ermeßliche Bewegung, ein Drang nach Annäherung und Mit-
theilung, eine Erweiterung des Blickes und Gesichtskreises, wie
dies alles seit Cäsars Tagen die Welt nicht mehr gesehen hat.
Alte Schranken wurden niedergeworfen, unbekannte Welttheile
wurden entdeckt, neue Wege des Handels und Verkehrs aufge-
sucht, die entferntesten Völker in den Kreis der Betrachtung
gezogen.

Da diese ganze Entwicklung fast mehr noch von den Massen,
als von den Regierungen gepflegt und getragen war, so wurde
sie gerade dadurch unaufhaltsam und dauernd gemacht. Alle
diese Dinge mußten dem Aufkommen der Posten im hohen
Grade günstig sein. Jn Frankreich selber wurde es nunmehr
das Ziel und die Aufgabe der königlichen Postanstalt, allmäh-
lig den gesammten Kreis des Verkehrs in ihren Bereich zu
ziehen. --

Wenn König Ludwig XI. seine Zeit erfaßte, so mußte er
selbstverständlich auf Mittel sinnen, eine schnelle und leichte
Verbindung nach allen Punkten seines Reiches herzustellen; es

1) Flegler, zur Geschichte der Posten.

ſie ein Nagel zum Sarge der Pariſer Univerſitätsbotenanſtalt
war, ſowie ſie überhaupt in ihren Folgen nach und nach dem
Botenweſen der einzelnen Corporationen, Zünfte und Städte
einen, wenn auch langſamen, doch ſichern Tod brachte.

Die Gründung der königlichen Poſt durch Ludwig XI.,
ſagt Flegler1), fiel in eine von geiſtigen und materiellen Trieb-
federn mächtig ergriffene Zeit. Damals bildete ſich eine un-
ermeßliche Bewegung, ein Drang nach Annäherung und Mit-
theilung, eine Erweiterung des Blickes und Geſichtskreiſes, wie
dies alles ſeit Cäſars Tagen die Welt nicht mehr geſehen hat.
Alte Schranken wurden niedergeworfen, unbekannte Welttheile
wurden entdeckt, neue Wege des Handels und Verkehrs aufge-
ſucht, die entfernteſten Völker in den Kreis der Betrachtung
gezogen.

Da dieſe ganze Entwicklung faſt mehr noch von den Maſſen,
als von den Regierungen gepflegt und getragen war, ſo wurde
ſie gerade dadurch unaufhaltſam und dauernd gemacht. Alle
dieſe Dinge mußten dem Aufkommen der Poſten im hohen
Grade günſtig ſein. Jn Frankreich ſelber wurde es nunmehr
das Ziel und die Aufgabe der königlichen Poſtanſtalt, allmäh-
lig den geſammten Kreis des Verkehrs in ihren Bereich zu
ziehen. —

Wenn König Ludwig XI. ſeine Zeit erfaßte, ſo mußte er
ſelbſtverſtändlich auf Mittel ſinnen, eine ſchnelle und leichte
Verbindung nach allen Punkten ſeines Reiches herzuſtellen; es

1) Flegler, zur Geſchichte der Poſten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0239" n="226"/>
&#x017F;ie ein Nagel zum Sarge der Pari&#x017F;er Univer&#x017F;itätsbotenan&#x017F;talt<lb/>
war, &#x017F;owie &#x017F;ie überhaupt in ihren Folgen nach und nach dem<lb/>
Botenwe&#x017F;en der einzelnen Corporationen, Zünfte und Städte<lb/>
einen, wenn auch lang&#x017F;amen, doch &#x017F;ichern Tod brachte.</p><lb/>
            <p>Die Gründung der königlichen Po&#x017F;t durch Ludwig <hi rendition="#aq">XI</hi>.,<lb/>
&#x017F;agt <hi rendition="#aq">Flegler</hi><note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Flegler</hi>, zur Ge&#x017F;chichte der Po&#x017F;ten.</note>, fiel in eine von gei&#x017F;tigen und materiellen Trieb-<lb/>
federn mächtig ergriffene Zeit. Damals bildete &#x017F;ich eine un-<lb/>
ermeßliche Bewegung, ein Drang nach Annäherung und Mit-<lb/>
theilung, eine Erweiterung des Blickes und Ge&#x017F;ichtskrei&#x017F;es, wie<lb/>
dies alles &#x017F;eit Cä&#x017F;ars Tagen die Welt nicht mehr ge&#x017F;ehen hat.<lb/>
Alte Schranken wurden niedergeworfen, unbekannte Welttheile<lb/>
wurden entdeckt, neue Wege des Handels und Verkehrs aufge-<lb/>
&#x017F;ucht, die entfernte&#x017F;ten Völker in den Kreis der Betrachtung<lb/>
gezogen.</p><lb/>
            <p>Da die&#x017F;e ganze Entwicklung fa&#x017F;t mehr noch von den Ma&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
als von den Regierungen gepflegt und getragen war, &#x017F;o wurde<lb/>
&#x017F;ie gerade dadurch unaufhalt&#x017F;am und dauernd gemacht. Alle<lb/>
die&#x017F;e Dinge mußten dem Aufkommen der Po&#x017F;ten im hohen<lb/>
Grade gün&#x017F;tig &#x017F;ein. Jn Frankreich &#x017F;elber wurde es nunmehr<lb/>
das Ziel und die Aufgabe der königlichen Po&#x017F;tan&#x017F;talt, allmäh-<lb/>
lig den ge&#x017F;ammten Kreis des Verkehrs in ihren Bereich zu<lb/>
ziehen. &#x2014;</p><lb/>
            <p>Wenn König Ludwig <hi rendition="#aq">XI</hi>. &#x017F;eine Zeit erfaßte, &#x017F;o mußte er<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;tver&#x017F;tändlich auf Mittel &#x017F;innen, eine &#x017F;chnelle und leichte<lb/>
Verbindung nach allen Punkten &#x017F;eines Reiches herzu&#x017F;tellen; es<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[226/0239] ſie ein Nagel zum Sarge der Pariſer Univerſitätsbotenanſtalt war, ſowie ſie überhaupt in ihren Folgen nach und nach dem Botenweſen der einzelnen Corporationen, Zünfte und Städte einen, wenn auch langſamen, doch ſichern Tod brachte. Die Gründung der königlichen Poſt durch Ludwig XI., ſagt Flegler 1), fiel in eine von geiſtigen und materiellen Trieb- federn mächtig ergriffene Zeit. Damals bildete ſich eine un- ermeßliche Bewegung, ein Drang nach Annäherung und Mit- theilung, eine Erweiterung des Blickes und Geſichtskreiſes, wie dies alles ſeit Cäſars Tagen die Welt nicht mehr geſehen hat. Alte Schranken wurden niedergeworfen, unbekannte Welttheile wurden entdeckt, neue Wege des Handels und Verkehrs aufge- ſucht, die entfernteſten Völker in den Kreis der Betrachtung gezogen. Da dieſe ganze Entwicklung faſt mehr noch von den Maſſen, als von den Regierungen gepflegt und getragen war, ſo wurde ſie gerade dadurch unaufhaltſam und dauernd gemacht. Alle dieſe Dinge mußten dem Aufkommen der Poſten im hohen Grade günſtig ſein. Jn Frankreich ſelber wurde es nunmehr das Ziel und die Aufgabe der königlichen Poſtanſtalt, allmäh- lig den geſammten Kreis des Verkehrs in ihren Bereich zu ziehen. — Wenn König Ludwig XI. ſeine Zeit erfaßte, ſo mußte er ſelbſtverſtändlich auf Mittel ſinnen, eine ſchnelle und leichte Verbindung nach allen Punkten ſeines Reiches herzuſtellen; es 1) Flegler, zur Geſchichte der Poſten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/239
Zitationshilfe: Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/239>, abgerufen am 27.04.2024.