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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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Arm/ Armut.
lend gestorben. Von sorgenreichen Geld befreyt/
kein Rauber raubt von ihm/ kein Dieb hat ihn
bestolen. Er/ und mit ihm das schwere Geld gehen
nicht durch eine Thür. Armut ist der Reichen
Kuh/ der darbet steurt das meinst darzu. Armut
ein getreuer Knecht/ welcher |folget nach der
Kunst/ vorher gehet Geld und Gunst. Viel lusti-
ge Wege führen auf der Armut Stege. Die Dürf-
tigkeit und Armut ist sinnreich Gott gefällig/ leh-
ret arbeiten/ ist die Wurtzel alles Guten/ wie das
Gelt und der Reichthumb alles bösen/ ist Schne-
cken Art/ trägt alles mit. Keiner ist arm der sich
genügen lässet. Die armen müssen die Reichen
ernehren/ und die Reichen sollen die Armen nicht
hungern lassen.

Armut hat einen argenmut/ ist für viel Un-
glück gut/ Gott selbsten kehret bey ihr ein. Da die
Sünden sind verrigelt. Armut bringet Trauren
mit/ lässet sich übel gewohnen/ ist von einem
Durchleuchtigen Haus geboren/ Darbstatt oder
Mangelburg genannt. Der Bettelsack ist leer
und schwer: der Bettelstab erwünscht das Grab:
das Bettelbrod verlangt den Tod. Der Geitz lebt
arm und nie vergnügt/ der Arme Mann so wenig
kriegt/ bedunkt sich reich dem König gleich. Arme
Leute sind kleinlaut. Die Armut ist eine scheuß-
liche Dirne/ keiner freyt sie ohn krankes Gehirne.
Almosen/ Reichthum/ Gold. Die Ar

mut
J

Arm/ Armut.
lend geſtorben. Von ſorgenreichen Geld befreyt/
kein Rauber raubt von ihm/ kein Dieb hat ihn
beſtolen. Er/ und mit ihm das ſchwere Geld gehen
nicht durch eine Thuͤr. Armut iſt der Reichen
Kuh/ der darbet ſteurt das meinſt darzu. Armut
ein getreuer Knecht/ welcher |folget nach der
Kunſt/ vorheꝛ gehet Geld und Gunſt. Viel luſti-
ge Wege fuͤhrẽ auf der Armut Stege. Die Duͤrf-
tigkeit und Armut iſt ſinnreich Gott gefaͤllig/ leh-
ret arbeiten/ iſt die Wurtzel alles Guten/ wie das
Gelt und der Reichthumb alles boͤſen/ iſt Schne-
cken Art/ traͤgt alles mit. Keiner iſt arm der ſich
genuͤgen laͤſſet. Die armen muͤſſen die Reichen
ernehren/ und die Reichen ſollen die Armen nicht
hungern laſſen.

Armut hat einen argenmut/ iſt fuͤr viel Un-
gluͤck gut/ Gott ſelbſten kehret bey ihr ein. Da die
Suͤnden ſind verrigelt. Armut bringet Trauren
mit/ laͤſſet ſich uͤbel gewohnen/ iſt von einem
Durchleuchtigen Haus geboren/ Darbſtatt oder
Mangelburg genannt. Der Bettelſack iſt leer
und ſchwer: der Bettelſtab erwuͤnſcht das Grab:
das Bettelbrod verlangt den Tod. Der Geitz lebt
arm und nie vergnuͤgt/ der Arme Mann ſo wenig
kriegt/ bedunkt ſich reich dem Koͤnig gleich. Arme
Leute ſind kleinlaut. Die Armut iſt eine ſcheuß-
liche Dirne/ keiner freyt ſie ohn krankes Gehirne.
Almoſen/ Reichthum/ Gold. Die Ar

mut
J
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[129/0161] Arm/ Armut. lend geſtorben. Von ſorgenreichen Geld befreyt/ kein Rauber raubt von ihm/ kein Dieb hat ihn beſtolen. Er/ und mit ihm das ſchwere Geld gehen nicht durch eine Thuͤr. Armut iſt der Reichen Kuh/ der darbet ſteurt das meinſt darzu. Armut ein getreuer Knecht/ welcher |folget nach der Kunſt/ vorheꝛ gehet Geld und Gunſt. Viel luſti- ge Wege fuͤhrẽ auf der Armut Stege. Die Duͤrf- tigkeit und Armut iſt ſinnreich Gott gefaͤllig/ leh- ret arbeiten/ iſt die Wurtzel alles Guten/ wie das Gelt und der Reichthumb alles boͤſen/ iſt Schne- cken Art/ traͤgt alles mit. Keiner iſt arm der ſich genuͤgen laͤſſet. Die armen muͤſſen die Reichen ernehren/ und die Reichen ſollen die Armen nicht hungern laſſen. Armut hat einen argenmut/ iſt fuͤr viel Un- gluͤck gut/ Gott ſelbſten kehret bey ihr ein. Da die Suͤnden ſind verrigelt. Armut bringet Trauren mit/ laͤſſet ſich uͤbel gewohnen/ iſt von einem Durchleuchtigen Haus geboren/ Darbſtatt oder Mangelburg genannt. Der Bettelſack iſt leer und ſchwer: der Bettelſtab erwuͤnſcht das Grab: das Bettelbrod verlangt den Tod. Der Geitz lebt arm und nie vergnuͤgt/ der Arme Mann ſo wenig kriegt/ bedunkt ſich reich dem Koͤnig gleich. Arme Leute ſind kleinlaut. Die Armut iſt eine ſcheuß- liche Dirne/ keiner freyt ſie ohn krankes Gehirne. ☞ Almoſen/ Reichthum/ Gold. Die Ar mut J

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/161>, abgerufen am 24.11.2024.