Hartmann, Moritz: Das Schloß im Gebirge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [221]–262. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.kommen, und daß wir uns dort ein sehr schönes Schloß bauen -- es ist sogar möglich, daß wir das Schloß des Marquis kaufen und dann leben wie geborene Marquis. Ja, ja, das Schloß des Marquis kaufen, murmelte hier der Marquis, die Erzählung des Herrn Laurens unterbrechend. Herr Laurens ließ sich nicht stören und fuhr fort: Sie müssen wissen, daß es von dem Augenblicke an, da uns der junge Marquis in der Stunde unseres Abschiedes von der Heimath gepeitscht hatte, bei Louison ausgemachte Sache war, daß wir als reiche Leute in unser Thal zurückkehren, uns daselbst ein Sckloß bauen müßten, so schön wie das des Marquis, oder noch besser, daß wir den Marquis aus seinem eigenen Schlosse verdrängen müßten. Mit diesem Gedanken tröstete sie sich in allem Elend, auf diesen Gedanken kam sie bei jeder Gelegenheit zurück -- und wie kindisch er auch war, er wurde stärker und mächtiger in ihr, je größer sie wurde. Sie war ein herzensgutes Geschöpf, aber die Hoffnung, den Marquis mit einem gleich schönen Schlosse in demselben Thale zu ärgern oder gar in sein eigenes Schloß einzuziehen, hätte sie nicht so leicht für ein anderes Glück ausgetauscht. Mit diesen Träumen ging der meine, daß wir uns einst heirathen und jenes Glück gemeinschaftlich genießen würden, Hand in Hand. Es wurde Louison um so weniger schwer, mich von meinen kommen, und daß wir uns dort ein sehr schönes Schloß bauen — es ist sogar möglich, daß wir das Schloß des Marquis kaufen und dann leben wie geborene Marquis. Ja, ja, das Schloß des Marquis kaufen, murmelte hier der Marquis, die Erzählung des Herrn Laurens unterbrechend. Herr Laurens ließ sich nicht stören und fuhr fort: Sie müssen wissen, daß es von dem Augenblicke an, da uns der junge Marquis in der Stunde unseres Abschiedes von der Heimath gepeitscht hatte, bei Louison ausgemachte Sache war, daß wir als reiche Leute in unser Thal zurückkehren, uns daselbst ein Sckloß bauen müßten, so schön wie das des Marquis, oder noch besser, daß wir den Marquis aus seinem eigenen Schlosse verdrängen müßten. Mit diesem Gedanken tröstete sie sich in allem Elend, auf diesen Gedanken kam sie bei jeder Gelegenheit zurück — und wie kindisch er auch war, er wurde stärker und mächtiger in ihr, je größer sie wurde. Sie war ein herzensgutes Geschöpf, aber die Hoffnung, den Marquis mit einem gleich schönen Schlosse in demselben Thale zu ärgern oder gar in sein eigenes Schloß einzuziehen, hätte sie nicht so leicht für ein anderes Glück ausgetauscht. Mit diesen Träumen ging der meine, daß wir uns einst heirathen und jenes Glück gemeinschaftlich genießen würden, Hand in Hand. Es wurde Louison um so weniger schwer, mich von meinen <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="0"> <p><pb facs="#f0031"/> kommen, und daß wir uns dort ein sehr schönes Schloß bauen — es ist sogar möglich, daß wir das Schloß des Marquis kaufen und dann leben wie geborene Marquis.</p><lb/> <p>Ja, ja, das Schloß des Marquis kaufen, murmelte hier der Marquis, die Erzählung des Herrn Laurens unterbrechend.</p><lb/> <p>Herr Laurens ließ sich nicht stören und fuhr fort: Sie müssen wissen, daß es von dem Augenblicke an, da uns der junge Marquis in der Stunde unseres Abschiedes von der Heimath gepeitscht hatte, bei Louison ausgemachte Sache war, daß wir als reiche Leute in unser Thal zurückkehren, uns daselbst ein Sckloß bauen müßten, so schön wie das des Marquis, oder noch besser, daß wir den Marquis aus seinem eigenen Schlosse verdrängen müßten. Mit diesem Gedanken tröstete sie sich in allem Elend, auf diesen Gedanken kam sie bei jeder Gelegenheit zurück — und wie kindisch er auch war, er wurde stärker und mächtiger in ihr, je größer sie wurde. Sie war ein herzensgutes Geschöpf, aber die Hoffnung, den Marquis mit einem gleich schönen Schlosse in demselben Thale zu ärgern oder gar in sein eigenes Schloß einzuziehen, hätte sie nicht so leicht für ein anderes Glück ausgetauscht. Mit diesen Träumen ging der meine, daß wir uns einst heirathen und jenes Glück gemeinschaftlich genießen würden, Hand in Hand. Es wurde Louison um so weniger schwer, mich von meinen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0031]
kommen, und daß wir uns dort ein sehr schönes Schloß bauen — es ist sogar möglich, daß wir das Schloß des Marquis kaufen und dann leben wie geborene Marquis.
Ja, ja, das Schloß des Marquis kaufen, murmelte hier der Marquis, die Erzählung des Herrn Laurens unterbrechend.
Herr Laurens ließ sich nicht stören und fuhr fort: Sie müssen wissen, daß es von dem Augenblicke an, da uns der junge Marquis in der Stunde unseres Abschiedes von der Heimath gepeitscht hatte, bei Louison ausgemachte Sache war, daß wir als reiche Leute in unser Thal zurückkehren, uns daselbst ein Sckloß bauen müßten, so schön wie das des Marquis, oder noch besser, daß wir den Marquis aus seinem eigenen Schlosse verdrängen müßten. Mit diesem Gedanken tröstete sie sich in allem Elend, auf diesen Gedanken kam sie bei jeder Gelegenheit zurück — und wie kindisch er auch war, er wurde stärker und mächtiger in ihr, je größer sie wurde. Sie war ein herzensgutes Geschöpf, aber die Hoffnung, den Marquis mit einem gleich schönen Schlosse in demselben Thale zu ärgern oder gar in sein eigenes Schloß einzuziehen, hätte sie nicht so leicht für ein anderes Glück ausgetauscht. Mit diesen Träumen ging der meine, daß wir uns einst heirathen und jenes Glück gemeinschaftlich genießen würden, Hand in Hand. Es wurde Louison um so weniger schwer, mich von meinen
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Zitationshilfe: | Hartmann, Moritz: Das Schloß im Gebirge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [221]–262. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_gebirge_1910/31>, abgerufen am 16.07.2024. |