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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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Von dem Jnhalt der Rede.
demkleinen Druck/ welcher auf groben und"
schwartzen Papier noch viel undeutlicher zule-"
sen ist. Wann aber das Papier rein/ zart/ und"
der Buchstab deutlich und nicht verzogen/ so"
wird ein solcher Druck der scharffsichtigen Ju-"
gend angenehm und bequem seyn. Dieses ist eine
sonderliche Gabe/ daß wir unsre Gedanken deut-
lich/ oder wann sie ja die gemeinen Reden über-
steigen/ mit genugsam schicklich Worten fürzu-
tragen wissen. Jn diesem Stücke hat Erasinus
unter den Gelehrten das Lob/ daß sein Sinnbe-
grief mit seinen Worten jederzeit gantz gleichstim-
mig gewesen. Hingegen pflegen etliche Chimisten
oder Schmeltzkünstler ihre für sich schwere Kunst
mit vielen Bildereyen zu verbergen/ daß sie nie-
mand verstehen sol/ als welcher ihre Stücklein
zu Verweiß/ und geben also dem Lehrling so viel
Unterrichtung/ als wann sie still schwiegen/ oder
nichts geschrieben hätten. Die Warheit/ sagt
Quintilian/ sol seyn wie die Sonne/ die riel hel-"
ler scheinet/ wann sie mit keinen Wolken ver-"
hüllet ist. Wer nun deß wegen redet oder schrei-"
bet/ daß er will verstanden werden/ muß sich erst
gelobter Deutlichkeit darzu die Gleichniß sehr
dienstlich sind/ befleissigen/ oder er wird verlachet/
oder seine Schrift verachtet unter der Bank lie-
gen bleiben.

35. Wann nun der Jnhalt nicht lehret/ wie

jetzt

Von dem Jnhalt der Rede.
demkleinen Druck/ welcher auf groben und„
ſchwartzen Papier noch viel undeutlicher zule-„
ſen iſt. Wann aber das Papier rein/ zart/ und„
der Buchſtab deutlich und nicht verzogen/ ſo„
wird ein ſolcher Druck der ſcharffſichtigen Ju-„
gend angenehm und bequem ſeyn. Dieſes iſt eine
ſonderliche Gabe/ daß wir unſre Gedanken deut-
lich/ oder wann ſie ja die gemeinen Reden uͤber-
ſteigen/ mit genugſam ſchicklich Worten fuͤrzu-
tragen wiſſen. Jn dieſem Stuͤcke hat Eraſinus
unter den Gelehrten das Lob/ daß ſein Sinnbe-
grief mit ſeinẽ Worten jederzeit gantz gleichſtim-
mig geweſen. Hingegen pflegen etliche Chimiſten
oder Schmeltzkuͤnſtler ihre fuͤr ſich ſchweꝛe Kunſt
mit vielen Bildereyen zu verbergen/ daß ſie nie-
mand verſtehen ſol/ als welcher ihre Stuͤcklein
zu Verweiß/ und geben alſo dem Lehrling ſo viel
Unterrichtung/ als wann ſie ſtill ſchwiegen/ oder
nichts geſchrieben haͤtten. Die Warheit/ ſagt
Quintilian/ ſol ſeyn wie die Sonne/ die riel hel-„
ler ſcheinet/ wann ſie mit keinen Wolken ver-„
huͤllet iſt. Wer nun deß wegen redet oder ſchrei-„
bet/ daß er will verſtanden werden/ muß ſich erſt
gelobter Deutlichkeit darzu die Gleichniß ſehr
dienſtlich ſind/ befleiſſigen/ oder er wird verlachet/
oder ſeine Schrift verachtet unter der Bank lie-
gen bleiben.

35. Wann nun der Jnhalt nicht lehret/ wie

jetzt
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[31/0063] Von dem Jnhalt der Rede. demkleinen Druck/ welcher auf groben und„ ſchwartzen Papier noch viel undeutlicher zule-„ ſen iſt. Wann aber das Papier rein/ zart/ und„ der Buchſtab deutlich und nicht verzogen/ ſo„ wird ein ſolcher Druck der ſcharffſichtigen Ju-„ gend angenehm und bequem ſeyn. Dieſes iſt eine ſonderliche Gabe/ daß wir unſre Gedanken deut- lich/ oder wann ſie ja die gemeinen Reden uͤber- ſteigen/ mit genugſam ſchicklich Worten fuͤrzu- tragen wiſſen. Jn dieſem Stuͤcke hat Eraſinus unter den Gelehrten das Lob/ daß ſein Sinnbe- grief mit ſeinẽ Worten jederzeit gantz gleichſtim- mig geweſen. Hingegen pflegen etliche Chimiſten oder Schmeltzkuͤnſtler ihre fuͤr ſich ſchweꝛe Kunſt mit vielen Bildereyen zu verbergen/ daß ſie nie- mand verſtehen ſol/ als welcher ihre Stuͤcklein zu Verweiß/ und geben alſo dem Lehrling ſo viel Unterrichtung/ als wann ſie ſtill ſchwiegen/ oder nichts geſchrieben haͤtten. Die Warheit/ ſagt Quintilian/ ſol ſeyn wie die Sonne/ die riel hel-„ ler ſcheinet/ wann ſie mit keinen Wolken ver-„ huͤllet iſt. Wer nun deß wegen redet oder ſchrei-„ bet/ daß er will verſtanden werden/ muß ſich erſt gelobter Deutlichkeit darzu die Gleichniß ſehr dienſtlich ſind/ befleiſſigen/ oder er wird verlachet/ oder ſeine Schrift verachtet unter der Bank lie- gen bleiben. 35. Wann nun der Jnhalt nicht lehret/ wie jetzt

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/63>, abgerufen am 25.11.2024.