Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Cap. IV.
Uebergang vom Mittelalter zur neuen Zeit.

Aber auch in Deutschland bereiteten sich mittlerweile Er-
eignisse vor, welche den Eintritt einer neuen Zeit verkündeten.
Die gesteigerte Entwicklung der staatlichen, sowie der bürger-
lichen Verhältnisse brachte einen neuen Umschwung der Dinge;
namentlich seit dem Ende der Kreuzzüge zeigte sich allenthalben
reges Leben, lebendiges Schaffen; der Handel der deutschen
Städte hatte unendlich viel zur allgemeinen Cultur beigetragen;
verschiedene Erfindungen, namentlich die Erfindung des Schieß-
pulvers, hatte die Politik in Folge der neuen, ganz andern
Vertheilung von Kriegsmacht und Gewalt der stehenden Heere
in ganz andere Bahnen gelenkt. Lehenswesen und Hierarchie
hatten eben durch die Uebertreibung ihrer Herrschaft deren
Grundfesten selbst zerbrochen; die Unerträglichkeit der doppelten
Last hatte die Völker zum Entgegenstreben aufgerafft, und es
war durch ein glückliches Verhängniß gerade diejenige große
Begebenheit, an deren Beförderung Beide, zumal aber die
Hierarchie, mit dem lebhaftesten Eifer gearbeitet und welche sie
als den höchsten Triumph ihrer Macht betrachtet hatten, der
erste Grund ihres Verderbens, der erste Anstoß einer ganz
neuen Ordnung der Dinge geworden. -- Es waren dies die
Kreuzzüge, deren segensreiche Folgen hauptsächlich in dem
mächtig belebenden Einfluß bestanden, den sie auf den gesammten
Culturzustand Europa's, auf Völkerverkehr und Handel, auf
Geistesthätigkeit, Freiheit, auf moralische und politische Kraft

Cap. IV.
Uebergang vom Mittelalter zur neuen Zeit.

Aber auch in Deutſchland bereiteten ſich mittlerweile Er-
eigniſſe vor, welche den Eintritt einer neuen Zeit verkündeten.
Die geſteigerte Entwicklung der ſtaatlichen, ſowie der bürger-
lichen Verhältniſſe brachte einen neuen Umſchwung der Dinge;
namentlich ſeit dem Ende der Kreuzzüge zeigte ſich allenthalben
reges Leben, lebendiges Schaffen; der Handel der deutſchen
Städte hatte unendlich viel zur allgemeinen Cultur beigetragen;
verſchiedene Erfindungen, namentlich die Erfindung des Schieß-
pulvers, hatte die Politik in Folge der neuen, ganz andern
Vertheilung von Kriegsmacht und Gewalt der ſtehenden Heere
in ganz andere Bahnen gelenkt. Lehensweſen und Hierarchie
hatten eben durch die Uebertreibung ihrer Herrſchaft deren
Grundfeſten ſelbſt zerbrochen; die Unerträglichkeit der doppelten
Laſt hatte die Völker zum Entgegenſtreben aufgerafft, und es
war durch ein glückliches Verhängniß gerade diejenige große
Begebenheit, an deren Beförderung Beide, zumal aber die
Hierarchie, mit dem lebhafteſten Eifer gearbeitet und welche ſie
als den höchſten Triumph ihrer Macht betrachtet hatten, der
erſte Grund ihres Verderbens, der erſte Anſtoß einer ganz
neuen Ordnung der Dinge geworden. — Es waren dies die
Kreuzzüge, deren ſegensreiche Folgen hauptſächlich in dem
mächtig belebenden Einfluß beſtanden, den ſie auf den geſammten
Culturzuſtand Europa's, auf Völkerverkehr und Handel, auf
Geiſtesthätigkeit, Freiheit, auf moraliſche und politiſche Kraft

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0227" n="214"/>
          <div n="3">
            <head>Cap. <hi rendition="#aq">IV</hi>.<lb/><hi rendition="#b">Uebergang vom Mittelalter zur neuen Zeit</hi>.</head><lb/>
            <p>Aber auch in Deut&#x017F;chland bereiteten &#x017F;ich mittlerweile Er-<lb/>
eigni&#x017F;&#x017F;e vor, welche den Eintritt einer neuen Zeit verkündeten.<lb/>
Die ge&#x017F;teigerte Entwicklung der &#x017F;taatlichen, &#x017F;owie der bürger-<lb/>
lichen Verhältni&#x017F;&#x017F;e brachte einen neuen Um&#x017F;chwung der Dinge;<lb/>
namentlich &#x017F;eit dem Ende der Kreuzzüge zeigte &#x017F;ich allenthalben<lb/>
reges Leben, lebendiges Schaffen; der Handel der deut&#x017F;chen<lb/>
Städte hatte unendlich viel zur allgemeinen Cultur beigetragen;<lb/>
ver&#x017F;chiedene Erfindungen, namentlich die Erfindung des Schieß-<lb/>
pulvers, hatte die Politik in Folge der neuen, ganz andern<lb/>
Vertheilung von Kriegsmacht und Gewalt der &#x017F;tehenden Heere<lb/>
in ganz andere Bahnen gelenkt. <hi rendition="#g">Lehenswe&#x017F;en</hi> und <hi rendition="#g">Hierarchie</hi><lb/>
hatten eben durch die Uebertreibung ihrer Herr&#x017F;chaft deren<lb/>
Grundfe&#x017F;ten &#x017F;elb&#x017F;t zerbrochen; die Unerträglichkeit der doppelten<lb/>
La&#x017F;t hatte die Völker zum Entgegen&#x017F;treben aufgerafft, und es<lb/>
war durch ein glückliches Verhängniß gerade diejenige große<lb/>
Begebenheit, an deren Beförderung Beide, zumal aber die<lb/>
Hierarchie, mit dem lebhafte&#x017F;ten Eifer gearbeitet und welche &#x017F;ie<lb/>
als den höch&#x017F;ten Triumph ihrer Macht betrachtet hatten, der<lb/>
er&#x017F;te Grund ihres Verderbens, der er&#x017F;te An&#x017F;toß einer ganz<lb/>
neuen Ordnung der Dinge geworden. &#x2014; Es waren dies die<lb/>
Kreuzzüge, deren &#x017F;egensreiche Folgen <hi rendition="#g">haupt&#x017F;ächlich</hi> in dem<lb/>
mächtig belebenden Einfluß be&#x017F;tanden, den &#x017F;ie auf den ge&#x017F;ammten<lb/>
Culturzu&#x017F;tand Europa's, auf Völkerverkehr und Handel, auf<lb/>
Gei&#x017F;testhätigkeit, Freiheit, auf morali&#x017F;che und politi&#x017F;che Kraft<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214/0227] Cap. IV. Uebergang vom Mittelalter zur neuen Zeit. Aber auch in Deutſchland bereiteten ſich mittlerweile Er- eigniſſe vor, welche den Eintritt einer neuen Zeit verkündeten. Die geſteigerte Entwicklung der ſtaatlichen, ſowie der bürger- lichen Verhältniſſe brachte einen neuen Umſchwung der Dinge; namentlich ſeit dem Ende der Kreuzzüge zeigte ſich allenthalben reges Leben, lebendiges Schaffen; der Handel der deutſchen Städte hatte unendlich viel zur allgemeinen Cultur beigetragen; verſchiedene Erfindungen, namentlich die Erfindung des Schieß- pulvers, hatte die Politik in Folge der neuen, ganz andern Vertheilung von Kriegsmacht und Gewalt der ſtehenden Heere in ganz andere Bahnen gelenkt. Lehensweſen und Hierarchie hatten eben durch die Uebertreibung ihrer Herrſchaft deren Grundfeſten ſelbſt zerbrochen; die Unerträglichkeit der doppelten Laſt hatte die Völker zum Entgegenſtreben aufgerafft, und es war durch ein glückliches Verhängniß gerade diejenige große Begebenheit, an deren Beförderung Beide, zumal aber die Hierarchie, mit dem lebhafteſten Eifer gearbeitet und welche ſie als den höchſten Triumph ihrer Macht betrachtet hatten, der erſte Grund ihres Verderbens, der erſte Anſtoß einer ganz neuen Ordnung der Dinge geworden. — Es waren dies die Kreuzzüge, deren ſegensreiche Folgen hauptſächlich in dem mächtig belebenden Einfluß beſtanden, den ſie auf den geſammten Culturzuſtand Europa's, auf Völkerverkehr und Handel, auf Geiſtesthätigkeit, Freiheit, auf moraliſche und politiſche Kraft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/227
Zitationshilfe: Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/227>, abgerufen am 28.04.2024.