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Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868.

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bularis erwähnt. -- Allein, daß weder die eine noch die
andere Art des cursus publicus auf der frühern Höhe war, daß
Gesetze überhaupt nichts mehr zu wirken vermochten, ohne eine
ganz neue Reorganisation vorzunehmen, die selbstverständlich
aus andern politischen Gründen und Verhältnissen noch viel
weniger möglich war, das zu behaupten, wird wohl nicht ge-
wagt sein. --

Wäre es aber auch noch möglich gewesen, so hätte im ost-
römischen
Kaiserthum Justinian es vermocht, den einge-
rissenen Uebelständen zu steuern und die Leitung des Post-
wesens kräftiger zu handhaben.

Er gab sich wenigstens viele Mühe, die Bedrückungen der
Unterthanen zu erleichtern, viele Stationen, die wohl schon
überflüssig erschienen, ließ er einziehen, auf anderen die Be-
förderung nicht mehr durch Pferde, sondern durch Maulthiere
betreiben. Ob nun der Grund zu diesen Veränderungen in
seiner Sparsamkeit oder in edler Fürsorge um Erleichterung
der Sorge der Unterthanen war, oder ob die Ursache hievon
in dem angebornen Mißtrauen des Kaisers, sowie in der Be-
gierde, die postalischen Einrichtungen möglichst nur für sich und
den Hof auszubeuten, zu suchen seien, wollen wir hier nicht
entscheiden, jedenfalls aber ist die Annahme, als habe Justinian
den cursus publicus aufgehoben, dadurch vollkommen widerlegt,
ganz abgesehen davon, daß gerade Justinian es war, welcher
im Jahre 562 in dem mit den Persern abgeschlossenen Ver-
trag (in Artikel III.) noch die gegenseitige Benützung der
beiderseitigen Postanstalten festsetzte1)2).

1) Pauly, Realencyclopädie. V. pag. 1948.
2) Menander Protector im Corpus scriptorum Historiae Byzantinae;
editio Niebuhrii; Bonnae 1829. pars I. pag. 360. "tertio capite

bularis erwähnt. — Allein, daß weder die eine noch die
andere Art des cursus publicus auf der frühern Höhe war, daß
Geſetze überhaupt nichts mehr zu wirken vermochten, ohne eine
ganz neue Reorganiſation vorzunehmen, die ſelbſtverſtändlich
aus andern politiſchen Gründen und Verhältniſſen noch viel
weniger möglich war, das zu behaupten, wird wohl nicht ge-
wagt ſein. —

Wäre es aber auch noch möglich geweſen, ſo hätte im oſt-
römiſchen
Kaiſerthum Justinian es vermocht, den einge-
riſſenen Uebelſtänden zu ſteuern und die Leitung des Poſt-
weſens kräftiger zu handhaben.

Er gab ſich wenigſtens viele Mühe, die Bedrückungen der
Unterthanen zu erleichtern, viele Stationen, die wohl ſchon
überflüſſig erſchienen, ließ er einziehen, auf anderen die Be-
förderung nicht mehr durch Pferde, ſondern durch Maulthiere
betreiben. Ob nun der Grund zu dieſen Veränderungen in
ſeiner Sparſamkeit oder in edler Fürſorge um Erleichterung
der Sorge der Unterthanen war, oder ob die Urſache hievon
in dem angebornen Mißtrauen des Kaiſers, ſowie in der Be-
gierde, die poſtaliſchen Einrichtungen möglichſt nur für ſich und
den Hof auszubeuten, zu ſuchen ſeien, wollen wir hier nicht
entſcheiden, jedenfalls aber iſt die Annahme, als habe Justinian
den cursus publicus aufgehoben, dadurch vollkommen widerlegt,
ganz abgeſehen davon, daß gerade Justinian es war, welcher
im Jahre 562 in dem mit den Perſern abgeſchloſſenen Ver-
trag (in Artikel III.) noch die gegenſeitige Benützung der
beiderſeitigen Poſtanſtalten feſtſetzte1)2).

1) Pauly, Realencyclopädie. V. pag. 1948.
2) Menander Protector im Corpus scriptorum Historiae Byzantinae;
editio Niebuhrii; Bonnae 1829. pars I. pag. 360. „tertio capite
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[107/0120] bularis erwähnt. — Allein, daß weder die eine noch die andere Art des cursus publicus auf der frühern Höhe war, daß Geſetze überhaupt nichts mehr zu wirken vermochten, ohne eine ganz neue Reorganiſation vorzunehmen, die ſelbſtverſtändlich aus andern politiſchen Gründen und Verhältniſſen noch viel weniger möglich war, das zu behaupten, wird wohl nicht ge- wagt ſein. — Wäre es aber auch noch möglich geweſen, ſo hätte im oſt- römiſchen Kaiſerthum Justinian es vermocht, den einge- riſſenen Uebelſtänden zu ſteuern und die Leitung des Poſt- weſens kräftiger zu handhaben. Er gab ſich wenigſtens viele Mühe, die Bedrückungen der Unterthanen zu erleichtern, viele Stationen, die wohl ſchon überflüſſig erſchienen, ließ er einziehen, auf anderen die Be- förderung nicht mehr durch Pferde, ſondern durch Maulthiere betreiben. Ob nun der Grund zu dieſen Veränderungen in ſeiner Sparſamkeit oder in edler Fürſorge um Erleichterung der Sorge der Unterthanen war, oder ob die Urſache hievon in dem angebornen Mißtrauen des Kaiſers, ſowie in der Be- gierde, die poſtaliſchen Einrichtungen möglichſt nur für ſich und den Hof auszubeuten, zu ſuchen ſeien, wollen wir hier nicht entſcheiden, jedenfalls aber iſt die Annahme, als habe Justinian den cursus publicus aufgehoben, dadurch vollkommen widerlegt, ganz abgeſehen davon, daß gerade Justinian es war, welcher im Jahre 562 in dem mit den Perſern abgeſchloſſenen Ver- trag (in Artikel III.) noch die gegenſeitige Benützung der beiderſeitigen Poſtanſtalten feſtſetzte 1) 2). 1) Pauly, Realencyclopädie. V. pag. 1948. 2) Menander Protector im Corpus scriptorum Historiae Byzantinae; editio Niebuhrii; Bonnae 1829. pars I. pag. 360. „tertio capite

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Zitationshilfe: Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/120>, abgerufen am 24.11.2024.