Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite

ein polizeiliches Mittel zur leichteren Bewachung der Provinzen,
sowie zur besseren Zügelung ihrer unruhigen Bevölkerung an-
zusehen. Die Unterthanen, deren Vortheil dabei am aller-
wenigsten in Betracht gezogen wurde, konnten in den Beamten
der Post, ja oft in den Reisenden selbst nur Spione erblicken
und scheinen nach manchen mehr oder minder versteckten An-
deutungen solche auch nur darin gefunden zu haben.

Wenn sich nun gleich bei Constantin dem Großen mehr
als bei irgend einem andern Kaiser die Absicht zeigt, für seine
Herrschaft möglichst großen Nutzen aus dem Postwesen zu ziehen,
so ist doch nicht zu verkennen, daß seine Gesetze einer wirklich
wohlwollenden Fürsorge für das Jnstitut sowohl, als für die
Unterthanen entsprungen waren.

So ist von ihm das Gesetz, nach welchem kein für den
Pflug bestimmtes Thier zum cursus publicus verwendet wer-
den sollte; ferner jenes, nach welchem das Vieh nicht mit Prü-
geln, sondern mit Peitschen angetrieben werden durfte; endlich
vom Jahr 326 jenes Gesetz, welches gegen den Verkauf der
angarien erlassen wurde.

Wie schwer oft die Provinzialen die benöthigten Pferde und
Thiere aufbringen konnten und wie sehr Constantin bedacht
war, die Provinzialen nicht zu sehr zu drücken, geht aus dem
Gesetz IV Cod. Theodos. VIII. 5. und Lex II Cod Just. XII.
51 hervor, in welchem den Provinzialbeamten, Finanzbeam-
ten etc. die Benützung der parangariae und paraveredi abge-
sprochen wird. Der Kaiser sagt im Gesetze selbst, daß er
wahrgenommen habe, mit welcher Mühe und Angst die Pro-
vinzialen die Thiere herbeizuschaffen im Stande wären, da man
selbst bei seinen Reisen, welche die Staatsgeschäfte erfordern,

ein polizeiliches Mittel zur leichteren Bewachung der Provinzen,
ſowie zur beſſeren Zügelung ihrer unruhigen Bevölkerung an-
zuſehen. Die Unterthanen, deren Vortheil dabei am aller-
wenigſten in Betracht gezogen wurde, konnten in den Beamten
der Poſt, ja oft in den Reiſenden ſelbſt nur Spione erblicken
und ſcheinen nach manchen mehr oder minder verſteckten An-
deutungen ſolche auch nur darin gefunden zu haben.

Wenn ſich nun gleich bei Constantin dem Großen mehr
als bei irgend einem andern Kaiſer die Abſicht zeigt, für ſeine
Herrſchaft möglichſt großen Nutzen aus dem Poſtweſen zu ziehen,
ſo iſt doch nicht zu verkennen, daß ſeine Geſetze einer wirklich
wohlwollenden Fürſorge für das Jnſtitut ſowohl, als für die
Unterthanen entſprungen waren.

So iſt von ihm das Geſetz, nach welchem kein für den
Pflug beſtimmtes Thier zum cursus publicus verwendet wer-
den ſollte; ferner jenes, nach welchem das Vieh nicht mit Prü-
geln, ſondern mit Peitſchen angetrieben werden durfte; endlich
vom Jahr 326 jenes Geſetz, welches gegen den Verkauf der
angarien erlaſſen wurde.

Wie ſchwer oft die Provinzialen die benöthigten Pferde und
Thiere aufbringen konnten und wie ſehr Constantin bedacht
war, die Provinzialen nicht zu ſehr zu drücken, geht aus dem
Geſetz IV Cod. Theodos. VIII. 5. und Lex II Cod Just. XII.
51 hervor, in welchem den Provinzialbeamten, Finanzbeam-
ten ꝛc. die Benützung der parangariae und paraveredi abge-
ſprochen wird. Der Kaiſer ſagt im Geſetze ſelbſt, daß er
wahrgenommen habe, mit welcher Mühe und Angſt die Pro-
vinzialen die Thiere herbeizuſchaffen im Stande wären, da man
ſelbſt bei ſeinen Reiſen, welche die Staatsgeſchäfte erfordern,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0106" n="93"/>
ein polizeiliches Mittel zur leichteren Bewachung der Provinzen,<lb/>
&#x017F;owie zur be&#x017F;&#x017F;eren Zügelung ihrer unruhigen Bevölkerung an-<lb/>
zu&#x017F;ehen. Die Unterthanen, deren Vortheil dabei am aller-<lb/>
wenig&#x017F;ten in Betracht gezogen wurde, konnten in den Beamten<lb/>
der Po&#x017F;t, ja oft in den Rei&#x017F;enden &#x017F;elb&#x017F;t nur Spione erblicken<lb/>
und &#x017F;cheinen nach manchen mehr oder minder ver&#x017F;teckten An-<lb/>
deutungen &#x017F;olche auch nur darin gefunden zu haben.</p><lb/>
                <p>Wenn &#x017F;ich nun gleich bei <hi rendition="#aq">Constantin</hi> dem Großen mehr<lb/>
als bei irgend einem andern Kai&#x017F;er die Ab&#x017F;icht zeigt, für &#x017F;eine<lb/>
Herr&#x017F;chaft möglich&#x017F;t großen Nutzen aus dem Po&#x017F;twe&#x017F;en zu ziehen,<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t doch nicht zu verkennen, daß &#x017F;eine Ge&#x017F;etze einer wirklich<lb/>
wohlwollenden Für&#x017F;orge für das Jn&#x017F;titut &#x017F;owohl, als für die<lb/>
Unterthanen ent&#x017F;prungen waren.</p><lb/>
                <p>So i&#x017F;t von ihm das Ge&#x017F;etz, nach welchem kein für den<lb/>
Pflug be&#x017F;timmtes Thier zum <hi rendition="#aq">cursus publicus</hi> verwendet wer-<lb/>
den &#x017F;ollte; ferner jenes, nach welchem das Vieh nicht mit Prü-<lb/>
geln, &#x017F;ondern mit Peit&#x017F;chen angetrieben werden durfte; endlich<lb/>
vom Jahr 326 jenes Ge&#x017F;etz, welches gegen den Verkauf der<lb/><hi rendition="#aq">angarien</hi> erla&#x017F;&#x017F;en wurde.</p><lb/>
                <p>Wie &#x017F;chwer oft die Provinzialen die benöthigten Pferde und<lb/>
Thiere aufbringen konnten und wie &#x017F;ehr <hi rendition="#aq">Constantin</hi> bedacht<lb/>
war, die Provinzialen nicht zu &#x017F;ehr zu drücken, geht aus dem<lb/>
Ge&#x017F;etz <hi rendition="#aq">IV Cod. Theodos. VIII.</hi> 5. und <hi rendition="#aq">Lex II Cod Just. XII.</hi><lb/>
51 hervor, in welchem den Provinzialbeamten, Finanzbeam-<lb/>
ten &#xA75B;c. die Benützung der <hi rendition="#aq">parangariae</hi> und <hi rendition="#aq">paraveredi</hi> abge-<lb/>
&#x017F;prochen wird. Der Kai&#x017F;er &#x017F;agt im Ge&#x017F;etze &#x017F;elb&#x017F;t, daß er<lb/>
wahrgenommen habe, mit welcher Mühe und Ang&#x017F;t die Pro-<lb/>
vinzialen die Thiere herbeizu&#x017F;chaffen im Stande wären, da man<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t bei <hi rendition="#g">&#x017F;einen</hi> Rei&#x017F;en, welche die Staatsge&#x017F;chäfte erfordern,<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[93/0106] ein polizeiliches Mittel zur leichteren Bewachung der Provinzen, ſowie zur beſſeren Zügelung ihrer unruhigen Bevölkerung an- zuſehen. Die Unterthanen, deren Vortheil dabei am aller- wenigſten in Betracht gezogen wurde, konnten in den Beamten der Poſt, ja oft in den Reiſenden ſelbſt nur Spione erblicken und ſcheinen nach manchen mehr oder minder verſteckten An- deutungen ſolche auch nur darin gefunden zu haben. Wenn ſich nun gleich bei Constantin dem Großen mehr als bei irgend einem andern Kaiſer die Abſicht zeigt, für ſeine Herrſchaft möglichſt großen Nutzen aus dem Poſtweſen zu ziehen, ſo iſt doch nicht zu verkennen, daß ſeine Geſetze einer wirklich wohlwollenden Fürſorge für das Jnſtitut ſowohl, als für die Unterthanen entſprungen waren. So iſt von ihm das Geſetz, nach welchem kein für den Pflug beſtimmtes Thier zum cursus publicus verwendet wer- den ſollte; ferner jenes, nach welchem das Vieh nicht mit Prü- geln, ſondern mit Peitſchen angetrieben werden durfte; endlich vom Jahr 326 jenes Geſetz, welches gegen den Verkauf der angarien erlaſſen wurde. Wie ſchwer oft die Provinzialen die benöthigten Pferde und Thiere aufbringen konnten und wie ſehr Constantin bedacht war, die Provinzialen nicht zu ſehr zu drücken, geht aus dem Geſetz IV Cod. Theodos. VIII. 5. und Lex II Cod Just. XII. 51 hervor, in welchem den Provinzialbeamten, Finanzbeam- ten ꝛc. die Benützung der parangariae und paraveredi abge- ſprochen wird. Der Kaiſer ſagt im Geſetze ſelbſt, daß er wahrgenommen habe, mit welcher Mühe und Angſt die Pro- vinzialen die Thiere herbeizuſchaffen im Stande wären, da man ſelbſt bei ſeinen Reiſen, welche die Staatsgeſchäfte erfordern,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/106
Zitationshilfe: Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/106>, abgerufen am 18.05.2024.