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Hartmann, Moritz: Das Schloß im Gebirge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [221]–262. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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durch Wochen war ich wohl der traurigste Geselle der ganzen Anstalt und ging es auch mit dem Lernen schlecht vorwärts, bis mir mit einem Male die Erlösung kam und zwar von Louison selbst. Eines Tages scholl plötzlich vom Hofe herauf ein liebes Lied aus der Heimath, das mir eben so bekannt war, als die Stimme, die es sang. Mit drei Sätzen war ich im Hofe, und ehe sie mich gesehen, lag ich weinend am Halse Louison's. -- Habe ich dich endlich! rief sie ebenfalls weinend; seit Wochen ziehe ich so von einem Hause zum andern -- an keinem einzigen bin ich vorübergegangen, und überall singe ich nur dieses Eine Lied. Ich wußte wohl, du kommst aus deinem Verstecke hervor, sobald du das Lied zu hören bekommst. -- Ich erzählte ihr, was mit mir geschehen, und kündigte ihr den Entschluß an, sofort aus der Anstalt zu entwischen und mit ihr weiter zu ziehen, wie ehemals. Sie freute sich darüber, aber nur einen Augenblick. Bald legte sie ihr Gesicht in ernste Falten, sprach mir von der herrlichen Wohlthat, die mir da geschehe, und setzte mir sehr klug auseinander, wie ich in der Anstalt aushalten und so viel als möglich lernen müsse. Siehst du, sagte sie nach einer längeren und weisen Rede, das ist nur der Anfang, und du wirst gewiß ein großer und reicher Mann. Wenn man was gelernt hat, geht Alles leichter und schneller. So wird man ein Monsieur. Und ich sage dir, es ist ganz gewiß, daß wir als sehr reiche Leute in unser Dorf zurück-

durch Wochen war ich wohl der traurigste Geselle der ganzen Anstalt und ging es auch mit dem Lernen schlecht vorwärts, bis mir mit einem Male die Erlösung kam und zwar von Louison selbst. Eines Tages scholl plötzlich vom Hofe herauf ein liebes Lied aus der Heimath, das mir eben so bekannt war, als die Stimme, die es sang. Mit drei Sätzen war ich im Hofe, und ehe sie mich gesehen, lag ich weinend am Halse Louison's. — Habe ich dich endlich! rief sie ebenfalls weinend; seit Wochen ziehe ich so von einem Hause zum andern — an keinem einzigen bin ich vorübergegangen, und überall singe ich nur dieses Eine Lied. Ich wußte wohl, du kommst aus deinem Verstecke hervor, sobald du das Lied zu hören bekommst. — Ich erzählte ihr, was mit mir geschehen, und kündigte ihr den Entschluß an, sofort aus der Anstalt zu entwischen und mit ihr weiter zu ziehen, wie ehemals. Sie freute sich darüber, aber nur einen Augenblick. Bald legte sie ihr Gesicht in ernste Falten, sprach mir von der herrlichen Wohlthat, die mir da geschehe, und setzte mir sehr klug auseinander, wie ich in der Anstalt aushalten und so viel als möglich lernen müsse. Siehst du, sagte sie nach einer längeren und weisen Rede, das ist nur der Anfang, und du wirst gewiß ein großer und reicher Mann. Wenn man was gelernt hat, geht Alles leichter und schneller. So wird man ein Monsieur. Und ich sage dir, es ist ganz gewiß, daß wir als sehr reiche Leute in unser Dorf zurück-

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[0030] durch Wochen war ich wohl der traurigste Geselle der ganzen Anstalt und ging es auch mit dem Lernen schlecht vorwärts, bis mir mit einem Male die Erlösung kam und zwar von Louison selbst. Eines Tages scholl plötzlich vom Hofe herauf ein liebes Lied aus der Heimath, das mir eben so bekannt war, als die Stimme, die es sang. Mit drei Sätzen war ich im Hofe, und ehe sie mich gesehen, lag ich weinend am Halse Louison's. — Habe ich dich endlich! rief sie ebenfalls weinend; seit Wochen ziehe ich so von einem Hause zum andern — an keinem einzigen bin ich vorübergegangen, und überall singe ich nur dieses Eine Lied. Ich wußte wohl, du kommst aus deinem Verstecke hervor, sobald du das Lied zu hören bekommst. — Ich erzählte ihr, was mit mir geschehen, und kündigte ihr den Entschluß an, sofort aus der Anstalt zu entwischen und mit ihr weiter zu ziehen, wie ehemals. Sie freute sich darüber, aber nur einen Augenblick. Bald legte sie ihr Gesicht in ernste Falten, sprach mir von der herrlichen Wohlthat, die mir da geschehe, und setzte mir sehr klug auseinander, wie ich in der Anstalt aushalten und so viel als möglich lernen müsse. Siehst du, sagte sie nach einer längeren und weisen Rede, das ist nur der Anfang, und du wirst gewiß ein großer und reicher Mann. Wenn man was gelernt hat, geht Alles leichter und schneller. So wird man ein Monsieur. Und ich sage dir, es ist ganz gewiß, daß wir als sehr reiche Leute in unser Dorf zurück-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T10:58:35Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T10:58:35Z)

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Zitationshilfe: Hartmann, Moritz: Das Schloß im Gebirge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [221]–262. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_gebirge_1910/30>, abgerufen am 21.11.2024.